Vom 17. bis zum 20. Juni fand in Barcelona ein europäisches Treffen über die Praxis der Besetzung statt. Mehr als hundert Leute nahmen an verschiedenen Diskussionen teil, die im besetzten sozialen Zentrum Laforsa (41 av. de la Fama, in Cornellà de Llobregat in der Agglomeration Barcelonas) stattfanden, das seit ungefähr einem Jahr besetzt ist. Diese ehemalige Fabrik wurde schon Ende der 70er Jahre während mehreren Monaten von Arbeitern, die dort schufteten, besetzt und wurde so ein Symbol der Arbeiterautonomie dieser Zeit. Laforsa besteht aus einem grossen Erdgeschoss, wo die Diskussionen stattfanden (mit Mikrofonen, Simultanübersetzungen in Spanisch, Englisch, Französisch und Italienisch) und einem Obergeschoss mit einer enormen Kantine, wo am Mittag und am Abend Essen serviert wurde.
Jeder Tag war einer
präzisen Thematik gewidmet (Donnerstag: Präsentation der aktuellen
Besetzungen und Debatte über die kontroverse Frage der Legalisierung,
Freitag: Mittel des Widerstands gegenüber Räumungsdrohungen - u.a. mit
den Beispielen Hamsa, Ateneu Korneya und Kasa de la Muntanya in
Barcelona, Maintzerstrasse in Berlin, Ungdomshuset in Kopenhagen,
Casablanca in Madrid, die 400 couverts in Grenoble..., Samstag:
Demonstration in der Stadt, gefolgt von Diskussionen über das Besetzen
als Mittel des Kampfes - im speziellen mit dem Beispiel des
Cabanyalquartier in Valencia - und über den Widerstand gegen Knäste -
mit der Anwesenheit ehemaliger Gefangener wie z.B. Amadeu Casellas,
Sonntag: soziale Kontrolle und Identifikationsmethoden, v.a. via DNA -
mit der Anwesenheit einer Barceloner Anwältin, die der Bewegung okupa
nahesteht, danach Präsentation der Homepage http://squat.net/
und den Hilfsmitteln, die sie anbietet) und die Diskussion wurden
normalerweise in zwei Etappen geführt, in kleinen Gruppen zuerst und
danach in grosser Gruppe.
Ein grosser Teil der Diskussionen
war Vorträgen zu den verschiedenen Situationen in den verschiedenen
Städten und Ländern gewidmet. Es waren nämlich BesetzerInnen aus
verschiedenen Ländern da (Katalonien, Spanien, Deutschland, Holland,
Frankreich, Italien, England, Dänemark, Polen etc.) und die Praxis des
Besetzens sowie die lokale Repression und/oder der Umgang sind manchmal
sehr verschieden.
Das lernte uns viel über die Vorgänge anderswo,
jedoch war es nicht unbedingt möglich, die verschiedenen
Fragestellungen zu vertiefen.
Weitere Treffen wären
wünschenswert...Auf jeden Fall haben mehrere BesetzerInnen aus
Barcelona ihr Bedürfnis ausgesprochen, wieder eine lokale Intersquat zu
kreieren (eine Dynamik, die in den letzten Jahren eher geschlafen hat).
Weitere Ereignisse in den nächsten Tagen oder Monaten:
- Monars (Katalonien): Treffen zu ruralen Squats vom 1. bis zum 4. Juli: http://squat.net/fr/news/monars-catalogne270610.html
- Toulouse: Pilifest "Squat und Autonomie" vom 3. bis zum 7. Juli, Treffen zur Praxis der Autonomie: http://squat.net/fr/news/toulouse110610.html
- Dijon: Sommerbaustelle der Tanneries, vom 16. bis zum 24. Juli: http://squat.net/fr/news/dijon280610.html
- Berlin: Intersquattreffen vom 10. bis zum 19. September: http://intersquatberlin.blogsport.de/francais/
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Jeden
Tag war ein Infocafé in Laforsa installiert mit einem "Squathandbuch",
ähnlich wie das "Squat von A bis Z", erhältlich in Spanisch,
Katalanisch und Englisch, herausgegeben vom Oficina per l’Okupacio aus
Barcelona, und dem unglaublichen Programm "Info-Usurpa", das die vielen
in den verschiedenen Squats Barcelonas stattfindenden Aktivitäten
präsentierte:
http://usurpa.squat.net/
Ausser
dem besetzten sozialen Zentrum Laforsa kann man unter den mehreren
Dutzend Squats in Barcelona u.a. das Rimaia, das Otra Carbonería und
das Barrilonia nennen, die allesamt im Zentrum Barcelonas gelegen sind
und etliche regelmässige Aktivitäten anbieten (Bibliothek,
Internetcafé, Kantine, Parties etc.). Etliche andere Squats sind in der
Stadt aktiv, womit sie bezüglich politischen Squats immer noch klar die
aktivste in Europa ist.
Einige Fotos und Links zu einigen Squats Barcelonas:
http://squat.net/images/2010-06_Barcelona/
http://larimaia.org/
http://laotracarboneria.net/
http://barrilonia.blogspot.com/
http://revoltosa.squat.net/
http://teixidora.squat.net/
http://www.nodo50.org/kasadelamuntanya/
Und auch:
http://okupesbcn.squat.net/
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Am
Samstag 19. Juni wurde zu einer Kundgebung in Form eines Frühstücks an
der Sonne aufgerufen in Vallcarca, ein Quartier in welchem etliche alte
Häuser besetzt sind und das seit mehreren Jahren Schauplatz eines
latenten Krieges zwischen BesetzterInnen und Behörden, zwischen
Räumungen und Wiedereröffnungen ist. Die Gentrifizierung des Quartiers
ist ein Ziel der Stadt, da das Quartier mit dem Park Güell sehr
touristisch ist. Im Quartier befinden sich allerdings auch die Squats
Kasa de la Muntanya und los Blokes Fantasma.
Gegen 12 Uhr 30
machen sich alle (ca. 250-300 Leute) zur Demo auf, die durch Vallcarca,
dann in Richtung Graciaquartier führt und am Platz Joanic abgeschlossen
wird. Während der ganzen Route wurden etliche direkte Aktionen
ausgeführt. Eine sehr angenehme kollektive Energie war wahrzunehmen,
während die Bullen gezwungenermassen sehr scheu waren in Anbetracht des
Kräfteverhältnisses (obwohl eine massive Polizeipräsenz befürchtet
wurde, die letzte Intersquatdemo in Barcelona 2007 schlug in eine
Konfrontation um nachdem die Bullen die Demo eingekesselt
hatten...übrigens, Alfonso, der einen der Schlägerbullen geschlagen
hatte, wurde vor einigen Wochen zu drei Jahren unbedingter Haft
verurteilt!) Zuerst gab's eine Wiedereröffnung eines Squats in
Vallcarca (die fünfte Wiedereröffnung in nur wenigen Monaten), einige
vermummte Leute griffen eine Mauer mit Vorschlaghämmern an, besetzen
schliesslich das Haus und schliessen die Türen hinter sich ab: es geht
hier nicht um eine symbolische Wiedereröffnung, sondern um eine neue
Besetzung mit der Absicht, zu bleiben.
Hervorzuheben ist, dass
während den meisten Aktionen, für welche die Demo kurz anhalten musste,
jemand am Megaphon den Sinn und die Gründe der laufenden Aktion
erklärt. Nicht wenige PassantInnen hören zu...
Die Demo ist sehr
dynamisch, vorne mehrere Transparente in U-Form angeordnet, um die Demo
vor eventuellen Polizeiangriffen zu schützen. Parolen in Spanisch und
Katalanisch werden laufend gerufen (z.B. "okupa tu tambien", "okupa y
resiste", "policia torturadors i asesinos", was heisst "besetze auch",
"besetze und leiste Widerstand", "die Polizei foltert und tötet").
Einige Parolen waren sogar auf Englisch und Französisch.
Während
der ganzen Demo wurden Tags angebracht und Plakate geklebt. Mehrere
Banken wurden mit Farbe angegriffen (Tags oder Farbwürfe), hie und da
werden Transparente angebracht (auf Baustellen, ehemaligen Squats
etc.). Eine mit mehreren Werbeplakaten dekorierte Baustelle wird
angegriffen, ein Teil der Plakate werden heruntergerissen und eins
davon als symbolische Barrikade ganz hinten im Demozug genutzt. Am
Plaça de les dones del 1936 (Platz der Frauen 1936, ein Name, der auf
lokale Kämpfe im Zusammenhang mit den Frauenkämpfen während der
spanischen Revolution zurückgeht), wird ein institutionelles Gebäude
entglast, das mit der Gentrifizierung in Verbindung steht.
Beim
Ratshaus des Graciaquartiers und zum Schutze desselben stehen mehrere
Anti-Riot-Kastenwagen, die ihrerseits von etwa zwanzig Bullen in
Robocop-Tenue beschützt werden. Diese werden mit Farben und einigen
Gegenständen angegriffen. Auf dem Platz wird ein enormes Squatsymbol
auf den Boden gemalt.
Die Demo endet ruhig am Platz Joanic, der am Schluss voller Tags ist. Ende gut, alles gut.
Und diese Intersquatdemo reiht sich ein in diejenigen im letzten März in Toulouse, Grenoble oder auch Poznan:
http://squat.net/fr/news/toulouse170310.html
http://squat.net/fr/news/grenoble290310.html
http://squat.net/fr/news/poznan220310.html
Fotos der Demo vom 19. Juni:
http://squat.net/images/2010-06-19_Barcelona/
http://squat.net/fr/news/barcelone300610.html