Kurzbericht zur Arbeitsgruppe „KOALITIONSFREIHEIT HINTER GITTERN – ARBEIT UND GEWERKSCHAFTLICHE ORGANISATION UNTER DEN BEDINGUNGEN DES STRAFVOLLZUGS“ auf den Berliner Gefangenentagen
Am Freitagabend und Samstag organisierten der Republikanische
AnwältInnenverein, die Vereinigung Berliner Strafverteidiger und der
Arbeitskreis kritischer JuristInnen an der Humboldtuni Berlin die 3.
Berliner Gefangenentage
zum Thema Knast ist Knast? Vollzugsgrundsätze -
mehr als eine Absichtserklärung“. Es ging um das Thema
menschenwürdiger Umgang im Knast und die Alternativen. Der akj sorgte
dankenswerter Weise dafür, dass auch das Thema Arbeit im Knast und
Gefangenengewerkschaft dort aufgenommen wurde. Es war ein kleiner Kreis
von Interessierten, aber es war eine sehr gute Diskussion, die
Anregungen für die weitere Arbeit bot.
Zwei Kolleg_innen des Unterstützerkreises der Gefangenengewerkschaft www.gefangenengewerkschaft.de hatten anfangs ein kurzes Input gegeben, zur
Geschichte der Gefangenengewerkschaft. Außerdem wurde noch mal ausführlicher
auf die Forderungen eingegangen und diese begründet. Im Anschluss gaben die
Rechtsanwält_innen Ria Halbritter und Sebastian Scharmer ein kurzes
Input aus der Sicht zweier Jurist_innen, die sich mit dem Strafvollzug
befassen. Auf Widerspruch stieß die Aussage von Halbritter, dass die
Arbeitspflicht für die Gefangenen in Regel kein Problem sei, weil sie
arbeiten wollen. Letzteres stimmt, aber gerade dann stellt sich doch
die Frage, warum es überhaupt eine Arbeitspflicht gibt? Doch wohl
deshalb, weil den arbeitenden Gefangenen grundlegende Rechte, wie das
Gewerkschafts- und Koalitionsrecht, vorenthalten wird. Halbritter gab auch zu bedenken, dass bei einem Mindestlohn im Knast die
Gefangenen stärker an der Finanzierung ihres Gefängnisaufenthalts
herangezogen werden könnten. Zudem verwies sie auf die Pfändungsgrenzen
und gab zu verstehen, dass bei vielen Gefangenen das Geld dann für
Schuldenabbau verwendet würde. An der anschließenden Diskussion
beteiligte sich auch der emeritierte Bremer Strafrechtsprofessor
Johannes Fest, der bereits in den 70er Jahren in einen Alternativen
Kommentar zum Strafvollzugsgesetz für Gewerkschaftsrechte für Gefangene
eingetreten ist. Er betonte, dass eine solche Forderung nur mit
Unterstützung großer Organisationen wie der DGB-Gewerkschaften
durchgesetzt werden könne. Der gewerkschaftsnahe Jurist Wolfgang
Däubler hat bereits in den 70er Jahren festgestellt, dass Gefangene auch
Arbeit_innenrechten zusteht. Passiert ist bis heute nichts. Besonders
deutlich wird das auch bei der zweiten zentralen Forderung der
Gefangenengewerkschaft, die Einbeziehung in die Rentenversicherung.
Auf der Veranstaltung waren sich alle einig, dass diese Forderung,
die schon seit den 70er Jahren beschlossen wurde, bisher nicht umgesetzt
wurde, weil Gefangene keine Lobby haben. Die Gefangenengewerkschaft
könnte sich zu einer solchen Lobby entwickeln. Vor allem der
emeritierte Kriminologe Ferst betonte, wie wichtig es ist, dass
DGB-Gewerkschaften die Forderungen der Gefangengewerkschaft
unterstützen. Dabei war es sich auch mit Kolja einig, dass dies keine
leichte Aufgabe ist und die Phrase vom Bohren dicker Bretter
ausnahmsweise mal stimmt. Schließlich haben der DGB und ihre
Vorläuferorganisationen schon immer im Lumpenproletarier eher den
Gegner als den Kollegen gesehen.
Anregungen für die weitere Arbeit:
Für die weitere Arbeit de Gefangenengewerkschaft ergeben sich aus
der Veranstaltung mehrere Anregungen. Die Versuche, weiter ins
gewerkschaftliche Spektrum zu wirken, sollten fortgesetzt werden.
Besonders bei verdi gibt es da ja einige Ansätze. Vielleicht wäre es
sinnvoll, den erwähnten Wolfgang Däubler mal zu einer Veranstaltung
einzuladen.
Desweiteren sollten Kontakte zu anderen Gruppen, die sich mit
Knastarbeit beschäftigen, aufgenommen werden. Ich denke da an die
Gruppe in Hessen, die dazu eine Broschüre herausgegeben hat http://www.gefangenengewerkschaft.de/broschuere-zu-den-knaesten-in-hessen-erschienen/
Es sollte auch in Berlin genauer recherchiert werden, welche Firmen in
Berlin in Knastarbeit was verdienen. Wie die Bedeutung der
Gefängnisarbeit insgesamt gewachsen ist, zeigt ein Kontraste-Beitrag von
letzter Woche.
Leiterin Marketing Arbeitsbetriebe
JVA Aichach
„Es wird mehr geboten wie früher, wir sind moderner geworden. Früher hat jede Anstalt für sich selber gearbeitet. Heute sind wir eine Art Konzern.“
JVA Aichach
„Es wird mehr geboten wie früher, wir sind moderner geworden. Früher hat jede Anstalt für sich selber gearbeitet. Heute sind wir eine Art Konzern.“
Hier der Link zum vollständigen Beitrag im Wortlaut.
http://www.gefangenengewerkschaft.de/broschuere-zu-den-knaesten-in-hesse...). Es sollte auch in Berlin genauer recherchiert werden, welche Firmen in Berlin in Knastarbeit was verdienen. Wie die Bedeutung der Gefängnisarbeit insgesamt gewachsen ist, zeigt ein Kontraste-Beitrag von letzter Woche. Leiterin Marketing Arbeitsbetriebe JVA Aichach „Es wird mehr geboten wie früher, wir sind moderner geworden. Früher hat jede Anstalt für sich selber gearbeitet. Heute sind wir eine Art Konzern.“ Hier der Link zum vollständigen Beitrag im Wortlaut. http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-30-10-2014/doppe... Noch eine Nachbemerkung: In der Propagandaausgabe der Bild-Zeitung, die unaufgefordert zum 9.November an alle Haushalte verteilt wurde, gibt es auch einen Artikel zu einem Gefangenen, der 1980 wegen Mordes in der DDR verurteilt wurde und noch heute im Knast sitzt. Dort heißt es auch, dass es in der DDR Arbeitspflicht gab und auch für ihn, deshalb das Ende der DDR eine Verbesserung war. Dass Gefangene in der DDR einen Mindestlohn im DDR-Maßstab bekamen, wurde dabei ebenso wenig erwähnt, wie die Tatsache, dass auch heute noch in den meisten Bundesländern Arbeitspflicht im Knast besteht. Vielleicht sollte ja die Gefangenengewerkschaft eine Pressemitteilung rausgeben, wo sie der Bild-Ente kontert. ">http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-30-10-2014/doppelt-bestraft--strafgefangene-ohne-rentenanspruch-fuer-jahrel.html
http://www.gefangenengewerkschaft.de/broschuere-zu-den-knaesten-in-hesse...). Es sollte auch in Berlin genauer recherchiert werden, welche Firmen in Berlin in Knastarbeit was verdienen. Wie die Bedeutung der Gefängnisarbeit insgesamt gewachsen ist, zeigt ein Kontraste-Beitrag von letzter Woche. Leiterin Marketing Arbeitsbetriebe JVA Aichach „Es wird mehr geboten wie früher, wir sind moderner geworden. Früher hat jede Anstalt für sich selber gearbeitet. Heute sind wir eine Art Konzern.“ Hier der Link zum vollständigen Beitrag im Wortlaut. http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-30-10-2014/doppe... Noch eine Nachbemerkung: In der Propagandaausgabe der Bild-Zeitung, die unaufgefordert zum 9.November an alle Haushalte verteilt wurde, gibt es auch einen Artikel zu einem Gefangenen, der 1980 wegen Mordes in der DDR verurteilt wurde und noch heute im Knast sitzt. Dort heißt es auch, dass es in der DDR Arbeitspflicht gab und auch für ihn, deshalb das Ende der DDR eine Verbesserung war. Dass Gefangene in der DDR einen Mindestlohn im DDR-Maßstab bekamen, wurde dabei ebenso wenig erwähnt, wie die Tatsache, dass auch heute noch in den meisten Bundesländern Arbeitspflicht im Knast besteht. Vielleicht sollte ja die Gefangenengewerkschaft eine Pressemitteilung rausgeben, wo sie der Bild-Ente kontert. ">
http://www.gefangenengewerkschaft.de/broschuere-zu-den-knaesten-in-hesse...). Es sollte auch in Berlin genauer recherchiert werden, welche Firmen in Berlin in Knastarbeit was verdienen. Wie die Bedeutung der Gefängnisarbeit insgesamt gewachsen ist, zeigt ein Kontraste-Beitrag von letzter Woche. Leiterin Marketing Arbeitsbetriebe JVA Aichach „Es wird mehr geboten wie früher, wir sind moderner geworden. Früher hat jede Anstalt für sich selber gearbeitet. Heute sind wir eine Art Konzern.“ Hier der Link zum vollständigen Beitrag im Wortlaut. http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-30-10-2014/doppe... Noch eine Nachbemerkung: In der Propagandaausgabe der Bild-Zeitung, die unaufgefordert zum 9.November an alle Haushalte verteilt wurde, gibt es auch einen Artikel zu einem Gefangenen, der 1980 wegen Mordes in der DDR verurteilt wurde und noch heute im Knast sitzt. Dort heißt es auch, dass es in der DDR Arbeitspflicht gab und auch für ihn, deshalb das Ende der DDR eine Verbesserung war. Dass Gefangene in der DDR einen Mindestlohn im DDR-Maßstab bekamen, wurde dabei ebenso wenig erwähnt, wie die Tatsache, dass auch heute noch in den meisten Bundesländern Arbeitspflicht im Knast besteht. Vielleicht sollte ja die Gefangenengewerkschaft eine Pressemitteilung rausgeben, wo sie der Bild-Ente kontert. ">
Noch eine Nachbemerkung:
In der Propagandaausgabe der Bild-Zeitung, die unaufgefordert zum
9.November an alle Haushalte verteilt wurde, gibt es auch einen Artikel
zu einem Gefangenen, der 1980 wegen Mordes in der DDR verurteilt wurde
und noch heute im Knast sitzt. Dort heißt es auch, dass es in der DDR
Arbeitspflicht gab und auch für ihn, deshalb das Ende der DDR eine
Verbesserung war. Dass Gefangene in der DDR einen Mindestlohn im
DDR-Maßstab bekamen, wurde dabei ebenso wenig erwähnt, wie die Tatsache,
dass auch heute noch in den meisten Bundesländern Arbeitspflicht im
Knast besteht.
Recht merkwürdige Argumente von Halbritter und Scharmer
Es wird sich erstens rechtlichen kaum machen lassen, dass Gefange für die Kosten ihrer Unterkunft bezahlen müssen, auch wenn das vielleicht einige gern machen würden und zweitens wäre das ja immer noch besser, erstmal mehr grundversorgt zu sein, selbst wenn dann ein höherer Anteil irgendwie wieder abgezogen wird. Müsste vielleicht grundgesetzlich dann mal festgestellt werden, aber das wäre dann eben so.
Analog bei den Pfändungsgrenzen, es kann doch kaum sein, dass ich Menschen in künstlicher Armut halte, damit sie vor der Gefahr, ihre Schulden zurück zu zahlen geschützt sind. Oder verstehe ich das was falsch?!
In dem Zusammenhang, wer sind Halbritter und Scharmer? Ich habe jetzt aus dem Text nicht klar entnommen zu welcher Orga die gehören.
Aber auch die Arbeitspflicht hier als unproblematisch darzustellen, find ich ja gelinde gesagt schwach. Der problematische Charakter liegt ja in dem potentiellen Zwangsszenario, auch wenn es vielleicht faktisch sehr selten angewendet wird. Die immer noch existierende Todesstrafe in Hessen (oder so?) ist ja auch ein Skandal, auch wenn sie durch Bundesrecht gebrochen wird.
Naja, insgesamt so nicht nachvollziehbar diese Argumentation für mich. Aber schnell zur Situation der DDR noch mal, da gab's nicht nur Mindestlohn, sondern auch Rentenbeiträge und nach dem Knast problemlose Unterbringung in Arbeitsbrigaden zwecks Resozialisierung.