Die bundesweite Kampagne "Rassismus tötet!" plant nach den erfolgreichen Mobilisierungen nach Rostock und Hoyerswerda, die natürlich in Zusammenarbeit mit anderen Bündnissen/Initiativen statt fanden, weitere Aktionen und Proteste. Aktuell steht die Unterstützung des Flüchtlingsprotestmarsches nach Berlin an, hier wird es am 13.Oktober eine Demonstration zum Bundestag geben. Es folgt eine Demonstration Ende Oktober in Leipzig und eine Mitte November in Mölln. Dieser Artikel will vermitteln, weshalb die nächste Station der Kampagne Leipzig sein wird.
Aufruf: Never forgive, Never forget – Remembering means fighting
Mobilisierende Gruppen: Initiativkreis Antirassismus Leipzig / "Rassismus tötet!" Leipzig | Kampagne „Rassismus tötet!“
Bundesweite Kampagne: Facebook | Twitter | Youtube | Audio |
Hintergrundinformationen:
- ChronikLe: "Keine Hemmungen - Neonazis ermordeten sechs Menschen in Leipzig seit 1990"
- ChronikLe: "Auf gute Nachbarschaft - Zur dezentralen Unterbringung von AsylbewerberInnen"
- ChronikLe: "Rassismus an der Clubtür"
- ChronikLe: "An den Stadtrand abgeschoben - Neubau eines Heims für AsylbewerberInnen in der Leipziger Wodanstraße"
- ChronikLe: "Das Problem heißt Rassismus. Armut und soziale Ungerechtigkeit sollen auf dem Rücken von Migrant_innen ausgetragen werden"
- ChronikLe: "Sächsische Zustände - Wie die Sächsische Demokratie den Nährboden für Nazis fruchtbar hält"
- ChronikLe: "Nie ohne Fluchtplan - Eine Betroffene rechter Gewalt berichtet"
- ChronikLe: ""Ich muss doch als Sterntaler weiß und blond sein?" - Eine Betroffene berichtet von ihren alltäglichen Rassismuserfahrungen"
- ChronikLe: "Wenn Neonazis zündeln - Brandanschläge in Sachsen"
- ChronikLe: "Grimma: Asylbewerber_innen protestieren gegen Zustände im Heim"
- ChronikLE: "Fußball und Diskriminierung am Beispiel Leipziger Fußballfans"
- addn.me: "Sachsens Grundrechte fließen weiter elbabwärts"
- Initiativkreis Antirassismus: "Prozess zum Mord an Kamal K." | Berichte zum Prozess
MDR 2012: "LeipzigerInnen gegen Gemeinschaftsunterkünfte für AsylbewerberInnen"
MDR 2012: "Diskussion über Unterkünfte für Flüchtlinge in Leipzig-Grünau"
Sachsenspiegel 2011: "Haftstrafen für Kamals Mörder"
LF 2010: "Demonstration nach dem Mord an Kamal K. in Leipzig"
LF 2010: "Demonstration nach dem Mord an Kamal K. in Leipzig (2.Video)"
Panorama 2000: "Die verschwiegenen Toten"
Monitor 1999: "Nachgefragt zum Mord an Nuno Lourenço in Leipzig"
Monitor 1991: "Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig 1991"
Weitere Berichte auf "Alerta Sachsen"
Berichte auf Indymedia zu Leipzig/Sachsen 2012, eine Auswahl:
Sachsen, immer vorneweg im reaktionären Diskurs!
Seit der Wende regiert in Sachsen einer der reaktionärsten CDU-Landesverbände in Deutschland (Indymediaartikel), was sich auch im Umgang mit Menschen anderer Herkunft und Lebensweisen zeigt. Die Asylgesetzgebung gehört mit zu den schärfsten und menschenunwürdigsten in ganz Deutschland. So ist der Anteil an Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen in Sammelunterkünften leben, neben Bayern, Thüringen und Brandenburg am höchsten.
Vergessen werden sollte auch nicht, dass Übergriffe auf Migrant*innen im großen Volksmob im wiedervereinigten Deutschland ihren Anfang im sächsischen Hoyerswerda nahmen. In Sachsen lernten die Rassist*innen und Nazis, dass sie mit Gewalt ihre menschenverachtenden Ziele durchsetzen können. Der Staat kapitulierte nach fünf Tagen vor dem deutschen Mob und brachte am Ende die von dieser Gewalt betroffenen Menschen aus Hoyerswerda. Ein Vorbild für zahlreiche rassistische Ausbrüche, die in Rostock ihren Höhepunkt erreichten.
Seit jeher scheint Sachsen eine gute Basis für reaktionäre und menschenverachtende Einstellungen zu sein. Die faschistische NPD sitzt seit 2004 im Sächsischen Landtag, ist kommunal flächendeckend vertreten und schaffte hier sogar zum ersten Mal in ihrer Geschichte zweimal hintereinander den Einzug in ein Landesparlament. Bei dieser Konstellation verwundert es auch nicht, dass Naziterrorist*innen sich genau hier her zurückziehen.
Nicht nur Terrorzellen wie der “Nationalsozialistische Untergrund”(Artikel ChronikLe) können in Sachsen untertauchen und nach Herzenslust mordend und raubend durch die ganze Republik ziehen. Auch Wehrsportgruppenführer*innen wie Karl-Heinz-Hoffmann fühlen sich hier heimisch und lassen sich vom Freistaat die Sanierung ihres Rittergutes in Kohren-Sahlis mit 130.000 Euro bezahlen. Naziterrorgruppen wie “Skinheads Sächsische Schweiz” (SSS) oder “Sturm 34” (Video) werden nur als “kriminell” eingestuft und können darauf zählen, dass die Dresdner Staatsanwält*innenschaft ihre Akten gleich unbeachtet liegen lässt (Video). Ihres Erachtens nach ist es egal, ob die (unsere) “Jungs” nun Migrant*innen oder Linke jagen oder im Knast sitzen. Die “Terror Crew Muldental” wurde vom sächsischen Verfassungsschutz gleich via Internet vor der nächsten Razzia gewarnt (Bericht nach der Razzia), während auf der anderen Seite gegen Antifaschist*innen, unter anderem einen Pfarrer, ein Ermittlungsverfahren nach §129 wegen angeblicher “Antifa-Sportgruppen” eröffnet wird.
Die “Totalitarismustheorie” wird in Sachsen ebenfalls nicht nur am konsequentesten propagiert und mit einer eigenen “Extremismusklausel” durchgesetzt (Berichte), sie hat hier sogar ein eigenes Institut mit “Extremismusforschern*innen” an der TU Dresden, das versucht, jede von der angeblichen gesellschaftlichen Mitte abweichende Position als “extremistisch” zu brandmarken. Und inmitten dieses braunen Scheißhaufens soll das angeblich tolerante und weltoffene Leipzig liegen?
Leipzig: Tolerant und weltoffen!? Ein Scheiß!
Den alltäglichen Rassismus in Leipzig hat nicht erst die Kommunale Bürger*innenumfrage 2011 der Stadt Leipzig zutage gebracht, in dem die Teilnehmer*innen unter anderem nach “ihrem Verhältnis zu Ausländern“ befragt wurden. Bereits im Sommer 1991 waren in Leipzig-Grünau Nazi-Angriffe und Anschläge auf ein Heim für Asylsuchende auf der Tagesordnung, ausdrücklich unterstützt von Bewohner*innen des Plattenbauviertels. Im Nachgang zu den Pogromen in Rostock 1992 wurde in Leipzig-Holzhausen ein Roma-Zeltlager niedergebrannt und auch das Notquartier der Geretteten in Lindenthal anschließend mit Steinen beworfen.
Seit dem Frühjahr 2012 schwelt in Leipzig die Debatte um die Verbesserung der Wohnsituation von Asylsuchenden. Die marode Sammelunterkunft am Stadtrand soll geschlossen und die Migrant*innen in kleinteiligen Wohnhäusern im gesamten Stadtgebiet verteilt werden. Die Einführung des Konzeptes der dezentralen Unterbringung und die damit einhergehenden Proteste von Bürger*innen kratzen heftig am vermeintlich weltoffenen Image der Stadt (Video 1, Video 2). Insbesondere von “wohlsituierten” Bewohner*innen der Stadtviertel Wahren und Portitz wurden gegen die Errichtung von Asylunterkünften in ihrer Nachbarschaft rassistische Stereotype benutzt, die sich im Lauf der Debatte radikalisierten.
In zahlreichen Briefen und Stadtteilversammlungen agitierte der Bürger*innenmob gegen die „kriminellen Ausländer“, die Drogen und Müll ins Viertel bringen und eine Bedrohung für Kinder und Frauen darstellen würden. Zudem würde sich durch Asylsuchende in der Nachbarschaft der Immobilienwert der Grundstücke vermindern. Wie nicht anders zu erwarten, unterstützte die Leipziger CDU die rassistische Argumentationslinie der Kleinbürger*innen und begann damit ihren Wahlkampf gegen die SPD-geführte Stadtspitze. Der unsägliche Leitspruch „Wir sind das Volk“ wurde den Gegner*innen des neuen Wohnkonzeptes für Asylsuchende zur Drohgebärde. Auch wenn die Stadtverwaltung sich durch den Mob nicht beeindrucken ließ und am Konzept festhielt, ist auch ihr zu attestieren, dass sie Flüchtlinge nicht als individuelle Menschen, sondern als Verschiebemasse betrachtet.
Erst 2009 wurde in Windeseile die Errichtung einer neuen Massencontainerunterkunft am Stadtrand durch den Stadtrat gebracht. Die Lage wurde mit handfesten rassistischen Argumenten begründet. Der Oberbürgermeister erklärte die Entscheidung damit, dass Unterkünfte für Asylsuchende in Wohngebieten angeblich soziales Konfliktpotential in sich bergen würden. So sollten diese „nicht unmittelbar in einem Wohngebiet“ und „insbesondere entfernt von Schulen, Kindergärten und Spielplätzen“ liegen. Auf genau diesen Wortlaut bezieht sich der rassistische Mob heute positiv.
In der gegenwärtigen Debatte wurden die Betroffenen restriktiv aus der Diskussion um ihr Leben herausgehalten. Initiativen, die in den Heimen Informationsveranstaltungen machen wollten, bekamen Hausverbot. Das Anliegen, die Mitsprache der Flüchtlinge bei der Wahl ihres zukünftigen Wohnortes zu gewährleisten, wurde als „unrealistisch“ zurückgewiesen.
Auch die NPD versuchte den Volkszorn gegen „die Verausländerung“ von Stadtteilen anzuheizen. Die größte Bedrohung für die Flüchtlinge dürfte jedoch die aggressive Stimmungsmache der Normal-Bürger*innen insbesondere in Wahren sein und bleiben. Sie bereiten den Boden für rassistische Gewalt, die in Leipzig auch so Realität ist. Laut den jährlichen Statistiken der Opferberatungsstellen bewegt sich die Zahl rechtsmotivierter und rassistischer Übergriffe in der Stadt Leipzig kontinuierlich auf einem hohen Niveau. In Sachsen wurden von 1990 bis 2012 dreizehn Menschen aus menschenverachtenden Motiven ums Leben gebracht, der letzte Mord geschah 2011 in Oschatz (Berichte zum laufenden Prozess). Diesen Taten fielen allein in Leipzig seit der Wende durch rassistische, homophobe oder sozialdarwinistische Übergriffe sechs Menschen zum Opfer. Damit liegt Leipzig in Bezug auf rechte Morde bundesweit nach Berlin auf dem zweiten Platz. Die Morde in Leipzig geschahen dabei nicht in zeitlicher Nähe zu den drastischen Ausbrüchen neonazistischer und rassistischer Gewalt Anfang der 1990er Jahre, sondern zwischen 1996 und 2010. Ausnahmslos waren alle Fälle in Leipzig durch mediale, politische, polizeiliche und juristische Bagatellisierung und Verharmlosung gekennzeichnet.
Die Leipziger Staatsanwält*innenschaft konnte bei keinem der Morde einen politischen Hintergrund entdecken, auch wenn die Täter*innen bei der Tat eindeutige Kommentare von sich gaben, in der Naziszene aktiv waren oder in eindeutigen Naziklamotten vor Gericht erschienen. Gerade bei den Morden der 1990er Jahren nahm sie die Täter*innen durch Verharmlosen der Tatsachen in Schutz. Auch wenn Nuno L. das erste und bis 2011 einzige offiziell anerkannte, Todesopfer rassistisch motivierter Gewalt in Leipzig war, ist das Verhalten des zuständigen Gerichtes als skandalös zu bezeichnen. So wurde vergessen, einen Haftantrittstermin für die verurteilten Täter*innen festzulegen. Dies nachzuholen bedurfte des Drucks überregionaler Medien. Ferner hat es das Gericht „versehentlich” unterlassen, die Kosten des Verfahrens den Tätern aufzuerlegen, wie es der gerichtliche Standard vorsieht. Stattdessen wurde die Witwe mit Kosten in Höhe von 35.000 DM belastet und damit in den finanziellen Ruin getrieben.
Ein Blick in die Geschichte des behördlichen Umgangs mit den sechs Mordfällen in Leipzig belegt zudem, dass immer wieder die Polizei als ausführendes Staatsorgan die Taten entpolitisiert und mit fahrlässiger Ermittlungsarbeit Hintergründe und Motive zu vertuschen hilft. Ein Beleg dafür zeigte sich zuletzt im Prozess gegen die Mörder von Kamal. Bei der Verhandlung konnte sich beispielsweise keine/r der Beamt*innen an die am kompletten Körper verteilten Nazitattoos der Täter erinnern. Selbst das Auffinden von Nazidevotionalien in Wohnung und Gepäck der beiden Täter war den vorgeladenen Polizist*innen nicht Indiz genug. Zu allem Überfluss war in der Wohnung des Täter Daniel K. nach dessen Verhaftung und vor der Wohnungsdurchsuchung offensichtlich „aufgeräumt“ worden: Es fehlte beispielsweise eine Tasche von Markus E, dem Mittäter. Diese besagte Tasche wurde dem Inhaber merkwürdigerweise durch den Vater von Daniel K.,einem Polizisten, später im Knast vorbei gebracht.
Auch die Stadt Leipzig selbst hat bis dato noch keinen würdigen Umgang mit den Todesopfern rechter Gewalt und den Hinterbliebenen gefunden. Der damalige und heutige Ausländerbeauftragte der Stadt Leipzig, Stojan Gugutschkow, bagatellisierte im Mordfall Achmed B., der 1996 von zwei Jungnazis unter rassistischen Hasstiraden in einem Gemüseladen erstochen wurde, mit der Aussage, dass es jede/n Ladenbesitzer*in hätte treffen können. Der damalige Oberbürgermeister meinte beim Prozessauftakt, dass ihm nie ein rechtsradikales Potenzial in seiner Stadt begegnet sei. Auch beim Mord an Kamal K. 2010 begnügte sich der Oberbürgermeister mit Betroffenheitsschreiben an den Flüchtlingsrat und den Zentralrat der Muslime, obwohl Kamal Christ war. Kein persönliches Wort in Richtung der unmittelbar Betroffenen, erst recht keine Äußerung zu einem möglichen politischen Hintergrund. Mittlerweile wurde vom Landgericht das rassistische Tatmotiv anerkannt. Dieser Schritt war das Ergebnis massiver Öffentlichkeitsarbeit und politischen Drucks, der durch die Familie und Freund*innen Kamals sowie politische Initiativen aufgebaut worden war.
Schwer verständlich bleibt, wie ein weltoffenes Image der Stadt innerhalb und außerhalb von Leipzig überhaupt zustande kommen konnte. Fakt ist, dass das Image bröckelt. Nicht nur durch die konsequente Ignoranz der Belange von Betroffenen rechter Gewalt, sondern auch wegen der rassistischen Diskriminierung. Zudem war die rechte Szene in Leipzig schon immer besonders stark. Nach dem Fall der Mauer konnten die letzten Montagsdemos der Stadt mit mehreren Zehntausend Bürger*innen von Nazis im Stechschritt und unter “Heil Hitler”-Gebrüll angeführt werden. Keine/r der Teilnehmenden störte sich daran. Im Gegenteil: Menschen, die dagegen protestierten, wurden von Nazis und Bürger*innen körperlich angegriffen und durch die Stadt gejagt. Die NPD, andere Naziorganisationen oder sonstige rechte Gruppierungen fanden hier schnell Zustimmung, konnten in kürzester Zeit Ortsverbände aufbauen und fanden ein Fundament zum Gründen neuer Parteien wie die “Deutsche Soziale Union”(DSU). Diese breite Basis hatte zu Folge, dass der Leipziger NPD-Verband über Jahre der mitgliederstärkste in ganz Sachsen war und sich die DSU bis 2009 im Stadtrat halten konnte.
Lange bevor sich Dresden als zentraler Aufmarschort für Nazis etablieren konnte, wurden in Leipzig Jahr für Jahr Nazidemonstrationen abgehalten. Der Höhepunkt stellte das Jahr 1998 dar, in dem 6000 Neonazis an einer NPD-Kundgebung am Völkerschlachtdenkmal teilnahmen.
In Leipzig haben Nazidemonstrationen mit Protest zu rechnen. Neben antifaschistischen Mobilisierungen gibt es altgediente zivilgesellschaftliche Akteur*inne/n, die bei jeder Aktion ihr Gesicht in die Kamera halten, dabei Gewaltfreiheit predigen ohne dass irgend ein Mensch zu Gewalt aufgerufen hätte, und illustre Slogans wie „Leipziger Freiheit gegen braune Gewalt“ vor sich hertragen.
Überhaupt wird Nazis in Leipzig entweder mit wohlfeiler Rhetorik von Toleranz und Zivilcourage, bei der die Bezugnahme auf 1989 niemals fehlen darf, oder mit einer eigenen menschenverachtenden Bildsprache begegnet. So teilen der Oberbürgermeister Jung und alle Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats am 14.10.2009 in einer Erklärung mit: „Der Oberbürgermeister und die Vorsitzenden der Fraktionen des Leipziger Stadtrates rufen die Bürgerinnen und Bürger von Leipzig auf, der Demonstration der nationalistischen Brunnenvergifter am Samstag besonnen und gewaltfrei entgegenzutreten.“. Dass es sich bei dem verwendeten Bild der „Brunnenvergifter“ um ein altes und wohl bekanntes Bild handelt, das in der Geschichte gerne verwendet wurde, um Stimmung gegen Jüd*innen zu machen, scheint dem Stadtrat und dem Oberbürgermeister egal gewesen zu sein. Schlimmer noch, einige stimmten dieser Position zu, weil damit Rhetorik und Bildsprache der Nazis neu besetzt werden könnten. Es geht ihnen in keinster Weise um ein inhaltliche Auseinandersetzung mit der menschenfeindlichen Ideologie der Nazis, sonst gäbe es solche Vergleiche nicht. Sie wollen Nazis lediglich als sogenannte “Nestbeschmutzer” ausserhalb ihres “Wir” verorten, weil sie aus ihrer Perspektive das Image der Stadt Leipzig gefährden. Inhaltlich gibt es aber nicht selten Schnittmengen, die verschleiert werden sollen. Daher ist es um so entlarvender dass sie in ihrem angeblichen Kampf gegen Neonazis die selbe Bildsprache ihrer “Feinde” verwenden, um sich von ihnen “abzugrenzen”.
Rassismus tötet. Durch Pogrome, Gesetzgebung, Abschiebungen und geistige Brandstiftung. Mit dieser Kampagne wollen wir auch in und aus Leipzig heraus die Auseinandersetzung mit rassistischer Ideologie und Gewalt führen. Wir wollen an die Menschen erinnern, die aus rassistischen und anderen menschenverachtenden Motiven ermordet wurden, den Menschen, die in ihren Unterkünften angefeindet und angegriffen wurden und werden. Wir wollen den rassistischen Verhältnissen unsere Kritik und unseren Widerstand entgegensetzen.
„Erinnern heißt Kämpfen!“ ist für uns darum keine bloße Phrase, sondern Handlungsmaxime. Es geht darum, bestehende antirassistische Kämpfe u.a. gegen Lagerunterbringung, Flughafenasylverfahren oder Residenzpflicht zu unterstützen und mit dem Kampf um die Erinnerung an die Pogrome und die Gesetzesänderung 1993 zu verbinden. Gleiches gilt für den Widerstand gegen die öffentlichen Inszenierungen von Leistungsideologie und rassistischer Ausgrenzung. Den alten und neuen Täter*innen gilt unser Kampf, den Opfern der rassistischen Verhältnisse gilt unsere Solidarität!
Linker Aktionskreis meldet Aufmarsch an - Demo vom Süden bis zum NPD-Zentrum
Ein Aktionskreis Antirassismus veranstaltet am 27. Oktober eine Demo in Leipzig, für die bundesweit geworben wird. Wie das Ordnungsamt auf LVZ-Anfrage mitteilte, wurde von den Organisatoren für diesen Tag von 16 bis 21 Uhr ein Aufzug unter dem Motto “Never forgive, never forget. Solidarität mit den Betroffenen des rechten und rassistischen Normalzustandes” angemeldet...
In einem Aufruf zu der Demo geht der Aktionskreis unter anderem auf die Diskussion um die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern in Leipzig ein. “Insbesondere von wohlsituierten Bewohnern der Stadtviertel Wahren und Portitz wurden gegen die Errichtung von Asylunterkünften in ihrer Nachbarschaft rassistische Stereotype benutzt, die sich im Lauf der Debatte radikalisierten”, heißt es, verbunden mit einer Kritik am “BürgerInnenmob”.
Hinsichtlich des Widerstands gegen Neonazis legt der Aktionskreis Wert auf eine klare Abgrenzung: “Für die autoritär orientierte Zivilgesellschaft ist der Protest gegen Nazis ein Beitrag zur Imageaufbesserung der Stadt Leipzig”, schreiben die Autoren des Aufrufs. “Dass Schutz vor Nazis für Antifaschisten auch Vermummung oder Selbstverteidigung einschließt, wollen und können Vertreter dieser staatstreuen Zivilgesellschafter nicht akzeptieren, geschweige denn zulassen”. Aber auch die eigene Klientel thematisiert der Aktionskreis: “Im Umgang der linken Szene in Leipzig, sowohl mit rechtsmotivierten Morden als auch mit der Ideologie des Rassismus, zeigen sich große Leerstellen.”
Für den 27. Oktober haben die Demo-Veranstalter nach Angaben des Ordnungsamtes eine Aufmarschroute vorgesehen, die vom Leipziger Süden durch die Innenstadt bis zum NPD-Zentrum nach Lindenau führen soll...
24.09.2011: "Keinen Tag länger das “nationale Zentrum”!" | Artikel | Video |
26.11.2011: “Nazis entwaffnen: Rechten Terror bekämpfen, “Freies Netz” zerschlagen!”| Artikel | Video |
20.04.2012: "Blockadeversuch" | Artikel |
Demonstration 27.10.2012 16Uhr Südplatz Leipzig: "Never forgive, Never forget – Remembering means fighting
Solidarität mit den Betroffenen des rechten und rassistischen Normalzustands"
Die VeranstalterInnen der antirassistischen Demonstration bitten darum, auf das Mitführen von Symbolen (z.B. auf Fahnen und Transparenten)
zu verzichten.
- von Parteien (und ihren Jugendorganisationen),
- Nationalstaaten
- und Organisationen mit menschenfeindlichen und reaktionären Inhalten
Solche Symbole widerstreben dem Anliegen der Demonstration. Bei dieser sollen der Mord an Kamal und das Fortbestehen rassistischer Zustände in Deutschland thematisiert und auch durch die Außenwirkung vermittelt werden. Willkommen sind daher Plakate und Transparente, die sich auf Anlass und Thema der Demonstration beziehen. Wir möchten aber keine Werbung für Parteien betreiben und politischen Bewegungen keine Plattform bieten, die selbst rassistische und nationalistische Standpunkte vertreten.
Unsere Demonstration ist prinzipiell offen für alle Menschen, die etwas gegen Rassismus haben. Selbstverständlich werden wir es nicht dulden, wenn TeilnehmerInnen sich selbst diskriminierend verhalten, beispielsweise durch mackerhafte Sprüche und sexistische Parolen gegenüber anderen Demonstrierenden oder Außenstehenden.
RechtshilfeWährend der Demo wird ein Ermittlungsausschuss (EA) aktiv sein. Der EA hilft euch, wenn ihr vor, während oder nach der Demo Stress mit der Polizei bekommt, also beispielsweise in Gewahrsam genommen werdet. Ruft den EA an, wenn ihr selbst betroffen oder ZeugInnen seid. Bitte informiert den EA auch dann, wenn ihr wieder aus dem Gewahrsam entlassen werdet.
Telefonnummer: 0341 / 211 93 13 (wird vor Ort auch durchgesagt!)
Wichtig: Um euch und eure FreundInnen nicht zu belasten, müsst ihr jede Aussage gegenüber der Polizei verweigern – das ist euer Recht. Angeben müsst ihr nur, was auf eurem Personalausweis steht. Unterschreibt nichts, sondern gebt Widersprüche gegen alle Maßnahmen zu Protokoll.
Der EA berät und unterstützt euch übrigens auch, wenn ihr im Nachhinein noch unangenehme Post (z.B. Vorladungen von Polizei oder Staatsanwaltschaft) erhaltet. Kontaktmöglichkeiten und Sprechzeiten findet ihr hier.
Demo-Einmaleins
- Sexistisches Gehabe und Macker-Verhalten haben auf der Demo nichts zu suchen. Wenn ihr so etwas beobachtet und/oder euch belästigt fühlt, helfen euch die OrdnerInnen.
- Mit Rücksicht auf die in Sachsen leider übliche Überwachung raten wir euch, überflüssige Mobiltelefone daheim zu lassen oder auszuschalten, solange ihr sie nicht dringend benötigt.
- Die Demo wird von den VeranstalterInnen dokumentiert, ihr könnt eure Kameras also zuhause lassen. Innerhalb der Demo wird nicht gefilmt und fotografiert, denn solche Aufnahmen dienen ausschließlich den Ermittlungsbehörden. Falls ihr euch von euren Kameras nicht trennen könnt, dann dokumentiert einfach die Polizeiarbeit.
- Provokateure und Beamte, egal ob in Uniform oder zivil, haben in der Demo nichts zu suchen. Bitte bleibt immer besonnen und achtet darauf, was direkt neben euch geschieht.
- Kein Alkohol oder andere Drogen, laut Auflagen auch keine Glasflaschen, Hunde und (Passiv-) Bewaffnung. Mit Fahrrädern bitte am Ende der Demo laufen, damit niemand darüber stolpert.
Zoni Weisz, 24.10.12, Berlin, zur Sinti+Roma-Mahnmal-Einweihung
Video: http://www.youtube.com/watch?v=g40SZoMXpSk&feature=youtu.be
Nur durch die Hilfe eines niederländischen Polizisten, der dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus angehörte, gelang Zoni Weisz die Flucht in einen anderen Zug, während der damals Siebenjährige mit ansehen musste, wie seine Familienmitglieder nach Auschwitz deportiert wurden. Dort oder im KZ Mittelbau-Dora wurden sie dann ermordet...
Keine drei Wochen nach der Mahnmal-Einweihung wurden aus Baden-Württemberg Roma ins Kosovo abgeschoben, wo sie Übergriffen ausgesetzt sind!