[GTH] 170 auf Demonstration gegen Naziterror und alltäglichen Rassismus

innenstadt

++ Bericht ++ Auswertung ++ Fotos ++ Redebeiträge ++

Um 11:30 Uhr sammelten sich die Teilnehmer_innen der Demonstration, des Antifa-Bündnisses am Gothaer Hauptbahnhof. Gegen 12:30 Uhr startete die Demonstration und zog in Richtung Innenstadt. Dort angekommen, wandelte sich der Aufzug in eine lautstarke Demo. Am Zwischenkundgebungsort, dem Gothaer Neumarkt, hielten Katharina König und die Antifa Suhl/Zella-Mehlis ihre Redebeiträge. Diese thematisierten zum einen, den Naziüberfall in Ballstädt vom 09.Februar, sowie die bürgerlich - kapitalistische Grundstimmung, die einen solchen Vorfall erst möglich macht. Zum Anderen wurde eine Kritik am staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstein bzw. zivilgesellschaftlichten Heimatschutz formuliert.

 

Nach der Zwischenkundgebung zog die Demo weiter durch die Innenstadt bis zur Hersdorfstraße. Dort gab es auf dem Dach des Ju.w.e.l.e.V. Gotha eine nette Transpiaktion (samt Feuerwerksuntermalung) mit der Aufschrift "Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren - Freiheit für Josef!". Josef aus Jena sitzt seit der Demo gegen den Akademikerball am 24.01.2014, in Untersuchungshaft im Gefängnis Wien/Josefstadt. Wir wünschen ihm von hier aus alles Gute. Auf das sie uns niemals klein kriegen werden! Auf der Freifläche in der Hersdorfstraße gab es dann eine weitere Kundgebung. Hier machten die Bewohner_innen des Ju.w.e.l. auf ihr Situation, mit Naziangriffen aufmerksam und die Antifaschistische Aktion Gotha hielt einen Redebeitrag zum Thema "Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren - Umgang mit Naziübergriffen". Ein weiterer Redebeitrag wurde von der Gruppe Roma in Thüringen gehalten, in diesem baten sie um mehr Vernetzung und thematisierten ihre Situation. Zum Schluss ging es dann gemächlich zum Hauptbahnhof zurück, wo die Demo aufgelöst wurde. Während der Auflösung wurde ein Mensch von Polizisten, wegen eines "All Cats are Beautiful" Beutels, unsanft von der Straße gezerrt, kontrolliert und später angezeigt. Nachdem sich alles aufgelöst hatte, verspürte, die für den Tag stationierte Einsatzhundertschaft, das Bedürfnis ca. 20 Personen im Gothaer Stadtpark in einen Kessel zu nehmen und zu kontrollieren. Ein Mensch wurde wegen fehlender Wohnadresse mit auf die Wache genommen und wieder frei gelassen.

Wir haben während der Vorbereitungen zur Demo sowohl Zuspruch als auch Bedenken und Kritik entgegen gebracht bekommen. Für alles sind wir dankbar, da es hilft uns selbst zu reflektieren. Das Anliegen dieser Demonstration war es, ein Zeichen zu setzen und einen Anstoß zu geben, auf die derzeitigen Verhältnisse im Landkreis Gotha und auch sonst überall zu reagieren und deren Problematik aufzuzeigen (Jetzt erst Recht!). Es liegt an uns allen, emanzipatorische Strukturen aufzubauen, wo es ihrer bedarf und wenn wir es denn wollen. (Wir jedenfalls wollen es!) Unser Ziel ist es, mit der Demo Mut zu machen, zu zeigen, dass wir eine radikale Stimmung aufbauen können, von der eine Region geprägt werden kann. In unserem Selbstverständnisses vom August 2013 erklärten wir: "Wir möchten mit einem Entgegenwirken autonomer Politik Missstände benennen und angreifen, uns dabei immer weiter entwickeln und Konzepte antifaschistischer Praxis entwickeln und nach außen sowie in die Bewegung tragen". Dem wollen wir gerecht werden. Während der Demo riefen wir immer wieder dazu auf, sich selbst sowie den antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren. Genau gesagt, anstatt nur zu reagieren, ist es wichtig eigene Akzente zu setzen und die Region zu prägen. Wir sind der Ansicht, dass während wir versuchen die Verhältnisse zu verstehen, eine Praxis entwickelt werden muss, um die Grundstimmung dahingehend zu verändern, dass wir fähig werden Missstände anzugreifen und beseitigen zu können.

Ein großer Dank geht an alle Gruppen und Einzelpersonen, die die Demo unterstützt haben. Wir haben klar gemacht, dass es die kapitalistischen Verhältnisse und die rassistischen Ressentiments sind, welche verstanden und überwunden werden müssen.

Nie wieder Deutschland!

Jetzt erst Recht - aktiv und solidarisch gegen Naziterror und alltäglichen Rassismus!

 

Mehr Fotos und die Redebeiträge als PDF findet ihr unter http://jetzterstrecht.tk

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Ei­ni­ge Ein­drü­cke aus Gotha

Am ver­gan­ge­nen Sams­tag fand die An­ti­fa-​De­mo „Jetzt erst recht!“ der An­ti­fa­schis­ti­schen Ak­ti­on Gotha statt, die wir un­ter­stützt haben. Etwa 170 Mensch folg­ten dem Auf­ruf in die Pro­vinz, die viel zu oft ver­nach­läs­sigt wird. Dabei steht Gotha mit sei­nen ak­ti­ven an­ti­fa­schis­ti­schen Struk­tu­ren nicht für die ty­pi­sche, deut­sche Pro­vinz, über­nimmt viel­mehr die Auf­ga­be auf Miss­stän­de im ei­ge­nen Um­kreis auf­merk­sam zu ma­chen.

So ge­sche­hen auch auf der De­mons­tra­ti­on am 01.​03. The­ma­ti­siert wurde die po­li­ti­sche Ein­schät­zung aus lin­ker und links­ra­di­ka­le Per­spek­ti­ve auf die Ge­scheh­nis­se in Ball­städt und die Si­tua­ti­on von Ge­flüch­te­ten in Wal­ters­hau­sen sowie der Roma in Thü­rin­gen.

Wäh­rend Ka­tha­ri­na König die Ge­scheh­nis­se und Hin­ter­grün­de um den Neo­na­zi-​An­griff auf die Kir­mes­ge­sell­schaft in Ball­städt, die ak­ti­ven Na­zi­struk­tu­ren und das wie­der­hol­te Ver­sa­gen des Thü­rin­ger Ver­fas­sungs­schut­zes be­leuch­te­te, mach­te die An­ti­fa Suhl / Zel­la-​Mehlis auf die ge­sell­schaft­li­chen Be­din­gun­gen die­ses deut­schen Zu­stan­des auf­merk­sam. Der Re­de­bei­trag aus Süd­thü­rin­gen kri­ti­sier­te dabei das zi­vil­ge­sell­schaft­li­che En­ga­ge­ment, das vie­ler­orts in der NPD den „bösen“ Nazi er­kennt, je­doch die AfD als kon­ser­va­ti­ve Kraft ver­kennt und den Staat sowie seine Or­ga­ne als Bünd­nis­part­ner im Wir­ken für eine ver­meint­lich bes­se­re Ge­sell­schaft ver­steht. Der ab­schlie­ßen­de Ap­pell rief zur Or­ga­ni­sie­rung in an­ti­fa­schis­ti­schen Struk­tu­ren und In­itia­ti­ven auf, um damit zur Stär­kung eines kri­ti­schen Be­wusst­seins gegen den men­schen­feind­li­chen Cha­rak­ter der Ver­hält­nis­se bei­zu­tra­gen.

Ein Bei­trag der An­ti­fa­schis­ti­schen Ak­ti­on Gotha er­klär­te an­ti­fa­schis­ti­schen Selbst­schutz für not­wen­dig und gab au­ßer­dem ei­ni­ge An­halts­punk­te, wie mit An­grif­fen von Nazis um­zu­ge­hen sei. Der Hin­weis dar­auf bekam in den letz­ten Wo­chen schmerz­li­che Bri­sanz. In Wal­ters­hau­sen, einem klei­nen Ort nahe Gotha, wur­den mehr­fach Ge­flüch­te­te ver­bal und phy­sisch von Nazis an­ge­grif­fen, auch eine Dro­hung das Lager, in dem die Ge­flüch­te­ten leben müs­sen, an­zu­zün­den wurde ge­tä­tigt. Auf diese Zu­stän­de und das Ge­fah­ren­po­ten­ti­al wurde durch die Demo auf­merk­sam ge­macht. Es gilt nun, Augen und Ohren of­fen­zu­hal­ten. Nicht nur in Gotha, son­dern auch in Er­furt, Wei­mar, Jena und sonst wo soll­te sich be­reit ge­hal­ten wer­den, im Fall der Fälle in Wal­ters­hau­sen Prä­senz zu zei­gen und Un­ter­stüt­zung zu lei­sen.

Un­ter­stüt­zung und vor allem die Be­reit­schaft auf­ein­an­der zu zu­ge­hen, ar­ti­ku­lier­te ein Bei­trag aus dem Sup­por­ter*in­nen­kreis der Roma in Thü­rin­gen.

 

Ei­ni­ge Roma waren zur Demo ge­kom­men und zeig­ten damit, dass die Kämp­fe von Ge­flüch­te­ten und An­ti­fas nicht ge­trennt sein soll­ten. Auch wenn sich die In­ha­ber*innen eines deut­schen Pas­ses mit an­de­ren Ängs­ten kon­fron­tiert sehen müs­sen, so habe mensch doch einen ge­mein­sa­men Geg­ner: Es ist diese Ge­sell­schaft, der Staat, seine Or­ga­ne und die über­gro­ße Ge­walt, die sich im All­tag gegen uns kon­kre­ti­siert.

So zog die Demo mal mehr, mal we­ni­ger laut durch Gotha. Ein stim­mungs­vol­ler, so­li­da­ri­scher Gruß ging an den Je­na­er Ge­nos­sen Josef, der noch immer in Wien in Uhaft sitzt.