[WI] Proteste gegen »Demo für Alle« am 30. Oktober 2016 in Wiesbaden – Verbot von Trommeln und Regenbogenfahnen?

»Demo für Alle«? Läuft nicht!

Proteste gegen die sogenannte »Demo für Alle« in Wiesbaden am 30. Oktober 2016. Wiesbadener Ordnungsamt verhängt abstruse Auflagen für Kundgebung und Gegendemonstration.

Unter dem Slogan »Demo für Alle. Ehe und Familie vor! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder« versucht morgen, am Sonntag den 30. Oktober in Wiesbaden ein Zusammenschluss aus AntifeministInnen, Konservativen, christlichen FundamentalistInnen, »besorgten Eltern« und Nazis auf die Straße zu gehen.

 

Das Ziel dieses reaktionären Aufmarsches ist der Kampf gegen Geschlechteremanzipation, nicht-heterosexuelle Lebensrealitäten und eine Sexualpädagogik – die sie verzerrend als »Frühsexualisierung« darstellen. Aktueller Anlass ist die Erneuerung des hessischen Lehrplans zur Sexualerziehung an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. Die OrganisatorInnen der »Demo für Alle« bemühen das traditionelle Leitbild der Familie als »Keimzelle der Nation« und die Ideologie einer »natürlichen« Zweigeschlechterordnung. Dies macht neue und alte Rechte bis weit in die »Mitte« der Gesellschaft anschlussfähig.

Um sich dieser reaktionären Formierung aktiv entgegenzustellen, hat sich das »Läuft nicht!«-Bündnis zusammengefunden, an dem sich 23 Gruppen aus dem Rhein-Main-Gebiet beteiligen.

Für das »Läuft nicht!«-Bündnis stellt Kim Karate klar: »Die ›Demo für Alle‹ ist ein fundamentaler Angriff auf queere Lebensrealitäten, das heißt auf all diejenigen, die diesem rückwärtsgewandten Gesellschaftsmodell nicht entsprechen oder es in Frage stellen. Dieser rechten Offensive werden wir uns entschlossen entgegenstellen. Dabei sind wir mit allen solidarisch, die durch verschiedene Formen des Protests und Blockaden dieses Event unmöglich machen.«

 

Für alle, die am 30. Oktober die »Demo für Alle« in Wiesbaden verhindern und sich an den Protesten und Blockaden beteiligen wollen gibt es Zugtreffpunkte in verschiedenen Städten:

  • Gießen: 8:45, Bahnhofsvorplatz (Zug um 8:54 Uhr auf Gleis 4)
  • Offenbach: 9.30 Uhr, S-Bahn-Station Marktplatz am KFC
  • Frankfurt: 9.45 Uhr, Frankfurter Hauptbahnhof, Infopoint
  • Mainz: 10.15 Uhr, Hauptbahnhof, Gleis 1


Um 11 Uhr findet dann am Hauptbahnhof in Wiesbaden eine Kundgebung und die anschließende Gegendemonstration statt.

Verbot von Trommeln und Regenbogenfahnen?

 

Allerdings scheint das Wiesbadener Ordnungsamt als Versammlungsbehörde zu besonderen Mitteln greifen zu wollen, um den Protestierenden Steine in den Weg zu legen. So heißt es in der Auflagenverfügung an das breite bürgerliche »Bündnis für Akzeptanz und Vielfalt – gegen Diskriminierung und Ausgrenzung«, das die Kundgebung angemeldet hat, unter anderem: »Die Benutzung von Trommeln, mit Trommeln vergleichbaren Schlaginstrumenten, Fackeln, das Tragen von Transparenten strafbaren Inhaltes (sowohl in der Bundesrepublik als auch im Ausland) und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist untersagt.«

Das Verbot von Trommeln stellt eine Kriminalisierung legitimer politischer Ausdrucksformen dar und ist eine eklatante Bescheidung des Rechts, die Auswirkung der Demonstration selbst zu bestimmen.

Aber als wäre dies nicht genug, scheint der Wiesbadener Versammlungsbehörde auch das »Tragen von Transparenten strafbaren Inhaltes (sowohl in der Bundesrepublik als auch im Ausland)« (sic!) ein Dorn im Auge zu sein. Seit 2013 ist beispielsweise in Russland das von Wladimir Putin erlassene, homo- und transfeindliche Gesetz in Kraft, das eine imaginierte »homosexuelle Propaganda« in der Öffentlichkeit verbietet. Seit dem Erlass sind in Russland immer wieder LGBTIQ-Aktivist*innen wegen Lappalien wie dem Zeigen einer Regenbogenfahne vor Gericht gezehrt und anschließend zu drakonischen Strafen verurteilt worden.

So heißt es beispielsweise in der TAZ vom 30. Juni 2013 zu einer Kundgebung für die Rechte von Lesben und Schwulen in St. Petersburg: »Dutzende Teilnehmer der Kundgebung müssten mit einer Anzeige wegen ›Homosexuellen-Propaganda‹ rechnen, sagte ein Polizeisprecher. In St. Petersburg gilt das Verbot bereits. Viele Demonstranten hatten eine Regenbogenfahne als Symbol der Homosexuellenbewegung getragen. Sie hielten zudem Plakate mit Aufschriften wie ›Homophobie ist eine Schande für St. Petersburg‹ in die Höhe.«

Wird das absurde Verbot, des Tragens von Transparenten mit »im Ausland strafbaren Inhalts« zu Ende gedacht, müsste die Polizei als ausführendes Organ der Versammlungsbehörde am Sonntag auch die in Russland strafbare »homosexuelle Propaganda« verfolgen. Damit wären Versammlungsbehörden und Polizei schon sehr nahe an dem, was die AntifeministInnen, Konservativen, christlichen FundamentalistInnen, »besorgten Eltern« und Nazis der »Demo für Alle« sich wünschen.

Eine Person aus dem Vorbereitungskreis des »Läuft nicht!«-Bündnisses stellt deshalb klar: »Wir lassen es uns am Sonntag nicht nehmen auch mit Trommeln und Regenbogenfahnen auf die Straße zu gehen und für eine Anerkennung der Vielfalt der Geschlechter und für ein Ende der Pathologisierung und Ausgrenzung von LGBTIQ-Personen zu kämpfen! Und wir werden uns nicht von unserem Plan abbringen lassen, die sogenannte ›Demo für Alle‹ aktiv zu stören und im Besten Fall zu verhindern.«

 

Gemeinsam, entschlossen, bunt und queer auf die Straße! Mit Trommeln, Regenbogenfahnen und richtig viel »homosexueller Propaganda«! »Demo für Alle« unmöglich machen – am 30. Oktober und jeden Tag!

 

Weitere Infos: laeuftnicht.blogsport.eu

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die Verfügung im Volltext für uns?

Hier eine anonymisierte Fassung: https://share.riseup.net/#LT15ObpozvVTG-Kn9__F-A

Ist euch eigentlich klar, dass ihr damit  für die schwarz-grüne Regierung Partei ergreift?

Sorry, aber das ist ausgemachter Blödsinn. Im Wiesbaden versammeln sich heute eine eklige Melange aus AntifeministInnen, Konservativen, christlichen FundamentalistInnen, »besorgten Eltern« und Nazis. Den stellen wir uns in den Weg, egal ob diese Arschlöcher gegen einen Lehrplan der schwarz-grünen Landesregierung auf die Straße gehen oder aus irgendeinem anderen Grund. Der Aufruf des überwiegend aus queerfeministischen, antifaschistischen und linksradikalen Gruppen besteht, macht das im Aufrauf auch deutlich:

 

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»Demo für Alle«? Läuft nicht! Let’s make some beautiful trouble!

Unter dem Slogan »Demo für Alle. Ehe und Familie vor! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder« versucht am 30. Oktober in Wiesbaden ein Bündnis aus AntifeministInnen, Konservativen, christlichen FundamentalistInnen, »besorgten Eltern« und Nazis auf die Straße zu gehen. Das traditionelle Leitbild der Familie als »Keimzelle der Nation« und die Ideologie einer »natürlichen« Zweigeschlechterordnung machen neue und alte Rechte anschlussfähig bis weit in die »Mitte« der Gesellschaft.

 

Das Ziel der »Demo für Alle« ist der Kampf gegen Geschlechteremanzipation, queere Lebensrealitäten und eine Sexualpädagogik – die sie verzerrend als »Frühsexualisierung« darstellen. Aktueller Anlass ist die Erneuerung des hessischen Lehrplans zur Sexualerziehung an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. Eingebettet in einen rassistischen, nationalistischen und klassistischen Kanon, werden all diejenigen, die diesem rückwärtsgewandten Gesellschaftsmodell nicht entsprechen oder es in Frage stellen ausgegrenzt, herabgewürdigt und angegriffen. An anderer Stelle äußert sich die Ideologie der Familie als »Keimzelle der Nation« in einer Verachtung von an den Rand Gedrängten und in Brandanschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten.

We are here and we are queer!

Die »Demo für Alle« ist ein fundamentaler Angriff auf queere Lebensrealitäten. Es geht am 30. Oktober nicht um die Verteidigung eines Lehrplans. Durch unseren Protest stellen wir uns der Festschreibung starrer Geschlechterrollen entschlossen entgegen. Wir kämpfen für eine Anerkennung der Vielfalt der Geschlechter. Wir kämpfen für ein Ende der Pathologisierung und Ausgrenzung von LGBTIQ-Personen. Wir wehren uns gegen jegliche Idee eines nationalistisch-verwobenen, biologistischen Familienmodells. Wir setzen uns für solidarische, vielfältige und alternative Beziehungs- und Familienkonzepte ein. Lasst uns antisexistische, antirassistsische, antifaschistische Kämpfe und den Widerstand gegen Homo-, Bi und Transfeindlichkeit verbinden:

Gemeinsam, entschlossen, bunt und queer auf die Straße!
»Demo für Alle« unmöglich machen – am 30. Oktober und jeden Tag!

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United against »Demo für Alle«. Let’s make some beautiful trouble!

On October 30th, »Demo für Alle« is going to try to march in Wiesbaden. An alliance of anti-feminists, conservatives, Christian fundamentalists, Nazis and ›worried‹ parents, their mobilizing slogan can be translated to: »Protest for everybody. Protect marriage and the family! Stop gender ideology and stop sexualizing our children!« With the family model as »incubator of the nation« and a naturalized gender binary, right-wing movements both old and new are finding common denominators with mainstream conservatives.

 

»Demo für Alle« is aiming to attack feminist empowerment, queer emancipation and a progressive sex education — which is strategically misinterpreted as »early on sexualization«. The alliance is currently mobilizing to protest the new curriculum for sex education at public schools in the state of Hesse. Embedded in racist, nationalist and classist rhetoric, »Demo für Alle« seeks to exclude, shame and attack those who do not fit into, or who oppose their backward model of society. Elsewhere, the same revanchist discourse fuels disdain for marginalized Others and manifests itself in arson attacks on refugee shelters.

We are here and we are queer!

»Demo für Alle« is a fundamental attack on queer lives. Therefore, our counter-protest on October 30th is more than just defending any curriculum. We vehemently oppose those who seek to prescribe traditional gender roles. We fight for a recognition of gender diversity. We demand an end to pathologizing and marginalizing LGBTIQ people. We fight against biologistic family models with nationalist entanglements. We are committed to a concept of family and relationships based on solidarity and diversity and inclusive of alternative lifestyles. Let’s unite anti-sexist, anti-racist and anti-fascist struggles with the fight against bigotry and prejudice towards LGBTIQ people:

Let’s take to the streets — united, determined, colorful and queer!
Let’s Make »Demo für Alle« impossible: on October 30th and everyday!