Pour Clément – Antifaschistische Kundgebung am 5. Juni in Freiburg

Pour Clément – Kundgebung am 5. Juni 2014 am Bertoldsbrunnen in Freiburg

Wir sind heute hier, um an den vor einem Jahr von einem Faschisten ermordeten Antifa Clément Méric zu erinnern. Wir werden im Folgenden auf seine viel zu kurze Geschichte eingehen und auf den Kontext und die Bedeutung, die sein Tot für uns hat. Clément stammte aus der Bretagne. Er engagierte sich früh in der anarchosyndikalistischen CNT. Der gerade mal 18-Jahre junge Mann war für sein Politikstudium in die Hauptstadt gezogen. Hier engagierte er sich auch in antifaschistischen Strukturen wie der „Action Antifasciste Paris-Banlieue“. Er starb am 5. Juni an den Folgen der Blessuren einer Auseinandersetzung mit einer Naziskin-Gruppe, inmitten von Paris.

 

Der Mörder Esteban Morillo stammt aus dem Umfeld der „Jeunesses Nationalistes Révolutionnaires“ und des „Troisième Voie“ (der Dritter Weg). Diese rechten Skindhead-Gruppen sind vor allem für ihre Gewalttätigkeit bekannt. In den letzten Jahren wurden zunehmend auch AntifaschistInnen Opfer der Neonazi-Gewalt.

 

Vor nunmehr neun Monaten, am 18. September 2013 wurde der Rapper und Antifaschist Pavlos Fyssas in Pyräus in Griechenland von Nazis der Goldenen Morgenröte umgebracht.

 

Seit Jahren nimmt rechte Hetze und faschistisches Morden wieder zu. Der Hass und die Angst und eine offensive neue faschistische Kultur prägen vielerorts den europäischen Alltag. Neben den immer wieder bedrohten und vom rechten Mob verfolgten Flüchtlingen müssen besonders auch gewerkschaftlich oder sozialpolitisch engagierte Menschen, organisierte Antifas und HausbesetzerInnen um ihr Leben fürchten.

 

Sei es in Mailand, wo der Hausbesetzer Dax vor bald 11 Jahren erstochen wurde und Faschisten auch nach 90 Jahren erneut Jagd auf MigrantInnen und Linke machen können. Sei es in Moskau, Sankt Petersburg oder Iakutsk, wo Olga, Fjoedor, Iwan, Alexandr, Ilja und viele weitere ihr Leben ließen. Sei es der Mord an dem - ebenfalls gerade einmal 18-Jährigen Jan 2008 im Tschechischen Příbram. Oder der von Falangisten in Madrid erstochene Carlos Palomino – soweit das Auge reicht: rechte Gewalt und staatliches Schweigen.

 


 

Auch hier in Südbaden gibt es zum Teil organisierte Gewalt von Nazis. Dass es in den letzten Jahren keine Todesopfer im Raum Freiburg gab, ist erstaunlich. Im Oktober 2011 fuhr der NPDler Florian Stech in Riegel einen Antifa mit seinem Auto an. Glücklicherweise überlebte der Antifaschist. Trotz vorheriger Gewaltfantasien, die Florian Stech auf Facebook veröffentlichte, wurde der Nazi 2012 in erster und 2014 in zweiter Instanz vom Landgericht Freiburg freigesprochen.

 

Bereits im Frühjahr 2009 enttarnte die Autonome Antifa Freiburg den Nazi Thomas Baumann, der einen Bombenanschlag plante. Bei seiner Hausdurchsuchung in Weil am Rhein fanden die Bullen 22 Kilogramm Material für Sprengstoff. Er wurde anschließend lediglich wegen Waffendelikten angeklagt und nicht wegen des geplanten Sprengstoffanschlags auf Linke in Freiburg.

 

Doch nicht genug der irren Nazistrolche.
Auch im letzten Jahr machten Bombenbauende Nazis aus der Region wieder Schlagzeilen. Die vier Nazis um Sascha Hiller aus Freiburg planten Bombenanschläge auf Linke und hatten bereits mit einem selbstgebauten Sprengsatz in Dortmund AntifaschistInnen bei einer Demonstration verletzt.

 

Ein weiteres Beispiel für rechte Gewalt zeigte sich vor 18 Monaten einige hundert Meter die Straße runter, in der Gartenstraße 19. Eine Gruppe besoffener Nazis verübte im Herbst 2012 einen Brandanschlag auf das seit mittlerweile vier Jahren besetzte Haus hier in Freiburg. Auch in diesem Fall war es die Antifa, die die TäterInnen benannte. Ein Prozess hat jedoch bis heute nicht stattgefunden.

 

Nazis morden und der Staat ist auf dem rechten Auge blind.
Wie schon beim NSU zeigt sich immer wieder, dass Nazis und deren Gewaltpotential massiv unterschätzt werden. Doch nicht nur das, Polizei und Justiz drücken gerne das ein oder andere Auge zu. Oder mischen sogar mit.
So wurde bei den Ermittlungen der Morde des NSU, bevor dieser als Tätergruppe bekannt wurde, gegen die Angehörigen und das soziale Umfeld der Opfer rassistisch ermittelt. Das Racial Profiling der Ermittlungsbehörden und die unterstützende Berichterstattung der Medien zeigen in was für einen Klima Nazis morden können.

 

Einen rassistischen Grundtenor vertritt auch die Badische Zeitung. Seit mehreren Wochen hetzt sie gegen minderjährige Flüchtlinge und der Stühlinger Kirchplatz wurde als „No-Go-Area“ ausgerufen. Auch Medienschaffende tragen Verantwortung für das gesellschaftliche Klima in dem Diskriminierung, Rassismus, Repression und Dummheit den Ton angeben.

 


 

Wohin geht Europa?
Der „kleine Rechtsruck“ wie er in Freiburg bei den Kommunal-Wahlen vor zwei Wochen zu verspüren spiegelt einen europaweiten Trend wieder.
Wie verankert Rassismus und Homophobie in unserer Gesellschaft sind zeigen besonders die Wahlergebnisse bei der Europawahl. Rechtspopulistische und Rechtsradikale Parteien konnten stark zulegen. So erhielten fast alle rechten Parteien in Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden und Ungarn einen deutlichen Zuwachs an WählerInnenstimmen.

 

Ein bedrohlicher Rechtsruck in Europa ist nicht mehr von der Hand zu weisen.
Hierzu einige Zahlen:
Umfragen unter Studierenden in Ungarn zeigen, dass ein drittel die Nazi-Partei Jobbik wählen würde.
Mehr als jedeR dritte Erstwählende hat in Frankreich für den Front National gestimmt.
Bereits in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass in Athen rund die Hälfte der Bullen für die Goldenen Morgenröte stimmten. Dass sind beschissene Verhältnisse!

 

Natürlich sind dass nur Zahlen und gerade mal jede zweite Wahlberechtigung wurde überhaupt in Anspruch genommen.
Klar dürfte jedoch sein, dass die Verschiebung in der parlamentarischen Landschaft auch Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit rechtsradikaler Gruppen in der näheren Zukunft haben wird.

 


 

Die autoritäre und gewaltbetonte Praxis der Abschottung und Migrationskontrolle macht die Staaten der EU nicht gerade zu glaubwürdigen Mahnerinnen. Besonders, wenn es um eine Perspektive in Sachen Menschenrechte geht.
Im Gegenteil: Die EU hat bisher vor allem Programme, Direktiven und Gipfeldekrete, wie die von Stockholm, Maastricht, Schengen, Lissabon und Dublin, entstehen lassen, die in erster Linie der Aushöhlung der Menschenrechte und die Festlegung der Form der Ausgrenzung bestimmter unerwünschter BürgerInnen zur Folge hat.

 

Die Mörder von Frontex werden nicht Müde, das vorherrschende repressive Demokratieverständnis mit Gewalt durchzusetzen.
Erst vergangene Woche stürmten erneut hunderte MigrantInnen die Grenzzäune der spanischen Enklaven in Marokko. Immer wieder ertrinken Hunderte vor den europäischen Küsten. Was vor fünf Jahren die Welt noch erschütterte, verkommt immer mehr zur Randnotiz.

 

Für diejenigen Flüchtlinge, die es schaffen nach Europa zu kommen, wartet meist ein Überleben zwischen Behördendjungle und überfüllten Wohnheimen, wenn nicht Obdachlosigkeit und drohende Einsperrung. Der mangelnde politische Wille und der nationalistische und chauvinistische Geist fördern die Ausgrenzung, um Privilegien zu festigen.

 

Nur, um es erneut zu betonen: Der Staat als mahnende, moralische Figur, die den Finger hebt, wenn es um rechte Gewalt geht – das ist ein ganz ganz schlechter Witz.
Und wenn uns dann mit dem Vorwurf der Humorlosigkeit begegnet wird, dann werden wir erwidern, dass der Staat es ist, der das rechte Morden und die Abschottung zu verantworten hat.
Keine Appelle an den Staat, sondern das Überwinden aller Staaten, muss unsere Losung sein. No Border – No Nation!

 


 

Aber zurück nach Frankreich...
Der „Front National“ erreichte mit 25 % bei der Europawahl ein besseres Ergebnis als alle anderen Parteien in Frankreich. Dies ist auch auf die Demonstrationen gegen die Legalisierung der „mariage pour tous“, gleichgeschlechtliche Ehe, zurückzuführen.

 

Es demonstrierten im vergangenen Jahr Religiöse, Konservative und Nazis unter dem Motto „La Manif pour tous“ („Demo für alle“). Der „Front National“ nutzte diese homophoben Aufmärsche als Plattform. Seit einigen Jahren versucht die Nazi-Partei sich hinter einem rechtspopulistischen Image verstecken.

 

So distanzierte sich der Front National schnell von Cléments Mörder, obwohl die Partei zuvor auch noch öffentlich eng mit dem „Troisième Voie“ zusammengearbeit hat. Die Nazipartei verfügt auch im Elsass über eine starke Anhängerschaft und stellt in der Region eine faschistische Gefahr dar.
Doch sogar die rechtskonservative UMP - Partnerin der CDU auf Europaebene - tat sich in der Region vor einigen Jahren unter anderem durch den rechtsradikalen Ensisheimer Bürgermeister Michel Habig hervor.
Dieser verbrannte, mit Unterstützung der Polizei, eine Wohnwagen-Siedlung von rumänischen und kroatischen Fahrenden. Ein weiteres schreckliches Beispiel für eine nicht-überwundene und breit akzeptierte faschistische Kultur inmitten Europas. Ein weiteres schreckliches Beispiel bei dem der Staat mit Mitteln des braunen Sumpfes agiert.
Kein Vergeben, kein Vergessen!

 

Spätestens seit dem NSU wissen wir, dass Nazis auch heute noch morden oder es zumindest versuchen. Besonders in Baden-Württemberg sind die Verstrickungen staatlicher Stellen in den Naziterror, die Gründung von Neonazistischen Organisationen wie Kameradschaften oder einer deutschen Ku-Klux-Klan-Sektion, sowie das Ermorden unliebsamer ZeugInnen keine abgeschlossene Geschichte.
Vielmehr scheint sich Stuttgart als Standort für Politik und Wirtschaft in einer undurchtrennbaren faschistischen Tradition zu befinden.
Es ist und bleibt ein bodenloser Skandal, wenn Bündnis 90/Die Grünen mit der SPD 2014 einen Untersuchungsausschuss zum NSU weiter verhindern. Der Ermittlungseifer hiesiger Behörden beschränkt sich auf Repression gegen Linke und MigrantInnen.
Auch um bombenbauenden Nazis auf die Schliche zu kommen, müssen wir die badischen Bullen und Staatsanwaltschaften regelrecht zum Jagen tragen.

 

Rechtes Morden und das Gewaltpotential rechter Bewegungen darf nicht länger verharmlost werden. Wir müssen uns diesen Entwicklungen entschieden entgegen stellen. Das fängt beim Anprangern der Homophobie vermeintlicher Bildungsplan-KritikerInnen in Stuttgart an. Geht weiter mit dem Protest gegen die SozialchauvinistInnen der Alten Naiven für Deutschland. Dem Widerstand gegen den Alltagsrassismus, der auch noch von der Badischen Zeitung verstärkt wird. Und es hört nicht auf bei alljährlichen Blockieren der klerikal-faschistischen Piusbruderschaft und anderer religiöser FundamentalistInnen.

 

Die Ermordungen von Clément und Pavlos sind keine Einzelfälle. Lasst uns weiter gegen die Nazis auf die Straße gehen, hier, in Wunsiedel, Bern oder Besançon. Lasst uns grenzenlos handeln und organisieren, um den Nazis Paroli zu bieten. Antifaschismus darf kein Lippenbekenntnis sein.
Clément, Pavlos und viele andere wurden wegen ihres Antifaschismus ermordet. Erinnern wir uns an unsere ermordeten GenossInnen!

 

Ni oubli, ni pardon! – Ora e sempre resistenza!

 

Siempre Antifascista! – Sich erinnern heißt kämpfen!

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Danke, dass ihr an Clement erinnert und wirklich toll, dass ihr eine Gedenkdemo auf die Beine stellt. Aber ihr hättet wenigstens mal mit einem Wort erwähnen können, dass Clement auch Veganer und Tierrechtler war. Wusstet ihr das nicht, oder war auch diese Seite unseres Genossen zu schmuddelig, um euch damit zu assoziieren? Der Tod von Clement hat eine weitere Eskalation zwischen der linken Tierrechtsbewegung und denjenigen Teilen der Tierschutzbewegung Frankreichs provoziert, die von rechten und faschistischen Strömungen unterwandert wurden. Auch sein Mörder hat (immernoch) Verbindungen in dieses rechte Tierschutzmillieu. Sogar das International Animal Rights Gathering in Belgien 2013 ist u.a. an diesem Konflikt zerbrochen, da fast das gesamte Treffen auf der Seite der anwesenden französischen Antifas war, aber der Besitzer des Geländes auf dem das Treffen (mit ca 300 Menschen) stattfand, sich als ziemliches Arschloch entpuppte.

 

Ist euch das alles entgangen? Wenn ihr das wusstet und es verschwiegen habt: Ich finde es nicht richtig, nur an die Aspekte eines Genossen zu erinnern, die einem gefallen.

Hier mal ein Text, den das Onlineprojekt "Tierrechtsinfos" gestern zu Clements Todestag geschrieben hat:

"Heute vor einem Jahr wurde Clément umgebracht. Der 19-jährige war Veganer, Tierrechtler und Antifaschist. Er wurde von Neonazis ermordet, die Kontakt zu Teilen der französischen Tierschutzbewegung haben. Es handelt sich um den jungen Mann hinten auf dem Foto.

Clément fehlt. Er fehlt seiner Familie, er fehlt seinen FreundInnen und er fehlt der linken Tierrechtsbewegung in Frankreich und der ganzen Welt.

Es macht uns traurig und wütend zu sehen, dass in Frankreich zum Teil eine Stimmung herrscht, in der Menschen, die sich für die Rechte oder den Schutz von Tieren einsetzen, weiterhin mit Organisationen und Personen zusammenarbeiten, die klare Verbindungen zur militanten Neonazi-Szene haben. Egal ob Brigitte Bardot oder militante Neonazis: Rassisten, Faschisten und ähnliches rechtes Pack hat weder in der Tierrechtsbewegung noch sonstwo etwas verloren.

Clément, du wirst nie vergessen."

(Quelle: www.facebook.com/tierrechtsinfos)

Wie du siehst ist diese Kundgebung ein Anlass gewesen, auf das bedrohliche Klima zu verweisen, in dessen Kontext der Mord an Clément erfolgte. Es wurde auch mit einigen Sätzen auf unseren Genossen eingegangen. Es war aber nicht Ziel einen umfassenden biographischen Bericht zu erarbeiten. Sicher, die Rede hätte auch mit einem ganz anderen Fokus verfasst werden können und es ist bestimmt auch erwähnenswert welch weitere politische Betätigungsfelder Clément hatte. Von seinen politischen Motivationen war Clèment Anarcho-syndikalist und überzeugter Antifascist und an diesen Politischen Feldern orientiert sich die Rede. Jeder Teilaspekt könnte hier noch drei mal ausführlicher behandelt werden.

Beispielsweise wurde ja auch nicht erwähnt, dass und wie Clèment sich im Hochschulrahmen engagierte. Dass er Fan vom linken Pariser Fußballclub Red-Star war. Dass er sich gewerkschaftlich auch bei der Union syndicale Solidaire reingehängt hat und vieles mehr... 

Die zweisprachig gehaltene Rede aus Freiburg hat halt keinen Anspruch auf Vollständigkeit,

Danke für deinen Beitrag zu Tierrechte, Veganismus und zum Spannungsfeld in das viele ökologisch-Motivierte Projekte und Initiativen gelangen, wenn es um Abgrenzung nach rechts geht. Sehr spannend... à suivre...       

Am 5. Juni 2013, wurde der junge Antifaschist und Anarchosyndikalist Clément Méric in Paris von einem Neonazi umgebracht. Ein Jahr später erinnerte eine Kundgebung in Freiburg daran und an weitere Gewalttaten von Neonazis.