Nach den Mobilisierungen gegen Zwangsräumungen in Berlin wird es diesen Samstag auch in Hamburg den öffentlichen Auftakt einer solchen Kampagne geben. Mitten im Gefahrengebiet Schanzenviertel wird im Rahmen einer Talk-Show und Kundgebung eine Anlaufstelle gegen Zwangsräumungen eingerichtet. Die Polizei vermutet indessen möglicherweise mehr. Die Anmeldung der Kundgebung wurde abgelehnt. Die beteiligten Stadtteilinitiativen nahmen dankend an und zogen die Anmeldung gestern zurück. Im Schanzenviertel gibt es glücklicherweise eine erfolgreiche Tradition im Durchführen von selbstorganisierten Veranstaltungen und Straßenfesten ohne behördliche Genehmigungsverfahren. Es braucht keine Kundgebung und auch keine Erlaubnis von irgendwelchen Beamten, um im Stadtteil über Mietenwahnsinn und Zwangsräumungen zu diskutieren.
Der Widerstand gegen Zwangsräumungen
Die geplante Veranstaltung am Samstag informiert über Zwangsräumungen und den Widerstand dagegen und beginnt, die Vernetzung der Solidarität mit Betroffenen zu entwickeln. Mit Gästen vom Berliner Bündnis „Zwangsräumungen stoppen!“ und Vertreter_innen von Initiativen aus Hamburg werden auf der Straße Situation und Perspektiven diskutiert. Außerdem ist ein Beitrag zu den aktuellen Protesten von Flüchtlingen und auch eine Thematisierung des Gefahrengebietes im Schanzenviertel geplant.
In Hamburg hat es nahezu 1.600 Zwangsräumungen allein im vergangenen Jahr gegeben. Zwangsräumungen fallen nicht vom Himmel und sind auch nicht einfach ein Selbstverschulden der Betroffenen. Sie sind Ausdruck einer Gesellschaft, in der die Menschen über ihren Marktwert definiert werden. Sie sind Bestandteil eines kapitalistischen Systems von Zwängen, in dem der ökonomische Druck der Verhältnisse und deren politische und bürokratische Absicherung Hand in Hand gehen.
Der Kampf um öffentliche Räume in den Metropolen
Die Aneignung öffentlicher Räume ist eine Vorraussetzung um zusammenzukommen und die Stadt zu einem gemeinsamen Raum, einem politischen, sozialen und kulturellen Auseinandersetzungsfeld zu machen. Durch Einschränkungen der Versammlungsfreiheit sollen Momente der Kollektivität verhindert werden, die schon immer das emanzipatorische, befreiende und unberechenbare im städtischen Raum ausgemacht haben.
In den Medien ist derzeit berechtigterweise viel von den Protesten und brutalen Polizeieinsätzen auf dem Taksim Platz in Istanbul die Rede. Wie schon beim arabischen Frühling gibt es viel Verständnis für Bewohner_innen größerer Städte, welche sich aus Protest gegen autoritäre Sicherheitsaparrate öffentliche Plätze aneignen. Doch auch hierzulande gibt es eine zunehmend autoritärer agierende Polizei und dazugehörigen Verwaltungsapparat. Was ausbleibt, ist meistens jedoch der Aufschrei der Empörung in den Medien und der Politik. Kein Wunder, ist letztere doch hier selbst verantwortlich für die Aushebelung des Versammlungsrechtes.
Verbote und Vertreibungspolitik gegen Refugees
In neuer Zuspitzung zeigt sich diese Entwicklung in den letzten Tagen in Hamburg. Ein Camp von 300 lybischen Flüchtlingen wurde von der Polizei gewaltsam verhindert, Zelte von wohnungslosen Refugees in Parkanlagen durch die Beamten abgebaut und selbst ein Aufenthalt im Kirchenasyl durch die Einforderung behördlicher Feuerschutzauflagen erschwert. Die für eine Unterkunft und ein Bleiberecht kämpfenden Flüchtlinge wurden und werden ohne irgendwelche Bedenken Wind und Wetter ausgesetzt. Asyl könne nicht gewährt werden. "Diese Männer haben keine Perspektive" wird von einem Senatssprecher stattdessen kaltschnäuzig erklärt.
Auch hier im Vordergrund: Behördliche Auflagen, welche zu alternativlosen Gesetzmässigkeiten erklärt werden. Zweifellos haben lybische Bürgerkriegsflüchtlinge jeden erdenklichen Anspruch auf Asyl. Dass ihnen dieses verwehrt wird, hängt lediglich mit einer europäischen Gesetzesregelung zusammen, deren Ziel die Abschottung von Europas Außengrenzen ist. So dürfen Menschen, die über ein Drittland der EU eingereist sind, keinen Asylantrag mehr in einem anderen Land stellen. Dublin II ist der kryptische Name der Verordnung, welche für tausende Menschen Tod und Verderben bedeutet. Meist nicht sichtbar, aus den Augen aus dem Sinn.
Postkoloniale Arroganz
Dieses Unsichtbar-machen gesellschaftlicher Verhältnisse ist in vieler Weise Bestandteil einer postkolonialen Politik. Das Verbrechen der Refugees ist, dass sie hier sind, dass wir sie und ihre Forderungen sehen und wahrnehmen können. Deshalb werden sie zerstreut und rassistisch schikaniert durch eine Behördenanweisung, die zunehmende Personalienkontrollen fordert.
Auf einem Solidaritätsstraßenfest für Refugees wurde vergangene Woche eine Beschallungsanlage im Karoviertel per Federstreich verboten, während keine 500 Meter weiter ein anderes angemeldetes Straßenfest mit großer Bühne ohne weiteres genehmigungsfähig war. Ein Gleichbehandlungsgrundsatz scheint bei den Versammlungsbehörden nicht zu existieren, stattdessen werden politische Linien des Senates auf gutsherrenartige Weise durchgesetzt.
Gefahrengebiet Gentrifizierung
Eine Woche darauf nun die Nichtgenehmigung einer Kundgebung und Talk-Show im und gegen das Gefahrengebiet Schanzenviertel. Erst vor wenigen Tagen wurde die heimliche Errichtung des Gefahrengebietes bekannt. Wurden in der Vergangenheit nur vereinzelt zu politischen Terminen Gefahrengebiete errichtet, z.B. zum unangemeldeten Schanzenfest oder rund um den ersten Mai, sind nun dauerhaft Personenkontrollen möglich. Betroffen sind in erster Linie illegalisierte Menschen, Jugendliche und ganz offensichtlich auch politisch aktive Anwohner_innen.
Begründet wurde die Ablehnung der Veranstaltung mit dem fehlenden öffentlichen Interesse. Der Autoverkehr in der Schanzenstraße sei wichtiger, die Kundgebung könne auch woanders stattfinden. In einem weiteren Gespräch wurde vermittelt, dass die Veranstaltung auch aufgrund der Kündigung der Punkrock-Kneipe Dschungel auf jeden Fall in der Schanzenstraße stattfinden wird.
Das Haus in dem sich die Kneipe befindet wurde in der Vergangenheit mehrfach verkauft und wird mittlerweile offenbar von dem internationalen Milliardenkonzern LaSalle verwaltet. Es ist ein aktuelles Beispiel für Aufwertung, Gentriefizierung und die folgende Vertreibung von Mieter_innen. Dennoch wurde von der Versammlungsbehörde keine Kundgebung vor Ort genehmigt. Angeboten wurde stattdessen eine Kundgebung auf dem entfernten Pferdemarkt. Diese Kreuzung mag für die Polizei einfacher zu kontrollieren sein als die kleine Schanzenstraße mit ihren Hinterhöfen, dürfte im Interesse des im Vorfeld bemühten Verkehrs allerdings weit ungeeigneter sein.
Autoritärer Sicherheitswahn
Ganz offensichtlich ist die Ablehnung vor allem politischen Gründen und dem Größenwahn der Versammlungsbehörde geschuldet. Tatsächlich müssen politische Demonstrationen und Kundgebungen nämlich gar nicht genehmigt werden. Die Versammlungsbehörde darf Auflagen lediglich erlassen, wenn dies die einzige Möglichkeit vor einem Verbot ist. Demgegenüber herrscht innerhalb der Versammlungsbehörde scheinbar eine autoritäre Beamtenhaltung wie zu Kaisers Zeiten. Immer öfter müssen Anmelder_innen gegen wilkürliche und irrsinnige Auflagen klagen oder werden Versammlungen nach Lust und Laune beschränkt und verhindert.
Egal ob als Schanzenstraßenfest, geduldet oder nicht, ob als Sitzdemo oder Stadtteilspaziergang, die beteiligten Initiativen sind offensichtlich fest entschlossen die öffentliche Diskussion durchzuführen: "Der Widerstand gegen Zwangsräumungen ist ein wichtiges Thema, das eng verbunden ist mit der Praxis von Blockaden oder auch Hausbesetzungen gegen Wohnungslosigkeit. Dieses Thema ist uns wichtig und deshalb laden wir am Samstag auch alle ein, die Straße pünktlich um 16 Uhr zu beleben."
Quellen und Infos:
wie wat dschungel dicht?!
gibt's da nen paar mehr hintergrundinfos?! das dschungel!! herrgott, wo sollen wir dann hin?? goldfischglas zu dieses ganzen yuppiehackfressen oder was?!
zu hülf!
Schanzen-Lotse
Schanzenstraße / Ecke Ludwigstraße.
Wenn du aus Richtung S-Bahnhof Sternschanze kommst, läufst du links unter der Eisenbahnbrücke durch und gehst einfach immer die Schanzenstraße (in dieser befindest du dich gerade) längs, ziemlich am Ende gehts links in die Ludwigstraße rein. Kommst du vom neuen Pferdemarkt (U-Bahn Feldstr. Buslinie 3 nehmen und eine Station bis "Neuer Pferdemarkt" kacheln, ortskundige finden den Weg auch zu Fuß) kommst, ist die Ludwigstraße die erste oder zweite Querstraße auf der rechten Seite.
Wenn du erst mal auf der Schanzenstraße bist und dieser einfach folgst, egal aus welcher Richtung du nun kommst, wirst du es gar nicht verfehlen können.
Hoffe ich konnte helfen.
heute 12.6.2013
Grand Hotel Esplanade (Lützowufer 15): Kundgebung
Zweiter Protest gegen Zwangsräumungsvortrag von Richterin Paschke. Im "Grand Hotel Esplanade" wird die Vorsitzende Richterin am Landgericht Berlin, Regine Paschke, am 12. Juni wieder ein Seminar im Auftrag des Bundesverbandes freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V (BfW) geben. Schon am 29. Mai wurde ein ähnliches Seminar von 20 Aktivist_innen gestört. Sie stürmten den Vortrag mit Transparenten und hielten eine Rede. Video
Nun wird es beim nächsten Seminar eine Kundgebung geben. Es ist ein Skandal, dass eine Richterin gleichzeitig in Mietsachen urteilt und Vermieter_innen dabei berät, wie sie besonders gut kündigen und zwangsräumen können. Die enge Verbindung von Justiz und Immobilienwirtschaft wird an diesem Punkt besonders offensichtlich. Es ist feststellbar, dass die Rechtsprechung immer vermieter_innenfreundlicher wird. Viele Menschen verlieren durch steigende Mieten und Zwangsräumungen ihre Wohnung. Das Recht auf Wohnen wird mit Füßen getreten. In Berlin konnten durch solidarischen Widerstand in letzter Zeit aber viele Zwangsräumungen verhindert werden. Wir wollen auch an den Stellen präsent sein, wo die Verantwortlichen sich vernetzen, wo Zwangsräumungen ideologisch vorbereitet werden.
Deswegen protestieren wir gegen das Seminar. Wir werden den Teilnehmenden deutlich machen, dass sie sich nicht mehr still und leise sich von Richterin Paschke beraten lassen können. Das Recht auf Wohnen erkämpfen!
heute 12.6.2013
Sorry die Video Verlinkung hatte ich vergessen.
http://www.youtube.com/watch?v=v14ClvjrDM0&feature=youtu.be
vergessen
Bestes ...
Projekt in HH, komme gerne.
Ohne Anhaltspunkte dafür zu haben, vermute ich, die Satdt hat kein Interesse daran die Initiative an Fahrt gewinnen zu lassen und wird veruchen durch Repression abzuschrecken. Wird wohl Ärger geben, also komme ich um so lieber.
Zugezogen
Bin von außerhalb und nicht so oft in der Schanze, deswegen eine Frage.
Wenn ich die Gegend richtig in Erinnerung habe, müssen uns die Bullen da nicht nur von zwei Seiten kesseln?
Ihr werdets besser wissen. In den nächsten Tagen schaue ich mich da nochmal um.
Schanzenstraße
Da gibt es Samstagnachmittag genügend Läden und Betrieb, kann mir nicht vorstellen das die alles und jeden einsammeln.
Würde dann zumindest gute Presse geben ;)
Stimmt
Ah, stimmt, ist ja Samstag. Vielleicht deeskalieren die sogar ... buh ... scheiße ... hatte mich schon gefreut.
Krawalltourist
Wenn du deinen Hintern nur in der Hoffnung auf Krawall vor die Tür bekommst, bleib am besten Zuhause. Krawalltouristen braucht in der Schanze nun wirklich kein Mensch und am Samstag schon gar nicht. Nur weil eine unangemeldete Veranstaltung stattfindet, ist das noch lange kein Ersatz für das in diesem Jahr (vermutlich) nicht stattfindende Schanzenfest. Das habt ihr <hier ein böses Wort einsetzen> schon kaputt gemacht.
Macht doch mal Riot bei euch in Ottensen oder Pöseldorf. Müsst ihr nur aufpassen, dass ihr Muttis Vorgarten nicht zu doll verwüstet, sonst schimpft die mit euch. Stört nicht bei so wichtigen Sachen wie diesen Samstag, wenn euch der Grund der Veranstaltung ganz offensichtlich am Arsch vorbeigeht.
Müslis
Wenn die Schanze überhaupt mal auf Krawalltouristen gebraucht hat, dann jetzt.
Nur zur Erinnerung, die Polizei hat ein dauerhaftes Gefahrengebiet eingerichtet, als Teil einer Initiative "zur Rückeroberung des öffentliche Raums(!)". Spätestens jetzt müssten bei euch sämtliche Alarmglocken schrillen. Das Finale wird die Räumung der Flora sein, auch wenn es vielleicht noch zwei drei jahre dauert. Die ziehen jetzt Stück für Stück die Daumenschrauben an.
Aber ihr seid noch zu arrogant es zu sehen.
Ihr werdet Krawalltouristen wie mich brauchen, alleine kriegt ihr doch nix mehr hin.
Außerdem ist mir die Initiative nicht egal. Im Gegensatz zu dir, war ich selbst schon von Zwangsräumung bedroht. Muss aber fairer Weise sagen, dass mir die Stadt/Wohnungssicherungsamt, sehr entgegenkamen.
Zwamgsräumung
Und dass ich noch nicht von einer Zwangsräumung betroffen gewesen bin weißt du woher? Wir kennen uns? Offensichtlich nicht...
Ich habe nicht gesagt dass ich etwas gegen Krawall hätte, dass auf das dauerhafte Gefahrengebiet Antworten gegebn werden müssen, steht ausser Frage.
Krwalltouristen in der Schanze = Feuerchen machen, rummackern, Fahrräder/Autos von Anwohnern beschädigen und wenn die Bullen mit ihrem WaWe ankommen rennen alle weg. Und genau solche braucht hier kein Mensch.
Deine Kompetenz hast du uns ja bereits in deinem ersten Kommentar, von wie vielen Seiten gekesselt werden müsste, bewiesen. Wenn eine Veranstaltung "Dieunddiestr. / ecke Soundsostr." stattfindet, wissen selbst ortsunkundige von wie vielen Seiten da mindestens gekesselt werden müsste. Mit ein wenig logischem Denken wirst auch du dahinter kommen, dass deine Prognose von "zwei Seiten" völlig daneben ist. Aber ohne Leute wie dich bekommen wir ja nichts mehr hin...
ah
Ich habe nie etwas davon gehalten Privateigentum zu beschädigen, von Mülltonnen abgesehen. Wobei ich auch schon Anwohner verteidigt habe, die ihre Mülltonne nicht hergeben wollten.
Im Artikel steht nichts von "eckesoundso", lediglich Schanzenstraße. Und jetzt wirds mir zu blöd.
P.S.
Und warst du schon von Zwangsräumung bedroht? ;)
Krawall und RemmiDemmi
Also ich bin für eine gelungene "Auftaktveranstaltung" der "Zwangsräumungen verhindern" in HH.Und wenn`s uns am samstag zu bunt wird mit Bullabü,dann sollten wir schon ordentlich "RemmiDemmi" machen und zwar mit Sinn und Verstand,aber mit ordentlich Wut im Bauch!Werte deinen Kiez ab....
hm
Wäre ja mal sinnvoll gewesen das zeitlich mit https://linksunten.indymedia.org/de/node/88274 in Einklang zu planen.
So sitzt man jetzt Samstag Mittag zuhause und überlegt was einem unwichtiger ist und unsere Reihen werden wieder mal geteilt...