1. Freiburger Mieten-Stopp-Fahrradrallye

Mieten-Stopp-Fahrradrallye

Am 15. Oktober radelten knapp 50 Menschen gegen steigende Mieten und die unsoziale Wohnraumpolitik in Freiburg. Um etwa 18:20 begann die Aktion mit einer Kundgebung vor dem Stadttheater. Nach einer knapp zweistündigen Tour endete die Raddemo auf der KaJo in der Innenstadt, ohne nennenswerte Zwischenfälle.

 

Nach einer Einführung zum warum dieser ersten Freiburger Mieten-Stopp-Rallye, begann die Versammlung mit etwa 35 TeilnehmerInnen unangemeldet am Theater. Einige Transparente schmückten den Theatervorplatz. Ein erster Redebeitrag drehte sich unter anderem um die Politik der Freiburger Stadtbau (FSB) und den Immobilien-Dealer Sauer, und kritisierte die kapitalistische Verwertungslogik rund um das Grundbedürfnis Wohnen.

 

Die Raddemo startete gegen 18:30 mit gemütlicher Musik, von zahlreichen Motorad-, Fahrrad- und Wannenbullen begleitet, über Rotteckring und Rempartstraße zum Holzmarkt. Danach ging es über das Ordnungsamt an der Johanneskirche die Baslerstraße hinunter, bis zum Quartier „Westlich der Merzhauser Straße“. Dort gab es Redebeiträge von drei Mieterinnen, die unter der Gentrifizierung des Stadtteils zu leiden haben. Kapitalistische Akteure sind hier unter anderem die Freiburger „Sauer GmbH“ und „Südwestdeutsche BauUnion“. Pyrotechnik verschönerte die Kundgebung, die nach etwa zwanzig Minuten endete.

 

Bei eingebrochener Dunkelheit ging es dann über die Merzhauser- und Kronenstraße durchs Sedanviertel. Unter anderem wurden Parolen wie „Hop-Hop-Hop – Mieten Stopp!“, „Mir sinn' keine Präsidente – das glaubt doch nur die Polente!“ (Gruß an die Mopped-Cops) oder das klassische „Miete verweigern, Kündigung in's Klo – Häuser besetzen, so wie so“ skandiert. Die Demo ging weiter über Konzerthaus und Hauptbahnhof und entlang dem Friedrichsring, wo derzeit vor allem die Baugruppe um Peter Umüssig ihr Unwesen treibt.

 

Zum Schluss wurde vor dem symbolischen Regierungspräsidium auf der KaJo ein Redebeitrag zur (Wohn-)Situation der Flüchtlinge gehalten. Die Aktion endete hier, nicht ohne die Ankündigung, dass wir erneut gegen die kapitalistische Wohnraumpolitik und für eine solidarische Gesellschaft auf die Straße gehen werden.

 

Alles im allem gelang es eine nette 1. Freiburger Wohnraum-Polit-Rad-Rallye durchzuführen. Die Bullen hielten sich nach der Repression der gestrigen Nacht verhältnismäßig zurück. Über 500 ausführliche Flugblätter wurden entlang der Route verteilt. Die Bullen trugen mit Sirenen, Motorädern, Lichteffekten und großzügigen Straßensperrungen zur Wahrnehmbarkeit der Aktion bei. Viele Menschen konnten das Anliegen der DemonstrantInnen nachvollziehen, die Rückmeldungen waren fast ausschließlich positiv.

 

Bis zur nächsten Mieten-Stopp-Demo - Für eine solidarische Wohnraumpolitik!

 

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Am heutigen Freitag startet um 18 Uhr eine Radrallye zur Wohnsituation in Freiburg. Motto ist Wohnen im Kapitalismus - Wohnen in Freiburg. Zwei Freiraumaktivisten berichten uns über Ausgrenzung, hohe Mieten und Gegenaktionen in Freiburg...

RDL | Aktionstage und Radrallye zur Wohnungssituation in Freiburg

In den vergangenen Jahren hat sich die Lage auf dem Freiburger Wohnungsmarkt für vie­le weiter verschlechtert. In vielen Stadtteilen, aktuell wieder in Weingarten, verschärft sich die Situation aufgrund der »Mieterhöhungspolitik« des nach wie vor größten Freiburger Wohnungsbauunternehmens, der Freiburger Stadtbau. Immer öfter haben wir es als Mie­terInnen mit der Immobilien-/Wohnungs-Bau GmbH Sauer zu tun.

Im Kern spiegelt sich in der Situation auf dem Wohnungsmarkt die Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche wider: Zugang und Verfügung zum Wohnraum unterliegen im Kapitalismus Zwängen der Verwertungs- und Profitlogik. Mit unseren grundlegenden Bedürfnissen »muss« in dieser Gesellschaft Geld gemacht werden, um daraus mehr Geld zu machen. Uns wird über die Miete bis zu 50% des Einkommens aus der Tasche gezogen. Hartz IV-BezieherInnen droht bei steigenden Mieten ein vom Arbeitsamt verordneter  Wohnraumwechsel. Das setzt die Leute unter Dauerstress. Für die Mehrheit der RentnerInnen kann von einem »ruhigen Lebensabend« nicht die Rede sein. In dieser Gesellschaft ist auch das Alter von existentiellen Sorgen geprägt: kann die Wohnung gehalten werden, oder wie wird mensch im Falle einer Krankheit versorgt oder gepflegt!? Der in den letzen Jahren immer breiter gewordene »Niedriglohnsektor« zwingt viele dazu, mehrere schlecht bezahlte Jobs zu kombinieren, um über die Runden zu kommen. Die versprochene Erhöhung des Wohngeldes wurde gerade wieder kassiert. Gesellschaftliche Polarisierung und soziale Selektion sind die politischen Leitlinien der Herrschenden: Hartz-IV Bezieherinnen wurde gerade mit der »5-Euro Erhöhung« frontal ins Gesicht getreten. Sie sollen gar nicht mehr »konsumieren«, oder am sog. »Aufschwung« teilnehmen.

Die vermeintliche »Schwarzwald-Idylle« Freiburg will sich als Standort für finanziell Gut-Gestellte anbiedern. Die Stadt präsentiert sich dabei gerne als »alternativ, grün, fortschrittlich und gesund«.

Die soziale Situation ist eine andere! Um unserer Wut Ausdruck zu verleihen, werden wir Stationen der Freiburger Wohnraumpolitik ansteuern und uns dort zu Wort melden.

 

... Beispiel für die mieterfeindliche Profitlogik

Die Stadtbau ist eine Macht auf dem Freiburger Wohnungsmarkt.
Mit fast 9.000 Wohnungen kontrolliert sie jede achte Mietwohnung in dieser Stadt.


Die Stadtbau ist vor allem ein Unternehmen.
Ein Unternehmen, „das unter wirtschaftlichen Zielsetzungen zu führen ist und Einnahmemöglichkeiten, auch im Mietbereich, im Rahmen der Gesetze und Möglichkeiten ausschöpfen soll“.
So steht es in den Grundsatzpapieren aus den Jahren 2001 und 2006, die vom Gemeinderat gebilligt wurden. Auch die SPD, die jetzt auf Opposition macht, hat dieser Ausrichtung damals zugestimmt.

Die Methoden des städtischen Wohnungsbauunternehmens unterscheiden sich in einigen Nuancen von privaten Unternehmen wie z.B. der einschlägig bekannten Firma Sauer Immobilien.Sauer terrorisiert seine Mieter durch bewußt extralaute und dreckige Umbauten, bedroht sie mit Kündigungen und schickt auch schon mal finster blickende Leute vorbei.

Die Ziele von Stadtbau und Sauer sind allerdings dieselben: Gewinn aus den Wohnungen rausholen. 

Was tut die Stadtbau? Sie
reißt billigen Wohnraum ab, der angeblich nicht mehr zeitgemäß ist, wie z.B. im Spittelackerweg vor einigen Jahren
verkauft unrentable Wohnungen, allein 1.400 Stück in den Jahren 2001 bis 2005 an den Mietwohnungsgiganten Gagfah
treibt die Mieten durch Zwangssanierungen im großen Stil um bis zu 40% hoch, wie z.B. in der Fehrenbachallee, was jede fünfte Bewohnerin aus finanziellen Gründen zum Ausziehen zwingt.
baut mithilfe von Landesmitteln neue Wohnungen, die entweder verkauft oder zu hohen Preisen vermietet werden.
erhöht die Mieten, wo immer es geht, natürlich „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten“ und mithilfe des Mietspiegels, der von fast allen Gemeinderatsfraktionen bereitwillig abgenickt wurde.

Aktuelles Beispiel für die ekelhafte Politik der FSB ist die Situation in Weingarten:
Dort wurde Ende 2007 bei über 1.000 Wohnungen die Miete um 20% erhöht. Nur wenige Tage vorher war der Verkauf der Stadtbau durch den Bürgerentscheid verhindert worden.
Drei Jahre später geht es jetzt in die nächste Runde: diesmal wird die Miete um 10% erhöht – und das für Wohnungen, die immer noch in einem beschissenen Zustand sind: Schimmel an den Wänden, wellige Fußböden, undichte Fenster...
Viele der betroffenen MieterInnen haben sich in einer Initiative organisiert, von knapp 750 Betroffenen verweigern 350 bisher die die nötige Zustimmung zur Mieterhöhung.
Auf einer Versammlung in Weingarten Mitte September herrschte gute Stimmung. Das Motto war: ob die FSB jetzt tatsächlich 350 Mietparteien verklagen wird, das wollen wir doch mal sehen.

Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen: Sich selber organisieren, die eigenen Bedürfnisse ausdrücken und ohne Kompromisse durchkämpfen, das ist die einzige Sprache, in der wir uns verständlich machen können.

Mir ist zu Ohren gekommen das die FSB die Tage bereits MieterInnen in Weingarten verklagt hat. Keine genauere Infos, aber sie tun es scheinbar doch so wie es aussieht!

Jeamand mehr Ahnung!?

Selbstgeschaffene Sachzwänge und Verwaltung des Mangels

 

Erklärt wird uns die Wohnungsnot in Freiburg mit einer übergroßen Nachfrage, der ein zu geringes Angebot gegenüberstehe. Der Markt soll’s also richten, doch es ist genau die Marktlogik, die halbwegs bezahlbare in teuere Wohnungen umwandelt. Während also ein gutbetuchtes Klientel komfortabel wohnt, fährt der Rest samstags die Elenbogen aus, um sich in den Kampf um die verbliebenen Wohnungen zu stürzen.

Es ist diese Marktlogik, die auf verschiedene Weise eine gigantische Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums bewirkt, was wiederum die kommunalen Haushalte an den Rand des Ruins bringt. In der Folge hat auch die Stadt Freiburg die Verabschiedung aus dem sogenannten sozialen Wohnungsbau längst nachvollzogen. Nicht nur wurden in den vergangenen Jahrzehnten praktisch kaum mehr neue Sozialwohnungen gebaut, sondern die Bestehenden Stück für Stück verkauft. In dieser Situation verwaltet kommunale Wohnraumversorgung nur noch den Mangel und spielt die Interessen verschiedener Gruppen von Mietern gegeneinander aus. Jüngstes Beispiel ist das Mobbing und die Kündigung von MieterInnen im städtischen Mietswohnhaus Wonnhalde 1a, wodurch Platz für Flüchtlingsfamilien entstehen soll. In der Praxis tut kommunale Wohnpolitik nichts dafür, MigrantInnen die beengten und unwürdigen Bedingungen der Heimunterbringung zu ersparen. Doch hier dient plötzlich die Moralkeule dazu, unliebsame MieterInnen zu mobben, die zuvor Abriss und Verkauf des Wohnhauses verhindert hatten.

Hier zeigt sich, wie Wohnraumpolitik den kapitalistisch erzeugten Mangel an Wohnungen nur noch aggressiv verwalten kann, in dem sie die Bedürfnisse verschiedener sozialer Gruppen gegeneinander ausspielt. Es kommt also darauf an, diese Logik zu durchschauen und zu durchbrechen.