Auch eine Burschenschaft könnte in jüngst aufgedeckten Rechtsterrorismus involviert sein

Normannia bei Nazi-Demo in Halbe am 13.11.2004

Nur sehr selten und dann auch nur am Rande wird im medialen Wirbel um die aufgedeckte Nazi-Terror-Zelle die Burschenschaft Normannia Jena erwähnt. Dabei war die Burschenschaft eine Zeit lang ein wichtiger Kulminationspunkt von Neonazis mit Abitur in Thüringen. 

 

Die Burschenschaft Normannia Jena entstand 1999 als Abspaltung von der DB-Burschenschaft Jenensia Jena. Konkret waren der Altherrenschaft die Neonazi-Kontakte der aktiven Mitglieder zu unheimlich und offensichtlich, also potenziell karriereschädigend, geworden. So wurde am 14. Dezember 1999 von den herausgeworfenen Jungen die Normannia gegründet, zusätzlich gründete sie den Verein „Jenaische Burse e.V.“, um sich damit die Basis für ein eigenes Verbindungshaus zu schaffen.

Zwar war die Burschenschaft Normannia Jena bei ihrer Gründung verbandsfrei, aber sie wurde 2002 Mitglied der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG), der radikal-völkischen Fraktion innerhalb des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“ (DB). Vermutlich sollte der Beitritt zur BG der vorbereitende Schritt zum Eintritt in die DB sein.
Weiterhin war sie über Kontakte zum Waffenring Halle-Leipzig in das schlagende korporierte Milieu vernetzt.

Die Normannia war relativ klein, sie verfügte lediglich über 13 Aktive und 20 so genannte „Alte Herren“. Da die Normannia eine Neugründung war schlossen sich ihr die „Alte Herren“ aus Sympathie an.   
Als Referenten traten bei der Normannia diverse extreme Rechte auf, darunter auch der Neonazi-Vordenker Jürgen Schwab. Der Vortrag von Jürgen Schwab, gehalten am 8. Mai 2009 bei Burschenschaft Normannia Jena, findet sich auf der Nazinewspage „Freies Netz Süd“. In diesem gibt er sich nicht nur als gläubiger Nolte-Schüler zu erkennen sondern kritisiert den mangelnden nationalrevolutionären Geist, nicht aber den Nationalismus: „Sicherlich, der Nationalstaat und das Volk als Abstammungsgemeinschaft sind nach wie vor Herzensanliegen echter, wahrhafter Burschenschafter bei der Deutschen Burschenschaft.“

Werbung schaltete die Normannia in der Neonazi-Schülerzeitung „Mitteldeutsches Sprachrohr“ und in dem traditionsfaschistischen Magazin „Nation&Europa“, aus dem inzwischen das Hochglanz-Nazimagazin „Zuerst!“ geworden ist, dass in zahlreichen Kiosken zu finden ist. 
Beim damaligen „Nation&Europa“-Verlag in Coburg arbeitete auch Tino Brandt. Tino Brandt, Jahrgang 1975 aus Jena, ist der ehemalige Chef des Nazi-Netzwerkes „Thüringer Heimatschutzes“ (THS), zudem war er 2001 NPD-Landesvizevorsitzender in Thüringen. Gleichzeitig war Brandt von 1994 bis 2001 unter dem Decknamen „Otto“ ein V-Mann des Inlandgeheimdienstes „Verfassungsschutz“. Insgesamt soll Brandt 200.000 DM für seine Spitzeldienste erhalten haben, das Geld soll unter anderem in den „Thüringer Heimatschutz“ weiter geflossen sein. Wie die Medien berichten unterstützte Brandt die drei untergetauchten Rechtsterroristen, die später als „Zwickauer Terrortrio“ oder „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bekannt wurden. Brandt traf sich mindestens bis zum Jahr 2000 mehrmals mit NSU-Mitgliedern und berichtete auch seinen Führungsoffizieren davon, mögliche Zugriffe scheiterten angeblich immer in letzter Sekunde.

Brandt  soll auch an der Spaltung der Burschenschaft Jenensia Jena und an der Gründung der Burschenschaft Normannia Jena entscheidend beteiligt gewesen sein. Ebenfalls in der Burschenschaft Normannia Mitglied war André Kapke, der als ehemaliges Mitglied der „Kameradschaft Jena“ und des „Thüringer Heimatschutz“ immer wieder als potenzieller Unterstützer der Rechtsterroristen von Zwickau genannt wird. André Kapke war auch aktiv in der NPD in Jena und gilt als ein Aktivist des „Freien Netz“. 
Er stammt wie sein Bruder Christian Kapke aus Jena. Auch Christian Kapke ist Mitglied der Burschenschaft Normannia in Jena (BG) und war Ende der 1990er aktiv im „Thüringer Heimatschutz“. Christian Kapke soll an gewalttätigen Übergriffen beteiligt gewesen sein. Später versuchte er sich als Organisator in der rechten Neofolk-Szene. Er gilt als der Organisator der neurechten Lichtreigen / Lichttaufe / Flammenzauber-Veranstaltungen und als Betreiber der NeoFolk-Portale „Lichttaufe.com“ (2001-2006) und „NonPop.de“.  

Eine Zeit lang war das berüchtigte „Braune Haus“ bzw. die Hausgemeinschaft „Zu den Löwen“ (benannt nach der ehemaligen Gaststätte „Zum Löwen“) in Jena-Lobeda Standort der Burschenschaft Normannia Jena. Das braune Haus wurde von Ralf Wohlleben und einem Gesinnungsgenossen angemietet. Auch Wohlleben gilt als potenzieller Unterstützer der abgetauchten Rechtsterroristen. Das „Braune Haus“ stellte bis zu, der von den Behörden auf Grund von Baumängeln erzwungenen, Schließung ein Neonazi-Wohnprojekt und ein wichtiger Veranstaltungsort dar. Hier fanden mehr als 100 Schulungen, Vorträge und Konzerte statt.

Weitere Mitglieder der Burschenschaft Normannia Jena waren:
* Marco Reese; Bundesvorsitzender der „Jungen Witikonen“, Autor in: der „Jungen Freiheit“, „Blauen Narzisse“, „Nation & Europa“ (05/2007), der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“; Unterzeichner der Aufrufe: „Gegen das Vergessen“ (8. Mai 2005), „Akademische Freiheit“; kondolierte im Online-Kondolenzbuch von Jörg Haider, Unterzeichner der Petition für Piusbruderschaft-Bischof und Holocaustleugner Williamson
* Bastian Grösslhuber (* 1982); Landesobmann des „Ring Freiheitlicher Jugend“ in Salzburg, angetreten 2008 zur Nationalratswahl auf Listenplatz 14, angetreten 2009 auf Wahlkreislistenplatz 6 der FPÖ im Wahlkreis Salzburg
* Christian Unkel; seit 2001 Mitglied des Witikobundes, seit 2003 Schriftführer der „Schlesischen Jugend“, Unterstützer von Mechtersheimers „Arbeitskreises unsere Sprache“, aktiv in der „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO)
* Nico Schneider; JN-Mitglied 
* Dr. Heinz-Joachim Schneider; Beisitzer im Bundesvorstand der REPs, Vorsitzender des Landesverbandes der REP Thüringen, REPs-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2009, seit 1998 für die REP Mitglied im Ortschaftsrat Jena-Lobeda
* Marco Tietz (* 1979); JLO-Mitglied, hielt mindestens einen Vortrag im Braunen Haus zum Thema „Erfurter Fürstenkongreß“
* Mirko Kühnel; soll auch Mitglied der pennalen Burschenschaft Theodor Körner Chemnitz sein, Vorsitzender der „Vereinigten Jungen Landesmannschaften“ (Sudetendeutsche Jugend)
* Rick Wedow;  NPD-Mitglied
* Prof. Dr. Klaus Weinschenk (1955-????); Berliner REPs-Landesvorsitzender, unterstützte das „Nationale Bündnis Dresden“
* Peter Dehoust; ehemaliger Herausgeber von „Nation & Europa“
* Dirk Metzig aus Hamburg; ein Vikar der homophoben „Selbstständigen Evangelischen Landeskirche“ (SELK), er war Gründungsmitglied der Normannia, Landesvorsitzenden der „Schlesischen Jugend“ in Thüringen, Vorstandsmitglied des BdV-Landesverband Thüringen, Kontaktmann zum neonazistischen „Thüringer Heimatschutz, demonstrierte 1997 in Magdeburg für die NPD, Kontaktmann zum neonazistischen „Thüringer Heimatschutz“,

Der blutige Feldzug der Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe mit Hilfe eines mindestens 20köpfigen Unterstützer_innen-Netzwerkes hat mindestens zehn Menschen das Leben gekostet. Die Behörden, Medien,  aber auch unabhängige Recherche-Strukturen sind nun aufgerufen alle Hintergründe in diesem Fall zu recherchieren und schonungslos offenzulegen. Dazu gehören auch die möglichen Verbindungen der Nazi-Mörder zur Burschenschaft Normannia Jena. 

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statt "nazi-mörder" würde ich eher sowas wie die "mordenden neonazis" der jüngsten vergangenheit schreiben. ansonsten könnts so mißverstanden werden als hätten sie die alten nazis umgebracht...

wird eh schon leider wieder in den öffentlichen und privaten medien genug von der geschichte verdreht, also lasst uns wenigstens besser selber sorgsam sein.

by the way: ist schon raus ob es wirklich selbstmord der beiden neonazis war?

Laut Angabe der NeoNazi-Anwältin Gisa Pahl vor dem Landgericht Gera ist Rick Wedow seit Ende 2010 ( nach Rücktritt von Wohlleben) neuer Kreisvorsitzender der NPD Jena.

Das ist ja interessant: Der hier genannte Dirk Metzig scheint mir nicht mehr direkt in Hamburg untergekommen zu sein sondern ist mittlerweile bei den Katholiken in Frankfurt untergetaucht... wenn auch ohne Bild und mit Zwischennamen.

Die neuste Ausgabe des Antifaschistischen Infoblattes (AIB) hat den Schwerpunkt "Rechtsterrorismus - Der Nationalsozialistische Untergrund".

www.antifainfoblatt.de

War Vikar der "Selbständig evangelisch lutherischen Kirche", keine Landeskirche, wurde aber dort wegen seiner Aktivitäten nicht übernommen. Evtl ist er bei den Katholiken untergekrochen, was ich aber für unwahrscheinlich halte.

Es gibt ein stillschweigendes Abkommen, dass Bewerber, die in einer Kirche abgelehnt wurden, nicht von der anderen Konfession angenommen werden.