Am 12.07.2014 fanden bundesweit Demonstrationen gegen die israelische Reaktion auf die massiven Raketenangriffe durch palästinensische Terrororganisationen statt – auch in Kiel gab es eine Demonstration mit ca. 300 Teilnehmenden. Der von zwei Personen wenige Tage zuvor via Facebook verbreite Aufruf lief unter dem Titel gegen den Krieg und hatte innerhalb kürzester Zeit über 350 Zusagen erlangt. Ein Aufruftext war nicht vorhanden. Der zu erwartende Charakter des Umzugs ließ sich jedoch an den antisemitischen Kommentaren und reaktionären Äußerungen auf der Facebook-Seite belegen, dass es für die Teilnehmer_innen keiner offiziellen Ausführungen bedurfte:
“… für Menschen wie dich ist dieser Welt schön und gut, wir leben nicht für diese Welt son dern fürs jenseits uns kann es so gehen wie es will”
“Die Juden sind unser Unglück – damals wie heute. Sie Lügen über den Krieg in Palestina, so wie sie über den Irak-Krieg, den 1. und 2. Weltkrieg und über Vietnam gelogen haben. Die Völker der Welt müssen endlich erkennen, wer für das fortwährende Übel verantwortlich ist, das die Welt seit Jahrhunderten heimsucht!”
solange Israel bekämpft wird ist mir egal welche seite er war ist oder sonst was wen isreal weg ist gehört die welt wieder den Islam an und dann ist mir scheiß egal wieviele leute diksutieren wo sie was bekommen solange ich schlafen kann in ruhe und weiß es sterben keine islamisten mehr reicht mir das“
Die Demonstration bestand hauptsächlich aus jungen, muslimischen Männern, sowie wenigen Frauen. Außerdem beteiligten sich einige Kinder. Dazu gesellten sich vereinzelte Antiimperialist_innen und Friedensaktivist_innen. Weiterhin bestanden Überschneidungen mit dem Spektrum der Kieler Montags-Mahnwachen. Frauen und kleine Kinder liefen mehrheitlich am Ende des Zuges. Die Demonstranten führten palästinensische, vereinzelt türkische Flaggen und solche der Freien Syrischen Armee mit sich. Ein Teil der Demoleitung outete sich als Anhänger der Fatah, deren Flagge während der Demonstration am Lautsprecherwagen angebracht war.
Die Demonstration zog ununterbrochenen Parolen skandierend durch die Innenstadt – Redebeiträge bedurfte es nicht. Die Lieblingsparolen waren, abgelöst durch Takbir Allahu Akbar-Rufe:
Stoppt den Mord, Stoppt den Krieg – Intifada bis zum Sieg.
Holocaust ohne Ende, Palästina voller Brände!
Israelis sind Faschisten – Töten Kinder und Zivilisten
Auf Höhe der Bushaltestelle Am Ziegelteich näherte sich dem Demonstrationszug eine Person mit einer umgehängten Israelflagge. Daraufhin lösten sich große Teile aus dem Demonstrationszug und traktierten die Personen mit Schlägen und Tritten. Die Person konnte verfolgt von einer großen Gruppe Demonstranten fliehen. Der Übergriff wurde von den Kommentator_innen positiv aufgenommen:
“Ja, der Provokateur hat Gewalt ausgeübt. Durch seine irrsinnige Aktion gab es einen Tumult, da hätten leicht kleine Kinder umgerannt werden können, denn es waren heute viele Familien dabei, die ihrer Empöhrung Luft machten.”
“Der Jude wurde ganz schön zusammengeschlagen habe ich mitbekommen. ALLAHU AKBAR !”
“Ja da würde provoziert indem da einer mit einer Israel Flagge durchgelaufen ist und da kann man manche verstehen wenn man sowas provokantes macht.”
„Also Demo schön und gut…aber dass ihr euch provozieren lassen habt, wird ein schlechtes Licht auf die ganze demo werfen…(Inshallah irre ich mich)”
“Aber der jahudi wollte verprügelt werden…um zu beweisen, dass wir aggro sind…und das hat er zum Teil geschafft…keine Media Wird das friedliche zeigen…sondern die Schattenseite”
Die Ordnungsmacht kapituliert
Spätestens der Angriff ließ ersichtlich werden, dass die Kieler Polizei maßlos überfordert gewesen ist. Insgesamt waren vier Polizeiwagen vor Ort und weniger als 3 Beamt_innen außerhalb der Wagen unterwegs. Die Nachfrage, ob die skandierten Parolen nicht den juristisch-zulässigen Rahmen einer Demonstrationen sprengen würden und somit die Demonstration aufgelöst werden müsse, wurde mit Unkenntnis der juristischen Lage durch die Polizeikräfte beantwortet. Auf erneute Nachfrage wurde darauf verwiesen, dass nicht ausreichend Kräfte vor Ort wären um die Demonstration aufzulösen. Statt dessen wurde die in Ingewahrsamnahme zur eigenen Sicherheit des Nachfragenden angedroht. Die Einsatzkräfte vor Ort begnügten sich damit den Verkehr für den Demonstrationszug umzuleiten.
Als der Demonstrationszug auf dem Asmus-Bremer-Platz ankam, wurde die Veranstaltung durch die Verbrennung einer amerikanischen sowie einer israelischen Flagge beendet. Kommentare dazu auf der Facebook-Seite bemängelten lediglich, dass dies die Außenwahrnehmung schädigen könnte.
Gegenreaktionen gab es mit Ausnahme der angegriffenen Person keine. Die Stadt Kiel und ihre Bewohner_innen stören sich nicht an sich offen manifestierenden Antisemitismus. Statt dessen konnten sich die Teilnehmer_innen in ihrem Antisemitismus sicher fühlen und haben die Veranstaltung ausführlich auf der Facebook-Seite mit Fotos und Videos dokumentiert, mit „Frieden“ hat so etwas jedenfalls nichts zu tun.
Quelle: Facebook-Seite der Veranstaltung: facebook.com/events/666567720102597/?ref_newsfeed_story_type=regular
Nachtrag:
Am späten Abend des 13.07 haben Aktivist_innen aus den Reihen der Demonstration auf der Kreuzung Olshausenstraße/Knooper Weg bei nationalistischen Feierlichkeiten zum Fußball-WM-Finale einen Banner mit „Free Palestine“ präsentiert. Dies wurde ebenfalls auf Facebook vorher angekündigt.
Guter Artikel
Egal wie die israelische Politik zu bewerten ist, dem umsichgreifenden Antisemitismus muss Einhalt geboten werden.
Leider merke ich immer öfter, dass sich solche Tendenzen auch in der Linken feststellen lassen. Sympathie mit den Palästinensern darf nicht in Antisemitismus umschlagen.
Kritik an Israel ist legitim!
Hallo,
die Opfer unter den palästinensischen Menschen sind euch keine Zeile wert. Wohnhäuser gezielt zu bombardieren ist ein Kriegsverbrechen. Im Gazastreifen ist die Freizügigkeit der dort lebenden Menschen unzumutbar eingeschränkt. Die Lebensbedingungen der Menschen dort sind katastrophal. Israel betreibt eine reaktionäre menschenverachtende Politik, die gegenüber Palästinenserinnen und Palästinensern als Apartheidpolitik bezeichnet werden kann.
Macht euch mal darüber Gedanken!
Hier...
... geht es um Kritik an Antisemitismus bei einer Pro-Palästine-Demo. Es geht nur sehr bedingt um eine Einschätzung des Nahost-Konflikts. Wenn du bei jeder (den Zitaten ensptechend berechtigten) Kritik an Antisemitismus auf sterbende Palästinenser zeigen mußt, als würde jeder Mensch, der ein Problem mit Antisemitismus hat gleich Kinder in Gaza töten wollen, dann mußt du dir über dein reflexhaftes und unreflektiertes Denken mal kräftig Gedanken machen.
reaktionäre systemfetischisten
ehrlich,
antisemitismus geht gar nicht und es gibt auch kein relativierendes aber.
menschen, die sich an den rand von demos stellen, den bullen zu arbeiten
indem sie moralische wächter, dieser, zu bekämpfenden verfassung spielen,
sind schon lange teil des problems.
aber die hartneckigkeit dieser staatsfetischisten, im doppelten sinne, wird
eben sie, in die fdp spülen, oder so.........
es lebe die freiheit aller menschen und besonders derer, die sich in den grenzgebieten
auf den jeweiligen seiten zuarbeiten, im sinne vom frieden.
nieder mit ALLEN kriegstreibern.
geistiger kindergarten!!!! (sorry kinder)
Free Palestine
Antideutsche Reaktionäre stoppen!
From Hamas!
Denn Israel vernichten und ein Kalifat errichten zu wollen ist das wirklich reaktionär(st)e!
Krieg beim Namen nennen
"Demonstrationen gegen die israelische Reaktion auf die massiven Raketenangriffe durch palästinensische Terrororganisationen statt"
Die Thematisierung antisemitischer Proteste in allen Ehren, das beginnt so aber leider auch mit verkürzter Propaganda und macht sich selbst zur ideologischen Partei. Die israelische Bombardierung des Gaza Streifens mit über 200 Toten Zivilisten als Reaktion zu bezeichnen ist eine Verharmlosung und Leugnung israelischer Kriegseinsätze.
Richtig ist das dieser Einsatz im Gaza als Reaktion auf Raketenbeschuss durch palästinensische Gruppen erfolgt ist. Dem ging aber wiederum ein massiver militärischer Einsatz Israels aufgrund der Ermordung von drei israelischen Jugendlichen und ein weiterer Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen vorraus. Es gibt derzeit keine Seite die keine Verantwortung trägt an der jetzigen Eskalation. Umso wichtiger ist es die Dinge beim Namen zu nennen und nicht jede Aktion als Reaktion zu legitimieren.
Raketen oder Bombenangriffe auf besiedeltes Gebiet sind allemal keine Reaktionen, sondern nach internationalen Standards Kriegsverbrechen. Und zwar von allen Seiten.
Bullen-Verhalten Vergleich mit Blockupy-Stopp
ich verstehe nur nicht warum über Wochen in mehreren Städten die Polizei jedes Mal die gleiche Verhaltensweise zeigt. Sie gibt sich überfordert und lässt Parolen durch ihre Lautsprecher geben und droht Leuten mit der Fahne der konkurrierenden Nationalität mit Ingewahrsamnahme etc.
In Frankfurt, Bremen das Gleiche:
"Machen Sie, dass Sie hier wegkommen."
Vor ein paar Jahren wurde eine Israelfahne aus einem Wohnhaus runtergeholt, weil eine Israelfeindliche Demo vorbei kam. Kann sein während dem letzten Gaza-Krieg 2009.
Gibt der Staat sein Gewaltmonopol ab?
wie war das bei den Blockupy-Demonstrationen und vielen anderen auch harmlosen oder unfitten Demos aus dem linken Spektrum der letzten 10 Jahre?
Bei den Angriffen der Salafisten in Solingen und Bonn agierten die Bullen ja auch entschlossen und stoppend.
Ich verstehe die Lage nicht.
kommentar
Ich will es jetzt nicht schönreden das eine Gruppe Demonstranten auf eine einzelne Person losgegangen ist, und einige Szenen aus Videos von anderen solchen Demonstrationen sehen ganz schön übel aus. Aber davon mal abgesehen, wenn jemand mit einer Israel-Fahne zu einer Palestina-Demo geht, dann wird der wahrscheinlich als ein Fan von Israel als Kriegspartei angesehen. Israel legt diesmal wieder ganz schön los, die Zahl der getöteten Zivilisten soll hoch sein, während Israel zu dem Zeitpunkt keine zu beklagen hatte, das sieht wieder nicht so richtig nach Notwehr aus. Ich denke der einzelne Gegendemonstrant wird dann als jemand wahrgenommen werden der das Vorgehen Israels beführwortet.