Am vergangenen Samstag ereignete sich im Freibad Plötzensee ein tödlicher Badeunfall, bei dem ein 35-jähriger Mann aus Kamerun ums Leben kam. In den Tagen nach dem Unglück erhoben Zeugen des Geschehens in mehreren Berliner Tageszeitungen Vorwürfe, wonach der Bademeister des angrenzenden Freibades Plötzensee nicht auf Hilferufe und direkte Hinweise durch Zeugen reagiert habe. Bei jenem Bademeister handelt es sich um einen alten Bekannten.
Warum half der Bademeister nicht?
„Er hat weiter gemütlich Sonnenschirme aufgebaut […] Seine Reaktion hat mich total fertig gemacht. Ich hab gedacht, ich rede gegen eine Wand“, wird ein Zeuge in der BZ zitiert. Im selben Artikel kommt auch der Bademeister selbst zu Wort: „Das Gegröle hab ich schon vorher gehört. Dann kam jemand und hat gesagt, dass da einer am Ertrinken ist. Aber da kann ich mich nicht drum kümmern. Ich hab hier teilweise über 1000 Gäste. Wie soll ich helfen, wenn da drüben einer ertrinkt? Außerdem kam kurz darauf jemand und meinte, der Mann wird reanimiert.“
Anstatt umgehend Hilfe zu leisten, gab er an, zunächst zum Büro der Strandwache gegangen zu sein, um es abzuschließen. „Das hat höchstens 30 Sekunden gedauert“, lässt er sich im Tagesspiegel zitieren. Erst danach habe er sich in Richtung des Wassers aufgemacht, bis ihm jemand zugerufen habe, dass bereits versucht werde, den Verunglückten zu reanimieren. Die Ersthelfer, die den leblosen Körper schließlich ohne Unterstützung des ausgebildeten Rettungsschwimmers gefunden und aus dem Wasser gezogen hatten, versuchten derweil keine 200 Meter entfernt den verunfallten Mann aus Kamerun wiederzubeleben, jedoch ohne Erfolg. Nach Informationen beider Artikel will der Bademeister die Gruppe um das spätere Opfer bereits gegen 7 Uhr morgens, etwa drei Stunden vor dem Unfall, auf der anderen Seeseite beobachtet und nach eigenen Angaben „herumkrakelen“ gehört haben.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Mittlerweile ermittelt in der Angelegenheit auch die Staatsanwaltschaft wegen unterlassener Hilfeleistung. Angesichts der Tatsache, dass bei dem tragischen Ereignis vom vergangenen Wochenende ausgerechnet ein Mensch mit Migrationshintergrund ums Leben kam, sollte im Zuge einer Klärung der Umstände nicht unberücksichtigt bleiben, dass der betreffende Bademeister auf eine aktive Zeit in der Berliner Neonaziszene zurückblickt. Mike Manfred Zerfowski, zuständiger Schwimmeister und Betriebsleiter im Freibad Plötzensee, ist für antifaschistische Zusammenhänge kein Unbekannter.
Neonazikarriere des Bademeisters
Der heute 46-Jährige Mike Zerfowski war in den Jahren 2009 bis 2010 aktiver Teil der aktionistischen Neonazi-Kameradschaft „Freie Nationalisten Berlin-Mitte“, die zu jener Zeit mit Schwerpunkt im Wedding und angrenzenden Bezirken durch ein Serie von Sachbeschädigungen, Propagandaaktionen und Gewalttaten auf sich aufmerksam machte.
Sein persönliches Engagement umfasste dabei neben dem mehrfachen Verteilen rassistischer Flugblätter u.a. im Ortsteil Moabit nachweislich auch die Teilnahme an mindestens zwei Aufmärschen der „Kameradschaft Oder-Barnim“ und einer organisierten Einschüchterungsaktion von einem Dutzend Neonazis vor einem Weddinger Hausprojekt, bei dem es zu direkten Bedrohungen gegenüber Anwohner_innen kam. Auch in der NPD war Zerfowski über mehrere Jahre aktives Mitglied. Er besuchte interne Schulungen und bekleidete um das Jahr 2007 den Posten des 2. Organisationsleiters der NPD Neukölln.
Aufhören und kein Ausstieg
Erst als Antifaschist_innen im Jahre 2010 identifizierend über ihn und seine Kamerad_innen berichteten, hörte Zerfowski auf, öffentlich durch neonazistisches Engagement in Erscheinung zu treten – eine glaubhafte Distanzierung und Offenlegung von Internas blieb jedoch aus. Anlässlich einer Häufung rassistischer Vorfälle im Freibad Plötzensee erschienen im Sommer 2013 mehrere Zeitungsberichte, wodurch es zur erneuten Thematisierung von Zerfowskis Person durch antifaschistische Recherchezusammenhänge kam.
Rassismus im Freibad
Mitarbeiter_innen des Strandbades hätten Bekleidung der neonazistischen Modemarke Thor Steinar getragen und neonazistische Musik von ihren Handys abgespielt. Zudem seien sie durch rassistische Beleidigungen und körperliche Übergriffe gegenüber der Crew eines auf dem Strandbadgelände geplanten multikulturellen Festivals aufgefallen. Nach uns vorliegenden Informationen soll Mike Zerfowski an den geschilderten Vorgängen maßgeblich beteiligt gewesen sein.
Zuerst erklärte Strandbad-Pächter Erik Müller: „Im Freibad Plötzensee gibt es überhaupt keinen Platz für Rassismus!“ Er versuchte dies mit dem Verweis auf den „jüdischen Glauben“ und den „Migrationshintergrund“ von fünf seiner sieben Angestellten zu untermauern. Über den fragwürdigen Hintergrund von Mike Zerfowski, der es im Freibad mittlerweile auf den Posten des Betriebsleiters gebracht hatte, verlor er in jener ersten Stellungnahme kein Wort.
Plötzlich Aussteiger
Erst nachdem Recherchen Zerfowskis Engagement in der Neonaziszene öffentlich machten, trat Müller die Flucht nach vorne an und erklärte, Zerfowski im April 2011 wohlwissentlich als „Aussteiger“ in die Belegschaft aufgenommen zu haben.
Diese Version wurde jedoch durch einen Archivbeitrag des Berliner Lokalsenders TV-B vom 15. Juli 2010 (ab 1:18) in Frage gestellt. Er zeigte, dass Zerfowski schon wesentlich früher im Freibad tätig war, und zwar kaum drei Wochen nachdem er mit den Freien Nationalisten Berlin-Mitte auf neonazistischen Aufmärschen unterwegs gewesen und in Anti-Anitfa-Manier Gegendemonstrant_innen abfotogafiert hatte. Diese belegbare Überschneidung von Zerfowskis Engagement in der rechten Szene und seiner Tätigkeit im Freibad Plötzsensee sowie die selektiven Angaben des Pächters verliehen seiner Ausstiegsgeschichte wenig Glaubwürdigkeit. Im Dossier „Von Aussteigern und Aufhörern“ wird näher auf die Probelamtik und die Widersprüche von Zerfowskis angeblichem Ausstieg eingegangen.
Übersicht: Rassismusvorwürfe und ein Neonazi im Freibad Plötzensee
Kontakt:
[recherche&aktion]
www.recherche-und-aktion.net
recherche-und-aktion@riseup.net (PGP)
Baggerloch und kein Strandbad
Strände gibt's nur am Meer.
Peinlich
" Anlässlich einer Häufung rassistischer Vorfälle im Freibad Plötzensee erschienen im Sommer 2013 mehrere Zeitungsberichte, wodurch es zur erneuten Thematisierung von Zerfowskis Person durch antifaschistische Recherchezusammenhänge kam."
Der eigendliche Skandal ist das Berliner Antifas sich damit begnügen in deutscher Klugscheißermanier "Thematisierung" zu betreiben, anstatt das eigendliche Problem zu beseitgen. Euer scheiß Text hat nicht verhindert dass das Schwein Mike weiterhin im Dienst geblieben ist, letzendlich hat eure Untätigkeit einem Menschen das Leben gekostet.
Probleme mit Nazis werden nicht durch Texte schreiben und "Thematisierung" gelöst.
Passend dazu ein Zitat eines Quetsche-spielendem Genossen aus den 90ern:
"Dass autonomer Antifaschismus mehr bedeutet als dicke Arme braucht mir niemand erzählen. Dass es um mehr geht als sich Nazis in den Weg zu stellen, sie anzugreifen, braucht mir niemand zu erklären. Aber darum geht es auch. Wer glaubt daran vorbeizukommen meint es nicht ernst!"
Tu was!
Ganz ehrlich, ohne die Veröffentlichung im August 2013 hätte niemand zur Kenntnis genommen, dass Nazi-Mike jetzt im Schwimmbad-Plötzensee arbeitet - auch du nicht. Du hast also seit rund einem Jahr Zeit gehabt selbst mal zum Strandbad zu fahren. Mit dem Überschuss an virtuellem Recherche Output beschäftigen sich zugegebener maßen Leute doch nur dann, wenn sie für einen Artikel schreiben oder wieder jemand abgestochen wurde.
Das Problem ist doch, dass über zahlreiche Nazis in Berlin Informationen vorhanden sind mit denen nichts gemacht wird. Das meiste davon ist im Netz abrufbar, "wir" wissen es, die Nazis wissen es und nichts passiert. Es sei denn es gibt alarmistische Zustände wie in Hellersdorf, die zu erhöhten "Ausseneinsätzen" führen.
Sich nun bei "Recherche und Aktion" zu beschweren, also einer Internettplattform die viele Infos zusammenstellt, die man für Antifa-Arbeit der alten Schule bräuchte ist absurd.
Nicht die Antifa-Recherche in Berlin ist schuld, dass Nazis nichts zu fürchten haben, sondern die untätigkeit der Berliner linken Szene.
Ich schreibe an diesem Punkt bewusst von linker Szene im allgemeinen. Denn mit der konsumistischen Sicht "Das muss die Antifa machen" machen es sich viele Leute sehr einfach. Es ist die Verpflichtung aller Menschen die sich in linken Gruppen organisieren gegen Nazis aktiv zu werden. Die "Macht endlich was" und "werdet militant"-Kritik an die Berliner Rest-Antifa zu richten ist zwecklos, da diese in weiten teilen nicht mehr existent ist bzw. sich Mühe gibt möglicht unexistent zu sein.
Gründe dafür sind vielfältig: am rumfusionieren sein mit der Internventionistischen Linken, damit beschäftigt sein in Sozialzusammenhängen etwas darzustellen, Banken blockieren oder aktuell auf nationalen Demos zum Thema "Nahost" rumzujumpen.
Ergänzen ließe sich diese Liste noch durch weitere Gründe die man wie folgt verschlagworten könnte: Bachelorarbeit, Tristezza, Mc Fit, Wissenschaftlicher Mitarbeiter von..., Jobangebot bei ver.di, EZB-Eröffnung zu Pflaumfingsten, Ferienkommunismus in Lärz, Urlaub in Bilbao, Wohnungsbesichtigung in Wedding und natürlich Evergreens wie : "Antifa macht jetzt die Zivilgesellschaft" und "wenn da nichts geht fahr ich nicht hin".
Die Leute die es heute in der Szene zu kritisieren gilt gab es damals schon...
...und Probleme mit Nazis werden auch heute nicht durch Band-Zitate gelöst.
So schön wie es noch niemals war
Auch zu wenig ist manchmal besser als nichts mit realen Auswirkungen auf Nazis und ihre Sturkturen. Ansonsten ist es müßig sich mit dieser Kritik ausgrechnet an denen abzuarbeiten, die ab und zu noch etwas reißen. Die militante Antifabewegung als Ganzes war in Berlin schon einmal besser aufgestellt und durchlebt zur Zeit eher eine Phase der Schwäche. Der andere Kommentar bringt es gut auf den Punkt.
Gestern: „Schwimm-Demo“ gegen Nazi-Bademeister
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