(B) Alex: Adbusting-Aktion "Auch in der Demokratie ist alles doof"

Rotes Rathaus

Skandal. Böse Überraschung für den regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller. Mitten im Wahlkampf haben fiese, schlimme, gemeine Chaot*innen rund um das Berliner Rathaus die Werbekästen in Bushaltestellen mutwilllig und unberechtigt geöffnet, um die darin befindliche Werbung auszutauschen. Statt Kaufanimierungsversuchen aller Art finden sich in den Kästen nun Exemplare eines Posters im „Sheepworld“-Design, das erklärt, warum auch in der Demokratie alles doof sei. Unter der Überschrift „Auch in der Demokratie ist alles doof“ listet das Poster neben lustigen Grafiken Argumente auf, warum sich demokratische Herrschaft nur graduell von anderen Herrschaftsformen unterscheidet und genau wie diese für Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung steht.


Demokratische Herrschaft: Doof.
Was das ständige Gerede von Herrschaft vernebelt: Auch Demokratie bedeutet Herrschaft und Gewalt. Diese ist lediglich anders als anderswo und zudem komplexer und entpersonalisierter organisiert. Während in Diktaturen klar zu sein scheint, wer die „Bösen“ sind, erscheint im demokratischen Regime Herrschaft durch die Einbindung großer Bevölkerungsteile durch Wahlen und andere Akzeptanzbeschaffungsmaßnahmen deutlich legitimer, ohne dass sich am grundsätzlichen Prinzip von Herrschaft etwas ändern würde.


Das allgegenwärtige Demokratie-Gelaber haben viele schon so verinnerlicht, dass die Meisten einfach alles mit sich machen lassen. Und so regeln sich die meisten gesellschaftlichen Konflikte völlig geräuschlos, wie von Geisterhand, zugunsten der ohnehin schon privilegierten Konfliktparteien. Deshalb sind krasse Polizeieinsätze wie in der Rigaer Straße die Ausnahme, werden aber bei Bedarf genauso skrupellos durchgezogen wie in anderen Ländern. Deshalb ist es wichtig, Kollektive zu bilden, die die einzelne Person gegen Zugriffe von oben abschirmen und es ermöglichen, die dadurch entstehenden Freiräume gemeinsam selbstbestimmt und autonom zu gestalten.

Demokratische Propaganda: Doof.
In ihrer Totalität und Plattitüdenhaftigkeit steht die demokratische Propaganda anderer Propaganda
in nichts nach. Egal zu welchem Thema: Überall klingt einem das hohle, die Realität verhöhnende „Wir leben ja in einer Demokratie/einem Rechtsstaat/(das passende bitte hier einfügen)“-Mantra entgegen, während die demokratische Wirklichkeit für die allermeisten Leute vor allem Einflusslosigkeit bedeutet. Deshalb ist es wichtig, immer wieder deutlich zu machen, dass das Stellvertretungsgerede genau gar nichts bringt, und wir die politischen Verhältnisse wieder selber in Hand nehmen müssen, wenn wir uns Richtung Freiheit, Selbstbestimmung und Emanzipation bewegen wollen.

Demokratische Entpersonalisierung: Doof.
So richtig doof an demokratischer Herrschaft: Die Herrschenden laufen nicht mehr mit Kronen und purpurnen Mänteln herum. Und auch ob es „die Herrschenden“ noch gibt, ist zweifelhaft. In der Demokratie regieren eher abstrakte Herrschaftsmechanismen, die alle, also auch wir, jeden Tag reproduzieren und unterschwellig aufs Neue beleben. Die einzelne Person steht, egal in welcher Position, den Herrschafts- und Marktmechanismen relativ handlungsunfähig gegenüber. Die Einen sind nur deutlich besser gebettet als Andere. Deswegen ist es wichtig, die eigenen Handlungen ständig zu hinterfragen und auf platte, personalisierte Stereotypen ( z.B. die blöde Regierung oder die bösen Bänker*innen) in der eigenen Argumentation zu verzichten.

Demokratische Ausbeutung: Doof.
Auch in der Demokratie werden die Reichen reicher und die Armen ärmer. Ausgerechnet seit der angeblich so sozialen rot-grünen Regierungszeit ist der Vermögensanteil der unteren 50% der Bevölkerung von 4,4% (1998) auf 1,0% (2012) abgeschmolzen. In derselben Zeit ist der Anteil der oberen 10% der Bevölkerung von 45% des Eigentums auf 67% gestiegen. Die demokratische Kluft zwischen Arm und Reich war noch nie so groß. Verweigerung, Drückebergerei, Arbeit nach Vorschrift, Schwarzfahren usw. sind deshalb reine Akte der Notwehr für alle, die keine Lust mehr haben, das große demokratische Ausbeutungsspiel voller Verlierer*innen mitzuspielen.

Demokratischer Kapitalismus: Doof.
Geld regiert auch in demokratischen Ländern die Welt. Kein Schurkenstaat ist schlimm genug, als dass Unternehmen aus demokratischen Ländern diese nicht unterstützen würden. Keine Geschäftsidee ist zu schäbig, als dass sich ein demokratischer Konzern finden würde, der auf Kosten irgendwelcher Leute weit weg von hier die eigenen Bilanzen aufhübschen würde. Die Produktion muss endlich den Bedürfnissen der Menschen dienen anstatt die Menschen der Produktion.

Demokratische Kriege: Doof.
Worin der Unterschied zwischen demokratischen und nicht-demokratischen Kriegen besteht, kann sich spätestens seit den Irak- und Afghanistankriegen jeder anschauen: Es gibt keinen. Demokratische Armeen benehmen sich regelmäßig genauso daneben wie andere auch. Kein Wunder, dass viele Grüne die Verantwortung ihrer Partei für den Afghanistankrieg heute nicht mehr wahr haben wollen.

Demokratischer Rassismus: Doof.
Demokratie und Rechtsstaat hin oder her: Rassismus ist wie selbstverständlich Teil des demokratischen Rechtsstaats. Wo man auch hinschaut, Diskriminierung nach vermeintlicher Herkunft oder vermeintlichem Geschlecht finden sich auch im demokratischen Herrschaftsregime überall. Auch in einer Demokratie bleibt ein Pogrom wie vor mehr als 20 Jahren in Rostock-Lichtenhagen ein Pogrom. Deshalb ist es wichtig, die Marginalisierten und Schutzlosen der Gesellschaft zu bestärken und zu unterstützen.

Demokratische Gewalt: Doof.
Demokrat*innen glauben, dass es Konflikte lösen würde, wenn man Leuten eine Uniform, einen Schlagstock und eine Pistole gibt und ihnen erlaubt, diese gegen andere Menschen zu benutzen. Das ist eine der großen Lebenslügen der Demokrat*innen. Selbstverständlich benutzen auch demokratische Polizist*innen und Soldat*innen ihre Macht ständig, um andere Leute zu schlagen, zu zwingen oder zu misshandeln. Das ist Sinn und Zweck des Gewaltmonopols: Die wichtigen Leute können mittels der Polizei und des Militärs auch in der Demokratie andere Leute dazu zwingen, sich an Regeln zu halten, die sie nicht gemacht haben. Da das den Betroffenen verständlicherweise nicht gefällt, gehört der Einsatz von Gewalt von Seiten der Privilegierten wie selbstverständlich zur Demokratie dazu. Die Polizei in der Rolle der Räuber-mit-Maske-Jäger ist eine romantische Vorstellung. Die meisten Polizist*innen sind in der Bereitschaftspolizei beschäftigt und somit bei Demos und dergleichen für die Ausschaltung und Kanalisierung von Widerstand zuständig.

Mehr Infos und zur Druckvorlage:
Wer aus welchem Grund auch immer das Poster haben möchte, findet den Link zur Druckvorlage hier:
http://maqui.blogsport.eu/2016/07/13/auch-in-der-demokratie-ist-alles-doof/

 

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Gute Sache mit dem Adbusting! Gerade die weniger wohlhabenderen sozialen Schichten gehen in Europa sowieso kaum noch zur Wahl..

dann wählen die Etablierten also die Populisten?! Ist mir neu, aber man lernt nie aus.