Offener Brief von Markus Mohr
Der LAIKA-Verlag hat mit einer Pressemitteilung (PDF) vom 25. Februar 2014 anlässlich der Buchmesse in Leipzig für den 15. März zu einer Podiumsdiskussion zum Thema »Antifaschismus als Feindbild« eingeladen. Der Titel spielt auf ein vom Verlag dankenswerter Weise jüngst publiziertes Buch zum Zwecke der Solidarität mit dem durch die sächsische Justiz kriminalisierten Pfarrer Lothar König an. Zu den Eingeladenen der Podiumsdiskussion zählt auch die rund ein Jahrzehnt bis Ende Mai 2013 amtierende Leiterin der Abteilung Verfassungsschutz (VS) aus dem Innenministerium des Landes Brandenburg Frau Winfriede Schreiber.
Dem LAIKA-Verlag ist natürlich bekannt,
- dass der VS Brandenburg über Jahre hinweg den vom ehemaligen Generalbundesanwalt Wolfgang Pfaff angeworbenen Neofaschisten Carsten Szczepanski unter dem Decknamen „Piato“ auf seiner Lohnliste geführt hat. Szczepanski war am 13. Februar 1995 vom Landgericht Frankfurt / Oder wegen Beihilfe zu versuchten Mord an dem nigerianischen Flüchtling Steve Erinhi zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden.
- dass der Neofaschist Szczepanski in den Jahren zwischen 1994 bis 1998 mit dem Mitarbeiter des VS Brandenburg Herrn Gordian Meyer-Plath in excellenter Weise zusammengearbeitet hat. Beide haben sich in mehr als 30 Treffen geduzt oder um es mit den Worten des V-Mann-Führers Meyer-Plath zu sagen: „Hier hat alles gepasst …”
- dass der VS Brandenburg mit Hilfe von Falschbehauptungen gegenüber den Justizbehörden eine vorzeitige Freilassung von Szczepanski erreicht hat, um ihn danach als Beisitzer im NPD-Landesvorstand und Leiter des Ordnungsdienstes dieser Partei finanziell großzügig zu alimentieren.
- dass es dem VS Brandenburg gelungen ist Szczepanski im Chemnitzer Netzwerk der NSU-Unterstützer um Sachsens Blood & Honour-Sektionschef Jan Werner, der Vertrauensperson des Berliner Landeskriminalamtes Thomas Starke sowie Antje Probst, der Eigentümerin einer Nazi-Devotionalienfirma, erfolgreich zu integrieren.
- dass der Duz-Kumpel von „Piato“ Herr Meyer-Plath noch als Referatsleiter Rechtsextremismus Anfang September 2010 für die lokale Neofaschistenszene in Strausberg bei Berlin eine Fortbildungsveranstaltung durchgeführt hat, um sich auch so für den Posten des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz in Sachsen zu qualifizieren, das er ab August 2013 ausübt
- dass der VS Brandenburg in der Amtszeit von Frau Schreiber die links-alternativen Wohnprojekte Inwole e.V. aus Potsdam, das JugendWohnProjekt (JWP) „MittenDrin“ aus Neuruppin und die Punkband Krachakne in der Öffentlichkeit als „linksextremistisch“ und „gewaltbereit“ in Verruf gebracht hat – mit zum Teil negativen Konsequenzen was den Zufluss staatlicher Gelder für die Jugendarbeit betrifft.
- dass von Frau Schreiber gegen Ende ihrer Amtszeit mit dem sogenannten „Extremographen“ eine Landkarte Brandenburgs erstellt worden ist, in der autonome Gruppen und Ortsgruppen der Roten Hilfe an die Seite von neofaschistischen Organisationen gestellt und visualisiert werden.
- dass auch in Folge dieser Verrufspraxis mittlerweile gegen den Landtagsabgeordneten der Partei die Linke Norbert Müller in der Öffentlichkeit ein Kesseltreiben wegen seiner Mitgliedschaft in der Roten Hilfe betrieben wird.
- dass die Leiterin des VS Brandenburg a. D. Frau Schreiber eine prominente Spielerin im Zitierkartell des Verfassungsschutzprofessors Armin Pfahl-Traughber ist. Dieser hat im Jahre 2010 das Buch: „Offener Demokratieschutz in einer offenen Gesellschaft. Öffentlichkeitsarbeit und Prävention als Instrumente des Verfassungsschutzes“ herausgegeben. Mit dieser programmatischen Schrift, inklusive eines Aufsatzes von Frau Schreiber, wird aktuell das Neuarrangement der VS-Behörden nach den „Irritationen“ begründet, die man dort wohl nach dem auffliegen der NSU-Mordserie empfindet. In diesem Bezug weiß Frau Schreiber nur zu gut, worin der eigentliche Sinn in der öffentlichen Verwendung der Manipulationsformeln eines Verfassungsschutzes „zum Anfassen“ oder eines „Verfassungsschutzes durch Aufklärung“ liegt: Sie dienen allerdings dazu die operative Eindringtiefe dieser irregulär arbeitenden Institution der inneren Sicherheit in die Gesellschaft weiter zu erhöhen.
Und doch hat sich der LAIKA-Verlag dazu entschlossen mit Frau Schreiber ein, so hat es mir der Geschäftsführer Karl-Heinz Dellwo auf Anfrage erklärt, „kritisches“ Gespräch zu führen. Das ist zulässig, jeder Beamte der Verfassungsschutzbehörden in der Bundesrepublik wird das bestätigen. Was sich die als VS-Funktionärin sowieso irregulär wie intransparent argumentierende Frau Schreiber von der besagten Veranstaltung des LAIKA-Verlages erhofft, kann schon jetzt als bekannt vorausgesetzt werden. Und auf die Frage danach, ob denn der Antifaschismus „kriminell“ ist wird sie natürlich antworten: „Sofern der sich immer nach den jeweiligen Anordnungen des Einsatzleiters der Polizei richtet, iwo!“ Kurz: Mit einem harmlosen Antifaschismus hat auch Frau Schreiber kein Problem und die umsichtige staatliche Verwaltung des Neofaschismus wird sie sich auch in der Zukunft sowieso von niemanden streitig machen lassen.
Warum aber nur will der LAIKA-Verlag seinem Publikum solche VS-Binsen zumuten? Was – bitte schön – verspricht er sich von der geplanten Integration einer VS-Funktionärin in einer Veranstaltung ausgerechnet zum Thema Antifaschismus? Will er womöglich, um hier einmal K.H. Dellwo mit einer schmackigen Aussage aus einem Statement Anfang Oktober 2013 anlässlich der Buchmesse in Frankfurt zu zitieren „die Leute systemkompatibel ins Grab (…) bringen bevor sie den allumfassenden Betrug an ihrem Leben begreifen“?
Kurz: Eine rationale Diskussion mit VS-Beschäftigten ist schon alleine deshalb eine logische Unmöglichkeit, da sie qua ihrer Institution in jeder Weise dazu ermächtigt sind, bei Bedarf zu tricksen, zu täuschen, zu manipulieren, zu betrügen und zu lügen. Das und nichts anderes ist noch immer die handfeste Theorie wie Praxis eines Geheimdienstes.
Bei allem Respekt vor warmen Reputationssehnsüchten und notwendig abgewichsten Businessinteressen des LAIKA-Verlages: Die Entscheidung Frau Schreiber eine Bühne zur Propagierung ihrer Manipulationsformeln zur Praxis ihres VS zu eröffnen, ist in einem politischen Sinne in jeder nur erdenklichen Art und Weise falsch – sofern man sie an die allerdings zu stellenden Ansprüche an einen sich selbst als „links“ etikettierenden Verlag misst. Wie man es auch dreht und wendet: Dieser Angelegenheit ist beim besten Willen kein Humor abzugewinnen.
weiterer Bericht bei http://linksextremismus.wordpress.com:
In der Leipziger Spinnereistraße finden sich demnächst Ex-RAF-Mitglied Dellwo, “Verfassungsschutz-Verklager” Ramelow, Lothar König Anwalt Eisenberg, der Theologe Prof. Vogel und Ex-Verfassungsschutz-Chefin aus Brandenburg Schreiber auf einer Bühne. Zum selben Thema, zum selben Zeitpunkt.
Die Verhandlungen um den Jenaer Pfarrer Lothar König haben letztes Jahr Schlagzeilen gemacht. König war Teil eines größeren Ermittlungsverfahrens nach § 129 StGB. Später wurden die Ermittlungen gegen ihn wegen der Mitgliedschaft in einer so genannten AntifaSportgruppe beendet, stattdessen wurde er wegen Landfriedensbruch während der Proteste gegen den Nazi-Aufmarsch und das bürgerliche Gedenken in Dresden am 19.2.2011 vor Gericht gestellt. König war so zeitweise Teil eines Ermittlungverfahrens wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, welches bis heute ergebnislos läuft und die Behörden weiterhin berechtigt die rund zwei Dutzend Betroffenen mit erweiterten Mitteln wie Observation und Abhörung zu überwachen. Breite Solidarität aus verschiedenen gesellschaftlichen Spektren erfuhr vor allem König, der alleine vors Dresdner Gericht gezerrt wurde und dessen Anwält_innen nach und nach klarstellen konnten, dass die Anklage noch nichtmal ein Witz war. Das alles läßt sich anderswo nachlesen.
Zum Beispiel hier: Da hat das Unterstützerumfeld um Lothar König ein Buch veröffentlicht. In der Veröffentlichung werden Stand und Kontext des Gerichtsprozesses der derzeit nur ausgesetzt ist besprochen. (Rezension siehe hier).
Für alle Interessierten und potenzielle Käufer_innen wird das Buch (Titel: “Antifaschismus als Feindbild”) nächste Woche auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt. Auf dem Podium sitzen da:
Johannes Eisenberg, Verteidiger von Lothar König
Winfriede Schreiber, ehem. Leiterin des Verfassungsschutzes Brandenburg
Karl-Heinz Dellwo, Laika Verlag
Manuel Vogel, Theologe
Bodo Ramelow, Die Linke, Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag
Nun ist für alle die der Verhandlung zu König einmal beigewohnt haben klar, wenn jemand lautstark und klar (Ex-)Verfassungsschutzmitarbeitern und Publikum erklären kann, was das Problem mit der Kriminalisierung von Antifaschismus ist, dann ist das Johannes Eisenberg. Warum, wozu und weshalb aber Winfriede Schreiber, die als Chefin des Brandenburger Verfassungschutzes die Hatz auf Punkbands und linke Projekte (siehe zum Beispiel hier, hier und hier) eröffnete, eingeladen wurde, bleibt tatsächlich unklar. (Zwar ging Schreiber 2013 nach 8 Jahren VS Tätigkeit in Brandenburg in Rente – aber das macht die Sache ja nicht besser…)
Warum also? Weil es Leser_innen, Aufmerksamkeit und damit Geld bringt? Weil man tatsächlich denkt, sowas wie Schreiber sind interessante Gesprächspartner? Weil man es cool findet den VS mit der RAF auf eine Bühne zu setzten? Hä? Na wenigsten der Ort ist passend benannt…
Samstag, 15. März, 20.30 Uhr Podiumsdiskussion
»Antifaschismus als Feindbild«
Spinnerei, GVD Die Druckerei (Halle 18) Spinnereistraße 7
Jetzt übertreib nicht..
Man muss das Ansinnen des Laika-Verlags nicht teilen, ich persönlich halte die Einladung einer Person des Verfassungsschutzes inhaltlich auch nicht für gewinnbringend. Aber aus dem Umstand, dass der Laika-Verlag seine fundierte Kritik an der Arbeit der Behörden an eine dafür verantwortliche Person richten möchte - auf einem Podium, wo sie sich der Kritik nur schwerlich wird entziehen können, weshalb sie wohl mit Phrasengedresche zu antworten wissen weiß, was sich selber enttarnt - lässt sich jetzt nicht der Vorwurf basteln, dass der Laika-Verlag mit Behörden, NSU-Unterstützer_innen oder dergleichen paktiere. Und diesen Vorwurf meine ich zwischen den Zeilen aus dem Artikel herauszulesen.
Wie dem auch sei: das Buch Lothar Königs im Laika-Verlag ist schwer zu empfehlen. Also: kaufen und weiterempfehlen!
Werfbares mitbringen
Dann ist ja noch Gelegenheit, dem VS zu zeigen, was mensch von ihm hält.
Ja, die Einladung ist blöd, der Laika-Verlag aber noch ne ganze Ecke besser als die junge Welt.
Schaffen wir uns eigene Gelegenheiten, den VS anzugreifen.
haha
Mit solchen Kommentaren verhindert man solche Auftritte wesentlich effektiver als der Artikel.
Prost!
Eisenberg und den VS torten
Ich finds voll ok, solche Leute vom VS einzuladen und sie dann zu torten und ihr Auto anzumalen.
Und wenn wir schon dabei sind: Der Eisenberg arbeitet auch für den Bundeswehrtollfinder Til Schweiger und zensiert in dessen Auftrag linke Blogs...
Den so wie oben Abzufeiern ist viel problematischer, als VS-Leuten öffentlich die Meinung zu geigen.
nebbisch
Eisenberg hat in den letzen über 30 Jahren vor Gericht mehr Linke rausgehauen als du dir vorstellen magst. Aber whe wenn so einer mal nen Job für Geld macht, dann kommt ein kleiner Tastenheld und macht den dicken. Und was hast du schon so gegn Repession getan?
Soll das ein Online-Argument sein?
Falls ja: Ich hab grad ne Puddingbombe auf die Göring-Eckert geschmissen und voll in die Fresse getroffen!
Arschloch
Du sagst: „Man wird ja wohl noch mit Repression gegen Linke Geld verdienen dürfen!“
Ich sage: „Nein. Du Arschloch!“
Ja, Eisenberg verdient praktische Kritik
Eisenberg ist auch Zeugenbeistand von BND-Agenten im NSA-Untersuchungsausschuss. Kein Wunder, dass er sich gern mit dem VS unterhält... Eisenberg ist ein Schwein.