Kurzbericht des entlassenen Sprechers der GG/BO in der JVA Dieburg (Hessen), Thomas Brockmann

Raus aus dem Knast!

Ich war seit dem 20.10.2014 in der JVA Dieburg inhaftiert. Aufgrund der in Hessen bestehenden Arbeitspflicht für Häftlinge und um nicht gänzlich sozial abzustürzen, (auch das ist im Knast durchaus möglich) bewarb ich mich umgehend um Arbeit. Nach einer Wartezeit von ca. 3 Wochen wurde mir auch eine zugeteilt. Ich sollte für die Fa. Westarp, Aschenburg Elektroschrott "recyclen". Dies ist insoweit interessant, als dass meine Bewährungswiderrufe aus der Tatsache resultieren, dass ich mich geweigert habe, für diese Firma "draußen" (Bewährungsauflage: 380 Arbeitsstunden) zu arbeiten. Tatsächlich sollte ich durch richterliches Urteil zur Gewinnmaximierung eines Privatunternehmens beitragen.


Mich in der Schlosserei der JVA zu beschäftigen, immerhin habe ich einen s.g. Schweißerpass, kam scheinbar nicht in Frage, denn dies hätte ja zu einer höheren Lohneinstufung geführt. (Zur Erklärung: als gelernter Schweißer hätte mir die Lohnstufe IV gegeben werden müssen, aber selbst an diesen 2 Euro pro Tag spart eine JVA. Kein Gefangener wird berufsnah eingesetzt, somit bekommen alle lediglich Lohnstufe II.)

Durch ein Solidaritätsabo der "jungen Welt", welches mir meine hessischen Genossen schenkten, erfuhr ich von der GG/BO. Es stand für mich sofort außer Frage, auch und eben als aktiver Linker innerhalb und außerhalb der Partei der Linken (PDL), der Gewerkschaft beizutreten und deren Ziele im Rahmen meiner Möglichkeiten zu propagieren. Von einem Union-Busting war zunächst nichts zu spüren. Alle Infomaterialien habe ich anstandslos bekommen. So konnte ich den gewerkschaftlichen Gedanken auch in die Gefangenenvertretung der JVA tragen, deren Mitglied ich war. Im Gegenteil, auch aufgrund anderer politischer Aktivitäten, hatte ich das Gefühl, sogar bevorteilt zu sein. So bekam ich ziemlich schnell einen anderen "Job". Ich wurde in die Bücherei der JVA versetzt. Dass dies das Ziel hatte, mich zu kompromittieren, merkte ich sofort, nachdem ich die Ziele der GG/BO konkretisierte.

Ich stellte am 26.5.15 einen Antrag auf Mindestlohn und einen auf eine Mitgliederversammlung (MV) der GG/BO in der JVA. Da ich eine liederliche Handschrift mein Eigen nenne, ließ ich die beiden Anträge am Drucker der Bücherei raus (ein 10 Jahre alter HP-Drucker). Am nächsten Tag wurde ich dann sofort "von der Arbeit abgelöst". Grund: zerstörtes Vertrauensverhältnis, da ich zwei Blatt Papier und eine nicht definierbare Menge Druckertinte der Bücherei benutzt habe. Verbunden wurde das ganze dann noch mit einer Sperre auf Wiederbeschäftigung für drei Monate und, da die Ablösung ja selbstverschuldet war, einer Sperre des s.g. Taschengeldes.

Dass beide Anträge, der auf Zahlung des Mindestlohnes umgehend, der in Sachen Einberufung einer MV mitsechswöchiger Verzögerung unter Angaben der bekannten Gründe abgeschmettert wurde, sei am Rande erwähnt. („Arbeit“ gibt es in der JVA nicht, schon gar keinen Arbeitnehmerstatus...) Allerdings versuchte ich die den Bescheiden beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung mit Leben zu erfüllen. So steht es mir frei, ob ich einen Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift in der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts (§109 StVollG) gebe. Natürlich wollte ich diesen zur Niederschrift abgeben. Zum einen deswegen, da ein Rechtspfleger verpflichtet ist, auf form- und sachgerechten Inhalt zu achten und damit formale Gründe für eine Verwerfung wegfallen, zum anderen natürlich, um einfach "Umstände zubereiten".

Ich habe auch die Fraktionen der PDL im hessischen Landtag und im Bundestag informiert. Dies war der Anstaltsleitung bekannt und so von mir beabsichtigt. Allerdings führte das auch dazu, dass ein Brief von Christine Buchholz (MdB) mir geöffnet und kontrolliert übergeben wurde, obwohl auf dem Kuvert deutlich der Bundesadler prangte. Eine Strafanzeigegemäß §202 StGB (Verletzung des Briefgeheimnisses) habe ich angedroht und um den Namen des Zensurbeamten gebeten. Natürlich bekam weder den Namen noch die Ausführung. Aber somit waren insgesamt 7 Verfahren gerichtsanhängig. Zwischenzeitlich hatte ich auch einen Antrag nach §57 StVollG (Gesundheitsuntersuchungen, medizinische Vorsorgeleistungen) gestellt. Dieser wurde relativ schnell positiv entschieden und zwischen Bekanntgabe desBeschlusses und meiner Blitzentlassung lagen dann nur mehr 17 Stunden. Mag sich jeder seinen Teil dabei denken.

 

Rosa Luxemburg sagte mal: "Nur wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht.“ Also, Genossen und Kollegen, zerrt an den Ketten und reißt an ihnen, denn nur so lassen sie sich sprengen...

Mit kollegialen und sozialistischen Grüßen - Thomas Brockmann, ehemaliger Gefangener 463/14/2

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hallo kolleg_innen,

wir wollen euch einen link zu einer sehr engagierten knastzeitung aus der "plötze" in berlin bekanntgeben. in der aktuellen ausgabe werden die kernforderungen der gg/bo nach sozialversicherung und mindestlohn für malochende arbeiter_innen aufgegriffen und offensiv unterstützt.

 

http://gitterweg.geblubber.info/files/2015/08/layout-1.15.pdf

 

einige solidarische der gg/bo