Veranstaltung zur inhaltlichen Vorbereitung der Proteste die Einheitsfeierlichkeiten in Bonn. 23.- 24. September, Autonomes Zentrum Köln. Mit: Tiqqun (Frankreich), Detlef Hartmann (Materialien für einen neuen Antiimperialismus), Terminal 119 (Griechenland), TOP B3RLIN (...umsGanze! Bündnis). Organisiert vom Antifa AK Köln
Die Staatsschuldenkrise in Europa fügt den täglich tausend guten Gründen gegen Staat, Kapital und Nation, noch weitere hinzu: Mittels Schock-Therapien, Entwertungspolitiken, Zerstörung von Sozialgarantien und Aufstandsbekämpfung wird für Viele das Leben noch beschissener, als es unter dem altem Ordnungsgefüge kapitalistischer Ausbeutung ohnehin schon war. Mit der Reorganisierung des kapitalistischen Kommandos über die Gesellschaften werden die „Lebensbedingungen“ den heutigen kapitalistischen Verhältnissen „angepasst“; das verdeutlicht, dass das schöne Leben nur jenseits der herrschenden Gesellschaftsordnung zu haben ist. Mit der Wiederentdeckung der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus verklärt der mediale Diskurs die Krise zugleich als naturwüchsig und schicksalhaft. Neben dieser neuen ideologischen Mobilmachung begegnen zugleich diverse soziale Kämpfe der Reorganisation der kapitalistischen Verwertung in den europäischen Ländern.
Detlef Hartman von den „Materialien für einen Neuen Antiimperialismus“ sieht in den Kämpfen gegen die Entwertungen der Lebensbedingungen eine offensive Manifestation der Herstellung einer neuen Gesellschaftlichkeit von unten. Das Kapitalverhältnis als solches agiert rein defensiv, denn es kann keine Subjektivität herstellen. Jedoch verhindert die verbreitete Stimmung der neoreformistischen Linken, dass die radikale Linke an die Lust des Politischen an der revolutionären Selbstorganisation der sozialen Verhältnisse anknüpft. Die Herstellung einer solchen Lust bleibt aber die Voraussetzung für eine globale, revolutionäre Perspektive auch im Herzen der Bestie (BRD).
Im Moment der „Krise“ sieht die antinationale Gruppe Terminal 119 aus Griechenland, wie der „Patriotismus eine Love-Story“ wird. Die ideologische Verarbeitung der „Krise“ verläuft als das bekannte Gesicht einer Instrumentalisierung der Krise, um die Massen von den nationalen Interessen zu überzeugen und dafür von allen Aufopferung zu fordern – unabhängig von ihrer sozialen Lage bzw. ihrer Klassen- oder Parteizugehörigkeit und anderen Identitäten. Insofern handelt es sich nicht um die „Krise der Gesellschaft“, sondern um eine kapitalistische Reorganisation, verwirklicht durch das Schüren von Rassismus und Ängsten ums Vaterland, die für jede Einzelne und jeden Einzelnen das Maß der Ausbeutung neu aushandelt – jedoch für die Lohnabhängigen immer zum Schlechteren. Hieraus folgt die Notwendigkeit einer Ideologiekritik an der griechisch-nationalen Geschichtserzählung, die sich als Form einer ökonomischen und schicksalhaften Entwicklung verkauft.
Auch für TOP B3rlin (…umsGanze!) ist die Kritik der Nation essentieller Bestandteil einer kohärenten linksradikalen Position. Denn die Identifikation mit dem Herrschaftsapparat Nation wurzelt als ideologischer Reflex und »objektive Gedankenform« (Marx) in den grundlegenden ökonomischen und institutionellen Beziehungen der bürgerlichen Gesellschaft. Jeder relevante politische Konflikt ist national strukturiert. Der autonome Politikansatz distanzierte sich zu Recht von den erbaulichen Mythen linker Politikmacherei: weder »Klasse« noch »Volk« taugen als Subjekte der Emanzipation. Warum, erklärt die Kritik nationaler Ideologie. Insofern war und ist antinationale Kritik ein Fortschritt im Bewusstsein der Unfreiheit. Die Herausforderung besteht nun darin, diese geläuterte Kritik wieder praktisch zu machen. Keine einfache Aufgabe, weil sich diese Praxis gegen die geronnenen Interessen und institutionellen Formen richten muss, in denen Politik für gewöhnlich eingeschlossen ist.
Zugleich verkündet das Organ des Zusammenhangs des Sinns der imaginären Partei (Tiqqun) aus Frankreich: „Eh bien, la guerre!“. Der unsichtbare Beobachter der Situation spricht aus, dass wenn eine Zivilisation ruiniert ist, sein Ruin erklärt werden muss. L‘ historie n‘ est pas finie (die Geschichte ist nicht am Ende), es braucht zunächst unsere Einwilligung. So lange ein einziger freier Mensch existiert, ist dies genug, um zu bekunden, dass die Freiheit nicht tot ist. Die Frage ist demnach nie, wie mit seiner Zeit leben, sondern für oder gegen sie. Der „Ruin der Zivilisation“, den wir miterleben, bedeutet das Ende der Gesellschaft zu fordern – ohne Kompromisse. Denn der Einbruch erfahrener Realitäten lässt die Ethik des Bürgerkriegs zum Ausdruck kommen, die eines Tages den Namen „Unsichtbares Komitee“ erhielt. Rein zufällig machte sich unlängst ein „Unsichtbares Komitee“ zum Chronisten einer Situation: Des kommenden Aufstands.
P R O G R A M M
Freitag, 23. September 2011
18:00: Begrüßung und Klärung technischer Details (Schlafplatzvergabe.)
18:30: “Debtocracy” Filmvorführung
Der in Griechenland produzierte Film versucht den Ursachen der Staatsschuldenkrise in Europa nachzugehen und schlägt „Lösungswege“ aus der Krise vor.
20:00: Just another Question!
Der Antifa AK Köln stellt anhand der Kritik des Films „Debtocracy“ Fragestellungen des antinationalen Seminars vor
22:30: Plätzchen und Kamillentee im Foyer des Autonomen Zentrums
Samstag, 24. September 2011
10 Uhr: Schnittchen und ein Pott Café
11-13 Uhr: Schuldenkrise in Europa und die Praxis der Selbstorganisierung
1. Workshop-Phase:
DETLEF HARTMANN erörtert das neue kapitalistische Kommando in Europa und stellt die Perspektive einer revolutionären Selbstorganisierung zur Diskussion.
13–15 Uhr: Von der Kritik der Politik zurück in die Politik
2. Workshop-Phase:
TOP B3RLIN stellt die Kritik des deutsche Nationalismus im Rahmen von Europäischer Union sowie europäischer Identitätsbildung vor und untersucht die Formen ideologischer Krisenbewältigung anhand des deutschen Standortnationalismus im Kontext der griechischen Staatsschuldenkrise.
15-16 Uhr: Mittagspause
16-18 Uhr: Patriotism in Greece: a Lovestory in Crisis-Times
3. Workshop-Phase:
TERMINAL 119 erörtert die ideologische Krisenverarbeitung in Griechenland.18-20 Uhr: Eine Einführung in die Epoche des Bürgerkriegs
4. Workshop-Phase:
TIQQUN stellt eine Einführung in die Epoche des Bürgerkriegs als Frage nach dem unsichtbaren Komitee vor und problematisiert verschiedene Begriffe und Situationen: Was ist „Politik“ überhaupt? Reproduzieren die Appelle an die Regierungen nicht alte, herrschaftliche Vorstellungen?
20:30 Uhr: One Answer: Communism?
Podiumsdiskussion mit: Detlef Hartmann, Terminal 119, Tiqqun, TOP B3RLIN
Was sind die drängendsten Fragen der sozialen Bewegungen heute und bedürfen Sie einer kommunistischen Antwort? Nach kurzen Inputs gehen wir in die Planung des kommenden Aufstands über.
24:00 Uhr: Das AZ zum Tanzen bringen. Party, Party, Party
Hihi: "Kapitalistische Reorganisation"
Ist das Kapital zur Zeit nicht gut drauf? Geht es ihm etwa schlecht?
Wenn Marx noch leben würde, würde er sich angesichts einen solchen Spruches und der hier angedeuteten Konfusionen umdrehen und rufen Party, Party, Party!
24.9.
Schade, bin an dem Tag schon bei einem anderen Seminar in Köln.
Wäre ansonsten gerne gekommen.
linksunten.indymedia.org/calendar/2011-09-24
Traurig, daß das nicht anders organisiert werden konnte und sich die Termine überschneiden.
Naja,
Das eine Seminar scheint eher etwas mehr Basiswissensvermittlung für Leute zu sein, wobei ich mich da auch gänzlich irren könnte, die erstmal wissen wollen warum sich das kämpfen lohnt, oder die wissen wollen wogegen sich eigentlich zu kämpfen lohnt, oder die das nochmal ganz richtig diskutieren oder ihre eigenen Positionen überprüfen, bzw. diskutieren wollen, und das andere scheint eher eins für Leute zu sein die schon wissen wo sie stehen und die eigentlich schon wissen warum sie am dritten Oktober in Bonn sind und nur nochmal ein bisschen ihre Positionen aufeinander abstimmen oder sich aneinander reiben wollen... Hoffentlich wirds gut da. Lasst es krachen, lasst es knallen, "Deutschland" in den Rücken fallen!