Am 22. September 1981 starb Klaus-Jürgen Rattay anläßlich der Räumung
von 8 besetzten Häusern in Berlin. Sein Tod veränderte die Bewegung. Bei
einigen löste die Brutalität, mit der die Räumungen durchgezogen
wurden, Angst und Ohnmachtsgefühle aus. Bei dem weitaus größeren Teil
der Besetzer*innen überwogen jedoch Wut und Zorn – sie radikalisierten
sich mit hoher Geschwindigkeit.
Den Jahrestag von Klaus Jürgen Rattays Tod nehmen wir zum Anlaß für
diesen Rückblick. Der Text ist ein Auszug aus dem Buch "Autonome in
Bewegung" über die Besetzerbewegung der 80er Jahre, die Fotos entstanden
am Tag der Räumung und anläßlich einer Gedenkdemonstration für
Klaus-Jürgen Rattay im Jahr 1982.
Eine Fotoseite unter: http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/220981klaus_juergen...
Am
22. September 1981 läßt Heinrich Lummer (CDU), der damalige
Innensenator von Berlin, 8 besetzte Häuser räumen. "Die Bewohner der
räumungsbedrohten Häuser hatten sich darauf verständigt, lediglich
passiven Widerstand gegen die Räumung zu leisten. Sie verbarrikadieren
die Eingangstüren, holen viele Menschen ins Haus, Unterstützer wie auch
prominente Paten, und harren der Dinge. In der Winterfeldtstraße, in der
drei der Häuser stehen, werden aber in der Nacht auf den 22. September
auch Barrikaden aus umgestürzten Autos, Bauwagen etc. errichtet, und
viele sind dort, um die Häuser von außen militant zu verteidigen.
Klaus-Jürgen Rattay gehört auch zu ihnen.
Am frühen Morgen des
Räumungstages rückt die Polizei mit einem Großaufgebot an: mit
Panzerwagen, Wasserwerfern und schwerem Räumgerät. Mittags will Lummer
es sich nicht nehmen lassen, in einem der geräumten Häuser eine
Pressekonferenz abzuhalten. Er präsentiert sich auf dem Balkon der
Bülowstraße 89 als ein siegreicher Feldherr. Dadurch heizt er die
Stimmung noch zusätzlich auf. Lautstarke Proteste begleiten seinen
Auftritt. Die Polizei ist nervös und knüppelt die Straße frei. Einige
hundert Menschen flüchten auf die verkehrsreiche Potsdamer Straße. Dort
wird Klaus-Jürgen Rattay von einem BVG-Bus erfasst und mitgeschleift. Er
stirbt auf der Straße. Den ganzen Tag über bleibt der Schöneberger Kiez
unruhig und voller Menschen, die Todesstelle wird umlagert und mit
Blumen bedeckt, und es gibt keinen Zweifel darüber, was am Abend
passieren wird. Abends kommt es zur größten Spontandemo der Bewegung,
rund 10.000 Menschen beteiligen sich an einem Schweigemarsch durch
Schöneberg, der in heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei mündet,
„Lummer: Mörder, Mörder“ hallt es nachts durch die verwüsteten
Straßenschluchten. Gleichzeitig sind im ganzen Stadtgebiet Kleingruppen
unterwegs, etwa 50 Anschläge auf Banken, Polizeiwachen,
Wohnungsbauunternehmen etc. werden in dieser Nacht registriert. Auch in
vielen anderen Städten der BRD gibt es Demonstrationen und Anschläge."
(Ausschnitt aus dem Buch "Autonome in Bewegung" - PDF-Datei)
Drei Wochen nach dem Tod Rattays bildete sich eine "unabhängige
Untersuchungskommission", der ein Bundesverfassungsrichter a. D.
angehörte. Der Hergang des Vorfalles war heftig umstritten. "Die
Versionen reichten vom Angriff Rattays auf den Bus und dem
Selbstverschulden seines Todes (Polizei-Mitteilung) bis zur Darstellung
von Zeugen, der Bus sei ohne Rücksicht in die Menschenmenge gefahren.
(...) Die allmählich veröffentlichten weiteren Fotos und ein
Super-8-Film konnten einige Aspekte des Vorfalles klären – vor allem
den, dass der Bus vor dem Zusammenprall nicht angegriffen worden war –,
doch gibt es vom exakten Moment des Anstoßes keine Bild-Dokumente." (siehe Wikipedia)
Nachdem die Ermittlungen noch im Dezember desselben Jahres eingestellt
worden waren, bemühten sich die Eltern des Neunzehnjährigen vergebens um
Wiederaufnahme des Verfahrens. Im August 1982 wurde dies abgelehnt.
Eine Dokumentation des Ermittlungsausschusses aus dem Jahr 1982 beleuchtet die genaueren Todesumstände.
"Ich hab gleichzeitig Angst und ich hab gleichzeitig auch Mut zum kämpfen." sagt Klaus-Jürgen Rattay noch am Tag vor der Räumung in einer Dokumentation des RBB.
tragische sache
hatte vor einigen monaten einen beitrag über ihn gesehen und sein tod war ziemlich unnötig
Was für ein Kommentar
"sein tod war ziemlich unnötig" ???
Die protestierenden Menschen wurden in denfliessenden Verkehr getrieben! Klaus - Jürgen wurde von einem BVG - Bus überfahren.
Schon eine Stunde später meldeten Radiosender bundesweit ein Polizist sei durch Hausbesetzer_innen zu Tode gekommen (Internet, Handy oder Linksunten gab es zu schnellen Informationsübermittlung nicht). Gleichlautende Lügen gab es auch schon zum Tod von Benno Ohnesorg.
Später dann die Lüge vom Angriff auf den Bus.
Wieder später Klaus - Jürgen wollte den Bus stoppen und sprang auf die vordere Stossstange und hielt sich an den Scheibenwischern fest. Die Stossstange damaliger Busse war 1 - 2 cm breit und niemand käme auf die Idee so einen fahrenden Bus zu stoppen.
Wie bei Benno, wurden Ersthelfer_innen - Massnahmen behindert und immer wieder gedenkende Demonstrant_innen angegriffen und Blumengebinde/Kerzen durch die Cops zertrampelt.
Was das mit "ziemlich unnötig" zu tun hat, ist mir schleierhaft.
Filme
https://www.youtube.com/watch?v=ouT_vFwEGdw
https://www.youtube.com/watch?v=Mss8k2WjHig
danke für die klarstellung
word.