Ceylanpinar: AKP und Al Qaida gegen Kurden

Ceylanpinar: AKP und Al Qaida gegen Kurden

Eine der Städte, in denen bei der Kommunalwahl in der Türkei vergangenen Sonntag die kurdische BDP siegte, ist Ceylanpinar. Die regierende AKP will mit allen Mitteln dieses Ergebnis revidieren, denn sie braucht die Stadt für ihre aggressive Syrien-Politik. Der Notstand wurde ausgerufen, es gibt bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Regierung und kurdischer Bewegung.

 

Ceylanpinar hat knapp über 43 000 Einwohner, keinerlei Industrie und sonderlich reich ist die Stadt auch nicht. Gleichwohl ist sie für die türkische Regierungspartei AKP des Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan von großer strategischer Bedeutung. Denn sie liegt direkt an der Grenze zu Syrien.
Über den Grenzübergang zu Serê Kaniyê schleust die türkische Armee seit Beginn des Konflikts in Syrien islamistische Kämpfer in das Nachbarland, die nicht nur gegen den dortigen Präsidenten Baschar Al-Assad eingesetzt werden, sondern vor allem gegen die Kurden im Norden Syriens. Dort, auf kurdisch heißt das Gebiet "Rojava", hat sich eine eigene autonome Region herausgebildet. Unter der Hegemonie der kurdischen Partei PYD (Partiya Yekitîya Demokrat, „Partei der Demokratischen Union“) und den Volksverteigungskräften YPG hat die Bevölkerung mitten im Bürgerkrieg ein demokratisches Rätesystem aufgebaut, das sich am "Demokratischen Konföderalismus" des PKK-Chefs Abdullah Öcalan orientiert.

Das wiederum passt der türkischen Regierung überhaupt nicht. Denn zum einen fährt sie gegenüber Syrien ohnehin einen aggressiven Kurs, der Geheimdienstchef wurde kürzlich bei Planungen für einen fingierten Angriff erwischt, mit dem er einen Kriegsgrund provozieren wollte. Zum anderen aber will sie verhindern, dass die kurdische Autonomie in Syrien zu einem Beispiel für die Kurden in der Türkei wird. Deshalb unterstützt sie logistisch, finanziell und bisweilen mit eigenen militärischen Operationen die Al-Qaida nahestehenden Islamisten der Al Nusra Front und der Organisation Islamischer Staat im Irak und Syrien (ISIS), die in den Kurdengebieten Massaker durchführen und die Zivilbevölkerung terrorisieren. Die YPG kämpft erfolgreich gegen die Dschihadisten, der permanente Nachschub aus der Türkei macht es allerdings schwierig, denn die islamistischen Milizen können sich im Bedarfsfall über die Grenze zurückziehen oder werden von dort durch nachrückende Verbände verstärkt.

Bei der Wahl vergangenen Sonntag sah es nun so aus, als würde Ceylanpinar an die kurdische Partei BDP fallen - doch die AKP verhinderte das durch Wahlbetrug. Im Endergebnis führte die AKP 700 Stimmen vor der BDP, allerdings wurden Überreste von etwa 2000 verbrannten Stimmzetteln gefunden, auf denen - soweit man das identifizieren kann - die BDP gewählt wurde. Die Kurdenpartei beschwerte sich bei der Wahlbehörde YSK, doch die wies sie ab.

Seitdem sind tausende Menschen in der Grenzstadt auf den Beinen und liefern sich Auseinandersetzungen mit AKP-Anhängern und der Polizei. Angaben der kurdischen Kandidatin Esra Güler Aslan zufolge, werden die nicht-kurdischen Nachbarschaften derzeit bewaffnet, der Ausnahmezustand wurde ausgerufen. Auf der Seite der AKP sollen sich auch Kämpfer der Al Nusra Front befinden. Dennoch werde man "nicht nachhause gehen, bis die Wahlen wiederholt werden", so Esra Güler Aslan.

Bislang wird von einem - noch nicht bestätigten - Toten gesprochen. Die Straßenkämpfe gehen weiter.

 

erschienen auf: lowerclassmagazine.blogsport.eu

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Die Infos sind interessant, die Forderung nach Wiederholung der Wahl völlig berechtigt, wenn das stimmt. Aber das ganze hört sich doch sehr schräg an, wenn die PKK-Bewegung inmitten der revolutionären Entwicklung in Syrien und in der Türkei erst dann was von sich hören lässt, wenn ihre Stimmzettel verloren gegangen sind... Man überlege sich: im Jahr 2013 brechen Millionenproteste in der Türkei aus, die PKK ist dort nicht zu sehen, weil sie gerade einen einseitigen Friedensschluss mit der Regierung erklärt und darauf hofft, als Gegenleistung noch mindestens einen ihrer Gefangenen frei zu bekommen. In Syrien steht sie nicht auf der Seite der Revolution, sondern ist mit ein paar kurdischen Enklaven zufrieden, wo sie nun in Kooperation mit dem Regime "Sozialismus in einem Dorf" aufbaut. Fazit: sie reitet, um es mit Öcalans Worten zu sagen, auf dem Rücken des Löwen. Unter den türkischen wie arabischen Massen sucht sie keine Verbündeten, wenn sie vom Löwen fällt, ist das ihr großes Problem.