1. Mai in Freiburg – Kampftag für wen...!?

1.mai freiburg

In den letzten Jahren (Jahrzehnten) hatte sich in unserer südbadischen Kleinstadt ein friedliches Nebeneinander zweier »traditioneller« 1. Mai-Veranstaltungen etabliert. Im Stühlinger trafen sich die Gewerkschaften mal mit, mal ohne Demonstration auf Bierbänken im Park. Am anderen Ende der blauen Brücke saßen die verbliebenen Reste der Szene-Linken plus (Ex-)Umfeld auf Bierbänken beim Straßenfest im Grün.

 

Nicht zufällig wurde dieses Bild durch die grün geführte Stadtregierung 2013 gestört: Vor dem Hintergrund der 2008 ausgebrochenen Krise werden städtische Immobilien und Räume, sei es als Gewerberaum, als immer teurerer Wohnraum oder als Spekulationsobjekte zum Hafen für Rendite-suchendes Kapital. Da ist es nur konsequent, wenn im Zuge der Innenstadterweiterung alles Störende beseitigt wird (selbst wenn einigermaßen rätselhaft bleibt, bei was das Fest im Grün gestört haben soll).


Ein Straßenfest konnte 2013 nicht durchgesetzt werden, auch weil sich ein Großteil der ins Grün drängenden »Nieder mit der Arbeit«-Demonstration ohne Not in die umliegenden eigenen Strukturen verzog. Die DGB-Demonstration auf der anderen Seite der blauen Brücke ein paar Stunden zuvor versuchte angesichts der Auswirkungen der Krise auf die Arbeits- und Lebensbedingungen vieler ArbeiterInnen kämpferischer als in den Jahren davor zu erscheinen. Aber aus Organisationen, die über Jahrzehnte den Niedergang jeglicher »ArbeiterInnenmacht« mitgemacht, mitgetragen und mitgestaltet haben, werden nicht über Nacht wieder kämpferische Strukturen. Daran ändert auch ein Block junger Antifas mit Seitentransparent und Klassenkampfrhetorik nichts.


Was bringt der Mai 2014!? Im Stühlingerpark wohl die Wiederholung – auf der anderen Seite der Brücke müsste zumindest diskutiert werden, welches Grün (welche Stadt!?) mensch haben will: Die Mieten im Viertel explodieren, ein Ausgangspunkt des Fests im Grün, das Haus Wilhelmstraße 15 mit Cafe im Erdgeschoss, ist inzwischen teuer saniert und Mieter gekündigt worden.

Über Freiburg hinaus....


Das alles wären Randnotizen aus der Provinz, würden sich darin nicht Fragen und Probleme widerspiegeln, die über unsere südbadische Kleinstadt hinausweisen: immer mehr Niedriglohnjobs auch in Freiburg, unter Druck geratene ArbeiterInnen – die zu oft den Tarifritualen »ihrer« Organisationen folgen, statt dass dies Wut und Aktionen zur Folge hat. Eine (Rest-)Linke, die selten über den Tellerrand der eigenen Strukturen hinausblickt. »Nieder mit der Arbeit«, das Motto der linksradikalen Demonstration 2013, war vielmehr Symbol der eigenen Selbstinszenierung denn Ausdruck einer Thematisierung von/Einmischung inneue und alte Zumutungen der Arbeit.

Hoffnungsvolle Signale kommen wie so oft aus anderen Regionen dieser Welt: In Italien kommt es in den letzten Monaten wieder zu Hausbesetzungen und Aktionen gegen steigende Mieten; in Spanien haben Ende März mindestens eine Million Menschen gegen die EU-Politik demonstriert, in Bosnien gab es tagelange Aufstände gegen Betriebsschließungen und permanente Rotstiftpolitik...


Generell scheinen die Konflikte in den alten Metropolen oft ein zermürbendes Ringen um Betriebsschließungen und/oder schleichende Verschlechterungen zu sein – die meist Standort für Standort und scheibchenweise durchgezogen werden. Nur selten kommen hier Kämpfe zusammen.


Zum Brennpunkt werden die sogenannten Schwellenländer: In den letzten Jahren ist es in Indien, Brasilien, China, Südafrika, der Türkei... zu breiten Kampfbewegungen gekommen. Manchmal sind das klassische Arbeiterkämpfe wie in den Bergwerken Südafrikas oder den Fabriken Chinas, an anderen Orten kommt es zu Bewegungen auf Straßen und Plätzen, z.B. in Brasilien und der Türkei. Berichte des Weltwirtschaftsforums warnen vor der Explosionsgefahr durch weitere »Vermassung« der »gefährlichen Klassen« in den »Entwicklungsländern«, aber auch in der europäischen Peripherie.

Was tun!?


Die Krisenentwicklung der letzten Jahre engt für Unternehmer und Staaten die Handlungsräume ein; vielen ArbeiterInnen wird klar, dass sie keine »Entwicklung« für sich erwarten können. Deswegen kommt der Staat wieder als Akteur ins Spiel: Als Überwachungs-, Kriegs- oder Schuldenstaat – aber eben auch als Adressat von Forderungen oder Spielfeld einer übrig gebliebenen Linken. Umso wichtiger sind antistaatliche Tendenzen und Bewegungen, vor allem wenn sie aus Bewegungen und Streiks heraus auf die eigene Stärke setzen und eigene Strukturen aufbauen. Denn eins ist klar, eine breite Bewegung wird nur aus eigenen Kämpfen entstehen.


Aus dem skizzierten Bild ergeben sich keine leichten Handlungsoptionen. Die relative Ruhe in Deutschland sollte zweierlei zur Folge haben: die Unruhe und Kämpfe überall auf dieser Welt hierher bringen – und hier bei uns unter die scheinbar ruhige Oberfläche schauen! Wo wird für die eigenen Interessen gekämpft, wo werden solche Kämpfe auch zum Ausgangspunkt eines allgemeinen Interesses!? Wie können wir Kämpfe unterstützen, uns in erster Person einmischen!?


Dazu braucht es eine Repolitisierung unserer Strukturen, eine Repolitisierung von Alltag und Arbeit!

 

Die Worker Center Initiative Freiburg hat für dieses doppelte Dilemma – blockierte ArbeiterInnenkämpfe und blockierte, selbstbezogene Linke – keine Lösung. Unsere Initiative will diskutieren, wie wir diese Fragen inhaltlich und praktisch angehen können. Unsere Idee ist eine Bündelung von sozialrevolutionären Kräften, um unterschiedliche Punkte zu thematisieren und inhaltliche Debatten zu führen: Unsere eigenen Arbeitsbedingungen thematisieren! Prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen wie Niedriglöhne, Mini-Jobs, Leiharbeit und Werkverträge, Hartz IV, Zwangsarbeit und Schikanen durch die Arbeitsämter. Wir wollen über regionale und internationale Arbeitskämpfe und Streiks diskutieren und nach Möglichkeiten suchen, einzugreifen und solidarisch zu handeln.


In den nächsten Wochen bieten wir zwei Veranstaltungen an, auf denen diese und andere Themen diskutiert werden können.

 

Gesundheit ist (k)eine Ware! - Zur Kritik der politischen Ökonomie des Gesundheitswesens


Spätestens seit dem Einbruch der »New Economy« Ende der 1990er Jahre soll das Gesundheitswesen zur Lokomotive für Jobs und Profite werden. Es wird über hohe Kosten geklagt, aber gleichzeitig mehr Geld ins Gesundheitswesen gepumpt. Die Personalkürzungen an der Uniklinik 2013, der Plan, hier eine profitable »Gesundheitsregion« zu installieren, stehen in diesem Zusammenhang. Dabei geht es um Krankenhäuser mit Hochtechnologie ebenso wie um Pflegearbeit im Haus. 20 Prozent der Jobs der Region hängen an diesem Bereich, der gleichzeitig eine Branche mit vielen Niedriglohnjobs ist.

Samstag 10.05. 14-16 Uhr Uni Freiburg KG I (www.blockupy-freiburg.tk)

 

Alle Macht den Räten? Ist der Rätekommunismus heute noch relevant?


Während der revolutionären Welle Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte der Rätekommunismus zu den radikalsten Strömungen der Arbeiter_innenbewegung. Programmatisch strebte er die Übernahme der Fabriken durch die Selbstverwaltungsorgane der Räte an. Er stützte sich auf das Wissen der Facharbeiter_innen, die die Produktion effektiver als die betriebsfremden Chefs organisieren konnten. Seine Basis fand er in den Arbeiter_innenmassen der großen Fabriken. Ist der Rätekommunismus auch heute noch, in Zeiten prekarisierter, vereinzelter und individualisierter Arbeitsverhältnisse, aktuell? Diese Frage wollen wir nach einer kurzen Einführung gemeinsam diskutieren.

Mittwoch 02.07. 20 Uhr Fabrik Habsburgerstr. 9

 

Kontakt: www | http://www.liu.indymedia.org/WCI-FR

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Im großen und ganzen teile ich eure kritische Einschätzung, auch wenn ich auf gewisse Art selbst Teil der "Szene-Linken" bin.

Allerdings eine gewisse Anmerkung zu folgendem Satz halte ich doch für nötig:

 

Ein Straßenfest konnte 2013 nicht durchgesetzt werden, auch weil sich ein Großteil der ins Grün drängenden »Nieder mit der Arbeit«-Demonstration ohne Not in die umliegenden eigenen Strukturen verzog.

 

Dieses zurückziehen war gab es nicht aus szeneinterner Bequemlichkeit und es gab durchaus einige die dem versucht hatten, entgegenzuwirken, leider nur mit kaum nennenswertem (bis quasi keinen) Erfolg. Ein Grund dafür ist der fehlende Mut, der nunmal nicht ganz unbegründet ist. Es gab die amtliche Androhung von Beschlagnahmungen und anderen "Zwangsmaßnahmen" die gerade auch in den schmalen Strassen des Grün leicht durchzusetzen gewesen wären. Man sah im vergangenen Jahr beispielsweise auch daran wie leicht und schnell die Bullen Strassen dicht machen konnten. Und es gab nunmal kein Konzept - noch nichtmal eine halbgare Idee - das diesem Umstand etwas entgegenzusetzen wusste.

http://1mai2014.blogsport.de/

 

Kommt ALLE!!!

Tanz in den Mai 30.April im Grün - 21 Uhr!!!