Software unterstützt Demonstranten - Handy schützt vor Polizei

Erstveröffentlicht: 
21.04.2011

Britische Programmierer haben eine Software entwickelt, die davor schützen soll, auf Demos eingekesselt zu werden. Die Infos kann man sich aufs Handy schicken lassen.

 

Gewaltloser Protest heißt nicht, dass auch die Polizei friedlich bleibt. Gerade das Kesseln ist eine bei der Staatsmacht beliebte - und von Demonstranten gefürchtete - Taktik. Die Polizei versperrt alle Straßen und beginnt dann, die Protestierenden an einem Ort zusammenzutreiben. Englische Programmierer begegnen dieser Taktik nun mit Technik. Ihre Software "Sukey" soll Demonstranten davor schützen, eingekesselt zu werden.

 

Über soziale Netzwerke, SMS oder Twitter lassen die Macher von Sukey sich von Demo-Teilnehmern über Bewegungen der Polizei informieren. Daraus erstellen sie eine ständig aktualisierte Karte, die man sich über das Handy anschauen kann. So soll es möglich sein, der Polizei zu entkommen.

 

"Es ist ein Projekt, das protestierenden Menschen helfen soll, sicher, informiert und beweglich zu bleiben", so Sam Gaus, Mitgründer von Sukey.org. Auf dem Handy erscheint eine Karte, auf der sichere Plätze grün markiert werden. Braut sich etwas zusammen, färbt sich die betreffende Stelle auf der Karte gelb. Wenn die Straße ganz blockiert ist, wird deren Markierung rot. Die Karte lässt sich auch in einen Kompass wandeln, der mit einem grünen Pfeil auf den sichersten Weg weist.

 

Der Name des Programms "Sukey" stammt aus einem alten englischen Wiegenlied. Zwei Geschwister spielen. Die eine, Polly, setzt den Kessel auf den Ofen. Ihre Schwester Susan, auch Sukey genannt, nimmt den Kessel wieder runter.

 

Das Sukey-Team war schneller

Getestet wurde das Programm erstmals am 29. Januar in London. Eine große Gruppe demonstrierte vor der ägyptischen Botschaft. Die Polizei versuchte zu kesseln. Sie begann, alle Zufahrten zu besetzen, ließ keine Menschen mehr heraus. Bald wäre sie vorgerückt. Doch diesmal war das Sukey-Team schneller.

 

Einige Demonstranten bemerkten die Pläne der Polizei und schickten die Informationen an die Mitarbeiter in der Zentrale. Diese sammelte die Informationen, markierte die bereits verschlossenen Wege und aktualisierte so ihren Kartendienst. Alle Abonnenten von Sukey konnten sehen, welche Ausgänge noch frei waren. Über Mundpropaganda wurde auch der Rest der Demo-Teilnehmer informiert und die Protestierenden flohen durch die noch offenen Wege. Der Kessel konnte nicht "aufgesetzt" werden. Das Programm hat funktioniert. Dabei steckte das Projekt noch in den Kinderschuhen.

 

"Das war ein erster großer Erfolg", so Entwickler Gaus, auch wenn er nicht sicher sein könne, dass allein ihre Software das Kesseln verhindert hätte. Damals wäre der Lageplan noch sehr langsam aktualisiert worden, heute würde das schneller gehen. Auch einen Kompass hätte es damals nicht gegeben. Gaus hofft, dass Souky in Zukunft alleine von den Demonstranten organisiert werden könne.

 

"Es ist wichtig, dass das Programm eines Tages ohne Zentrale funktioniert", sagte Gaus. Dies sei besonders entscheidend in Ländern, die keinen so sicheren Rechtsstaat, wie das Vereinigte Königreich hätten. Sonst wären die Menschen, die dort die Karte erstellten, einer zu großen Gefahr ausgesetzt. Ganz ohne Grund sind diese Befürchtungen nicht. Denn selbst in der USA wurden schon Menschen aus ähnlichem Grund verhaftet.

 

Beim G20-Protest 2009 in US-amerikanischen Pittsburgh wurden zwei Aktivisten unter dem Vorwurf verhaftet, sie würden eine Demo via Twitter lenken. Durch Kurznachrichten über Einsatzorte und Bewegungen von Polizeieinheiten sollen sie nach Darstellung der Behörden das Verhalten der Protestierenden gesteuert haben. Darum hätte die Polizei die Demonstration nicht wie geplant auflösen können. Noch während der Demo stürmte die Polizei das Hotelzimmer, in dem die beiden Aktivisten arbeiteten. Sie wurden gefangen genommen und ihnen drohte eine Anklage. Zwar wurden die beiden später wieder frei gelassen und gewannen auch den folgenden Prozess. Trotzdem bleibt, dass Menschen verhaftet wurden, weil sie eine Demo übers Interent gelenkt haben sollen. Auch bei Sukey bringt sich ins Visier der Fahnder, wer sich beteiligt.

 

Die Polizei kann die Mobilfunknetze abschalten

"Es fallen immer Daten an, mit denen die Anonymität aufgehoben werden kann", sagt Andreas Bogk, Sprecher des Chaos Compouter Club (CCC). Zwar schrieben die Autoren der Software, die Daten würden verschlüsselt, doch sei es bei Sukey generell nicht anderes als twitterte man bei einer Demonstration.

 

Auch kann die Polizei natürlich auf der App mitlesen oder Fehlinformationen streuen. Das Programm zu blockieren ist für sie auch nicht sonderlich schwer. Etwa durch "Abschaltung der Mobiltelefonnetze", so Bogk. Wer das nun für eine Methode hält, die in Deutschland nicht legal wäre, der irrt sich.

 

Rheinland-Pfalz etwa erlaubt es der Landespolizei seit letztem Sommer Mobilfunknetze abzuschalten. "Die Polizei wird zur Unterbrechung oder Verhinderung der Telekommunikation ermächtigt, um dadurch in besonderen Gefahrenlagen besonders wichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben oder Freiheit einer Person effektiv schützen zu können", heißt es in einer Gesetzesnovelle vom 19.08.2010. Begründet sei dies durch neue Gefahren, "wegen der zunehmenden Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechniken".

 

Würde die Polizei es für nötig erachten, dürfte sie in Mainz die Handynetze abschalten. Dann könnte auch Sukey keinen Ausweg mehr zeigen.

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Für den Fall einer Blockierung der Mobiltelefonnetze wäre es für die Demonstranten ein "Gewinn" wenn dann irgendwo in dem Bereich jemand verreckt (Unfall, Herzinfarkt...) der keinen Notarzt rufen konnte.....

Gegen das abschalten der Mobiltelefonetze gäbe es eine möglichkeit.
Man müsste die Daten per PMR oder CB-Funk analog wie eine Modemverbindung ("kreischend") übertragen, und die Nutzer stecken den Kopfhörerausgang des Funkgerätes in den Mikroeingang des Smartphone (evtl. mit einem Kabel dass den ÜPegel reguliert). Dann muss nur noch eine App die Signale in Datem demodulieren.
Wenn sie sich darauf einrichten, könnten sie natürlich auch diese Frequenz stören.
Und gerade bei PMR/CB wird das niemand Offizielles stören...

Denkbar wäre eine Verschlüsselte Liste von Frequenzen in der App die wenn eine Frequenz keine Daten liefert automatisch auf die nächste wechselt. Ein wenig wie bei Garagentoröffnern.
CB und PMR könnten da evtl. nicht reichen. Amateurfunker könnten auch senden. Empfangen darf deren Sendungen ja jeder mit einem Funkscanner.
Ob sich die ganze Sache lohnt ist eine andere Sache. PMR oder CB kann man noch billig als Empfänger auftreiben. Sich einen Scanner zuzulegen kostet ein paar Euro mehr. Damit hätte man aber auch PMR und CB abgedeckt.


Im gegensatz zum Mobilfunk funktioniert wäre das aber Individualfunk.
Die könnten keine Basisstationen abschalten (Funkzellen der Mobiltelefone), auch wenn sie stören, kann noch etwas durchkommen. Wäre auf jeden Fall viel komplizierter als mal eben Mobilfunkprovidern die Anweisung zu geben einen bereich abzuschalten.
Von daher hätte die Sache ein gewisses Potential. Auch wenn es nur über CD/PMR läuft.
Die Datenrate kann wohl sehr gering sein, da könnte man die Modulation sehr robust gegenüber Störungen halten. Am simpelsten wären Signale ähnlich Morsezeichen, nur ein/aus.
Da könnte eine App auch eine verschlüsselte Vorabliste mit Tonfrequenzen zu verschiedenen mit der Funkzeit (lässt sich ja per Mobilfunkinternet abgleichen) abgeglichenen Zeiten haben.