Am 25. und 26. Februar 2011 fand ein erster gemeinsamer Aktionstag gegen miese Arbeitsbedingungen bei OBI statt. In mehreren Städten der BRD und Polens protestierten Beschäftigte und UnterstützerInnen vor OBI Märkten und verteilten dort Flugblätter an Beschäftigte und KundInnen. Konkreter Anlass für die Aktionen sind u. a. Repressalien gegen gewerkschaftlich aktive ArbeiterInnen bei OBI im polnischen Krakow. In der BRD werden die Proteste gegen die Arbeitsbedingungen bei OBI unterstützt von der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft »Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter Union« (FAU-IAA), in Polen vom »Zwiazek Syndykalistów Polski« (ZSP-IAA). Der nachfolgende Beitrag erläutert die Hintergründe des Konflikts und stellt exemplarische Beispiele aus dem Aktionstag vor.
Was ist los bei OBI?
In den vergangenen Monaten gab es einige Unruhe in OBI-Märkten in
verschiedenen polnischen Städten. ArbeiterInnen hatten in einem
OBI-Baumarkt in Krakau eine Gewerkschaft gegründet und das Management
war dagegen vorgegangen. Seit dieser Zeit gab es mehrere
Solidaritätsaktionen und erste Schritte hin zu einer Vernetzung in
mehreren polnischen Städten. In unterschiedlichen Medien haben
ArbeiterInnen damit begonnen, sich öffentlich über die
Arbeitsbedingungen bei der deutschen Baumarkt-Kette zu beschweren. OBI
gehört mehrheitlich dem TENGELMANN-Konzern, einem Multi mit tausenden
von Fachmärkten in verschiedenen Ländern.
Als Reaktion auf die Organisierungsversuche und auf einen
Forderungskatalog, hat sich in den letzten Wochen die Situation
insbesondere in Krakow verschärft. Es gab weitere Repressalien und es
gibt Gerüchte, dass ein neues Management eingesetzt werden soll, dem der
Ruf vorauseilt, es handele sich um »Union-Buster«, also um Manager, die
dafür berüchtigt sind, gegen gewerkschaftliche Organisierung
vorzugehen. Eine detaillierte Übersicht über den bisherigen Verlauf der
Auseinandersetzungen und die Forderungen polnischer OBI-Beschäftigter,
wurde in einem Beitrag auf der Website der FAU veröffentlicht.
In Polen gab es Anfang Januar erste Protestaktionen, u.a. in Warszawa und Wroclaw,
gegen die Zustände bei OBI. Auch der Prozess einer gefeuerten
Beschäftigten, die auch nach ihrer Entlassung offensichtlich weiter
schikaniert wurde, war von Protesten
begleitet. Nachdem polnische OBI-KollegInnen um Unterstützung auch aus
der BRD - wo sich der Stammsitz des Konzerns befindet - gebeten hatten,
organisierten lokale Gewerkschaften der FAU am 12. Februar 2011 erste
Solidaritätsaktionen bei OBI-Märkten in Hamburg-Harburg und Wiesbaden.
Beide Aktionen zeigten, dass sich sowohl OBI-Beschäfigte als auch
KundInnen sehr für die Arbeitsbedingungen interessieren und sehr gereizt
auf Versuche von Drangsalierung reagieren. Auch die KollegInnen bei OBI
in Krakow haben sich sehr über die Aktionen gefreut und gemeinsam
entstand die Idee, der OBI-Konzernleitung zunächst mit einem ersten
Aktionstag in der BRD und Polen noch einmal nahe zu legen, die
Forderungen der Beschäftigten zu erfüllen und sofort jede Repression
gegen die Belegschaften zu beenden.
Eine Neuauflage des »Falles PLUS«?
Welche Wirkung globale Solidarität unter ArbeiterInnen erzeugen kann,
wenn Gewerkschaften beteiligt sind, die nicht nur aus aktionsunwilligen
Funktionärsapparaten bestehen, hat der Tengelmann-Konzern bereits vor
einigen Jahren erfahren müssen: Als im Jahr 2006 die Arbeiterin Fátima
Fernandéz in einem PLUS-Markt der spanischen Stadt Sevilla zuerst von
der Filialleitung drangsaliert und dann gefeuert wurde, organisierten
die FAU und weitere UnterstützerInnen Solidaritäts-Aktionen
vor mehr als 70 PLUS-Märkten in mehreren dutzend Städten der BRD. Der
TENGELMANN-Konzern, zu dem damals auch PLUS gehörte, sah sich
schließlich veranlasst, die Filialleiter flächendeckend vor möglichen
weiteren Aktionen zu warnen. Man war damals in der Mülheimer
Konzernzentrale über einen möglichen Imageschaden offenbar so besorgt,
dass eine Delegation der FAU eingeladen wurde, um zu sondieren, warum
man in Deutschland Ärger bekommt, wenn man in einer spanischen Filiale
einer gewerkschaftlich aktiven Beschäftigten kündigt. Die FAU hat
TENGELMANN seinerzeit versucht deutlich zu machen, dass so etwas eben
von so etwas kommt und dass es für TENGELMANN nur eine Möglichkeit gibt,
sich vor weiteren Aktionen zu schützen - nämlich die Lösung des
Konfliktes vor Ort in Spanien.
Wie sich der weitere Verlauf in Sachen OBI entwickelt, wird natürlich in
allererster Linie von den Wünschen der polnischen Beschäftigten nach
weiterer Solidarität abhängen. Und in diesem Rahmen natürlich auch vom
Verhalten der Filialleitungen in den polnischen OBI-Märkten und von den
Direktiven der TENGELMANN-Konzernzentrale in Mülheim an der Ruhr. Nicht
nur hierzulande besteht die Möglichkeit und der Wille,
Solidaritätsaktionen massiv auszuweiten. Auch aus anderen europäischen
Ländern, in denen Tochtergesellschaften des TENGELMANN-Konzerns Märkte
betreiben, gibt es mittlerweile Anfragen, ob Unterstützung gewünscht und
benötigt wird.
Und Action!
Aachen | 26. Februar 2011
Mitglieder der FAU Aachen verteilten Flugblätter mit Infomationen über
die Zustände bei OBI in Polen an Beschäftigte und KundInnen des Aachener
OBI-Marktes.
Berlin - Prenzlauer Berg | 25. Februar 2011
Rund 20 Mitglieder der FAU Berlin und der ASJ Berlin
(Anarchosyndikalistische Jugend Berlin) halten eine
Solidaritätskundgebung für die KollegInnen bei OBI Krakow vor dem
OBI-Markt Ostseestraße ab. Das Interesse bei Belegschaft und KundInnen
war groß, es gab etliche Nachfragen und reichlich Zustimmung. Die
angemeldete Kundgebung verlief ohne jede Probleme.
Bonn-Bad Godesberg | 26. Februar 2011
In Bonn beteiligten sich Mitglieder der lokalen FAU und der Bonner ASJ
an einer Aktion bei OBI in Bad Godesberg. Zwei Leute, die im Markt Flyer
verteilten erhielten umgehend Hausverbot, was lediglich dazu führte,
dass vor und auf dem Parkplatz um so mehr Flyer den Besitzer wechselten.
Bei den KundÍnnen kam die Aktion sehr gut an, sehr zum Missfallen des
fünf bis sechs Personen starken Observationsteams aus Filialleitung und
Security, welches das Verteilen der Flugblätter mit Argusaugen
beobachtete.
Freiburg / Breisgau | 26. Februar 2011
In Freiburg waren es rund ein Dutzend Mitglieder der dortigen FAU und
weitere UnterstützerInnen, die mehr als eine Stunde lang mehrere hundert
Flugblätter am südlichen Freiburger OBI-Markt verteilt haben. Auch in
Freiburg gab es reges Interesse, ganz besonders auch von Seiten der
Belegschaft, von denen sich etlich gleich noch Flugblätter zum
Weitergeben abholten, nachdem sie erfahren hatten, dass es sich um eine
gewerkschaftliche Aktion handelt. Der Filialleiter sprach relativ
schnell ein mündliches Hausverbot aus. Als die AktivistInnen ein
Hausverbot in Schriftform verlangten, erschien nach einer Weile eine
Einsatz-Wanne der Polizei. Dennoch ging die Aktion ganz stressfrei zu
Ende und wird sicherlich auch noch eine Weile nachwirken, da bei der
Belegschaft ausreichend Flyer für weitere Diskussionen zirkulieren.
Halle / Saale | 26. Februar 2011
In Halle verteilten Mitglieder der lokalen FAU Gewerkschaft mehrere
hundert Flyer an Beschäftigte und KundInnen des dortigen OBI-Marktes.
Das stieß bei den Leuten, die die Informationen entgegen nahmen auf
reges Interesse und es gab viel Zuspruch. Das wiederum versetzte die
Geschäftsführung des Marktes in helle Aufregung. Zunächst wurde damit
gedroht, den Betriebsrat zu holen. Dieser stand jedoch nicht zur
Verfügung, deshalb drohte man stattdessen mit der Polizei, die
allerdings auch nicht erschien. Der sichtlich erregte Filialleiter
erklärte schließlich, man habe eine Auszeichnung als Deutschlands bester
Arbeitgeber und was bei OBI in Polen passiere, interessiere ihn nicht.
Nachdem alle Flugblätter verteilt waren und nach diversem Zuspruch wurde
die Aktion schließlich beendet.
Hamburg-Harburg | 26. Februar 2011
Gegen 13.00 Uhr begann vor dem OBI in Hamburg-Harburg eine angemeldete
Kundgebung zu den Zuständen bei OBI. Rund ein Dutzend Mitglieder der FAU
aus Hamburg und Kiel hatten sich mit Transparent und Flyern am
Haupteingang postiert und verteilten zwei Stunden lang bei ausgesprochen
gutem Wetter Flyer an Passanten und KundInnen, die mit dem Auto auf den
OBI-Parkplatz fuhren. Nachdem auch im OBI-Markt größere Mengen
Flugblätter in den Regalen und auf den Infotischen auftauchten, wurde
ein Hausverbot ausgesprochen und die anwesende Polizei kündigte an, die
Versammlung im Falle einer Wiederholung auflösen zu wollen. Der weitere
Verlauf gestaltete sich jedoch reibungslos und um 15.00 Uhr war die
Aktion beendet.
Hilden | 26. Februar 2011
Mitglieder der FAU aus dem Bergischen Land verteilten Flyer im OBI-Markt
in Hilden. Es gab Gelegenheit mit den Beschäftigten zu diskutieren, bis
schließlich die Filialleitung auflief, um ein Hausverbot auszusprechen.
Für das Betriebsklima bezeichnend könnte allerdings sein, dass manche
ArbeiterInnen zwar interessiert zuhörten, aber Angst hatten, mit einem
Flugblatt gesehen zu werden.
Opladen | 26. Februar 2011
Auch im nordrhein-westfälischen Opladen wurden Flugblätter beim dortigen
OBI-Markt verteilt. Anders als bei allen übrigen Informationsaktionen,
scheint es in der dortigen Filiale leider den einen oder anderen
Mitarbeiter zu geben, der sich Lieb Kind beim Chef muss und unbedingt
die Flugblatt-Verteiler filmen wollte. Na ja, es kann nicht nur Kollegen
geben...
Recklinghausen | 26. Februar 2011
Am OBI-Markt in Recklinghausen wurden durch Mitglieder der FAU
Gewerkschaften in Dortmund und Düsseldorf und der ASJ Herne /
Recklinghausen mehrere hundert Flugblätter an Beschäftigte und KundInnen
verteilt. Schon nach wenigen Minuten wurden die KollegInnen des Lades
verwiesen. Der Filialleiter hätte gerne die AktivistInnen nicht nur des
unmittelbaren Geländes sondern gleich des ganzen Gebietes verwiesen, er
musste erst durch die eilends herbei gerufene Polizei darüber aufgeklärt
werden, dass OBI nicht die ganze Stadt gehört. So musste er letzlich
zähneknirschend hinnehmen, dass am einzigen Zugang zum Parkplatz
weiterhin Flugblätter an die vielfach interessierten KundInnen verteilt
wurden.
Rüsselsheim | 26. Februar 2011
Mitglieder der FAU-Syndikate aus dem Rhein-/Main-Gebiet verteilten
innerhalb kurzer Zeit mehr als 500 Flugblätter rund um den OBI-Markt in
Rüsselsheim. Die Reaktionen waren sehr positiv, die Aktion musste
abgebrochen werden, weil es zu wenige Flugblätter für alle
InteressentInnen gab. Einzig der Filialleiter war wenig erfreut.
Vermutlich auch deswegen, weil das ausgesprochene Hausverbot lediglich
dafür sorgte, dass die KundInnen direkt bei der Einfahrt zum Markt ihre
Scheiben herunter kurbelten, um die Flugblätter entgegen zu nehmen.
Solingen | 26. Februar 2011
Die FAU Solingen verteilte Flugblätter in der dortigen OBI-Filiale, bis
nach einer Zeit ein Mitglied der Filialleitung sehr ruppig ein
Hausverbot gegen die GewerkschafterInnen aussprach.
Aktionen in Polen | 26. Februar 2011
In Polen gab es zeitgleich Aktionen vor OBI-Märkten in Warszawa, Wroclaw, Krakow, Czestochowa, Katowice, Dabrowa Gornicza und
Gorzow. Dabei wurden hunderte von Flugblättern an die
ArbeiterInnen, KundInnen und PassantInnen verteilt. Viele von ihnen
drückten ihre Unterstützung für die Forderung der Beschäftigten nach
besseren Arbeitsbedingungen aus.
In Krakow wurde in zwei OBI-Märkten verteilt, darunter
demjenigen, in dem es die meisten Konflikte gibt. Die Filialleitung
schickte Security, die versuchte, die Leute einzuschüchtern und Fotos
von ihnen machte. Auch in Dabrowa Gornicza gab es
Ärger. Der dortige Filialleiter rief die Polizei, die mit zwei
Einsatzfahrzeugen erschien und die Personalien von GewerkschafterInnen
aufnahm.
In Warszawa wurden Flugblätter bei der Filiale
verteilt, in der sich auch die zentrale Verwaltung von OBI Polen
befindet. Das Management schickte jemanden, um mit den KollegInnen der
ZSP zu sprechen. Es gab auch Gespräche mit ArbeiterInnen, die allerdings
sehr darauf bedacht waren, dass sie dabei nicht gesehen wurden. Sie
hatten offensichtlich Angst vor ihren Bossen. Von den KundInnen gab es
viel positiven Zuspruch.
Auch in Wroclaw gab es überraschend viel Zuspruch. So
gab es immer wieder KundInnen, die hupend an den AktivistInnen vorbei
fuhren, nachdem sie ein Flugblatt erhalten hatten.
In anderen Städten verlief das Verteilen der Flugblätter ohne größere
Vorkommnisse. In einer Reihe von Städten sind auch für die nächsten Tage
noch Aktionen geplant. In Oberschlesien und der Region Malopolska,
haben sich an den Aktionen neben der ZSP auch Leute von der
Anarchistischen Föderation und der Arbeiterinitiative (IP) beteiligt.
Heute ist nicht alle Tage...
Zum Abschluss des gelungenen ersten gemeinsamen Aktionstages bedankten
sich die ArbeiterInnen aus dem OBI Markt in Krakow bei der FAU
ausdrücklich für deren Unterstützung. OBI-Beschäftigte, KundInnen und
andere UnterstützerInnen, die sich an evt. weiteren notwendigen Aktionen
beteiligen oder Informationen über die Zustände bei OBI verbreiten
möchten, können unter mobbi[ at ]fau.org Kontakt zur nächstgelegenen
Gewerkschaft der FAU aufnehmen.
OBI-Sonderseite auf www.fau.org
mOBIng | Blog zu den Zuständen bei OBI
OBI Verdi Infoblog von ver.di-KollegInnen zum Thema OBI
FAU-Aktionstag auch in RE/Ruhr
An einem Aktionstag (25.+26.02.) zur Unterstützung von Arbeitskämpfen in Polen, die sich gegen die OBI-Gruppe richten, haben sich in Deutschland und Polen hunderte von Anarchosyndikalist_innen mit den Betroffenen solidarisiert. Auch im Ruhrgebiet gab es Proteste vor einem OBI-Baumarkt in Recklinghausen. (...)
http://autonomelinkeruhr.wordpress.com/2011/02/27/fau-aktionstag-auch-in...