Eine Veranstaltung mit zwei Nationalisten nicht stattgefunden - Eine Veranstaltung mit zwei Nationalisten doch stattgefunden!
Als die beiden russischen Nazis Stanislav Byschok und Alexei Kochetkov ihr Buch Euromaidan und Nazis unter Ägide von Die Linke und Junge Welt präsentieren wollten, hat es nicht funktioniert. Es gab eine präventive Kampagne und den beiden Autoren wurde abgesagt.[1] Viel wurde dadurch allerdings nicht erreicht. Im Anschluss rechtfertigte der Vertreter von Die Linke die russisch-nationalistische, antisemitische, homophobe Partei Borot‘ba, die diesen Kontakt vermittelte.[2] [3] Die Vorstellung des Buches fand im Berliner Coop Antikriegscafe statt.[4]
Jetzt scheint es besser zu funktionieren: Durch die Bundesrepublik reisen Oleg Muzyka und Sergey Marchel mit ihrer Ausstellung „Odessa Massaker“ und werden von der Jungen Welt, der Partei Die Linke und den übrigen Feinden des Maidan-Nazi-Putsches und blutdurstiger Kiewer Junta in Empfang genommen. Die beiden Gäste Marchel und Muzyka sind nämlich Mitglieder der in Odessa basierten russischen nationalistischen Partei Rodina („Heimat“ auf Russisch).[5] Die Partei ist eindeutig als extrem-rechts einzustufen. Über die in der Ukraine berüchtigt gewordene Rodina gibt es einiges zu erzählen. Am 9. Mai 2011 marschierten sie zusammen mit der Russischen Einheit durch Lwiw und skandierten „Chochly sind Dreck, wir werden siegen!“ und „Tod dem Galizien!“ („Chochly“ ist ein russisches Schimpfwort für UkrainerInnen).[6] Ihrem eigenen Verständnis zufolge war dies ein „antifaschistischer Marsch“. In Odessa kämpfte Rodina für die Errichtung eines Denkmals für die Zarin Katerina die Große. Das ist bestimmt wieder mal sehr antifaschistisch, aber es lohnt sich auch zu fragen, was diese Zarin für die UkrainerInnen bedeutet. Katerina II ruinierte die Kosakenrepublik Sitsch, schaffte die ukrainische Autonomie ab und führte die Leibeigenschaft für die ukrainischen Bauern wieder ein (nachdem sie schon seit über hundert Jahren keine Leibeigenschaft kannten). Besonders viel haben ihr die Krimtataren zu verdanken: Die Eroberung der Krim sowie die erste Vernichtungswelle der tatarischen Bevölkerung. Wer mehr über Rodina erfahren will, kann mal Google-Translater betätigen. In die Suchmaschine ist „Родинa Марков“ einzugeben.
Putin ist Lenin?
Inzwischen kann eine traurige Gesetzmäßigkeit nachgezeichnet werden. Je mehr die deutschen Linken die russische Propaganda mit ihren „Maidan-Nazis“, dem „Putsch“, der „Kiewer Junta“ und übrigen Clichees übernehmen, desto mehr neigen sie dazu, mit den Nazis zusammenzuarbeiten. Im Fall der Ukraine stimmt Die Linke im Europaparlament einstimmig mit den Extrem-Rechten.[8] Als „Beobachter“ beim Krim-„Referendum“ kam der braune Schaum aus ganz Europa (Front National, Vlaams Belang, FPÖ, Ataka, Jobbik usw.). Deutschland war dabei mit fünf Leuten vertreten. Der „Feier der Demokratie“ auf der Halbinsel wurde von Manuel Ochsenreiter aus der Neuen Rechten sowie von vier Mitgliedern der Partei Die Linke abgesegnet.[9]
Warum arbeiten ausgerechnet diejenigen unter den deutschen Linken, die am meisten über die Nazis in der Ukraine schreien, am häufigsten mit den wirklichen Extrem-Rechten zusammen? Die Partei, die immer gegen Auslandseinsätze war, und immer mit völkerrechtlichen Argumenten Kriege verurteilte, findet plötzlich den russischen völkerrechtswidrigen Einsatz auf der Krim in Ordnung. Ist es etwa eine Kleinigkeit, dass zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ein europäischer Staat ein Stück eines anderen Europäischen Staates annektiert? Wo ist die von den Linken dominierte Friedensbewegung? Sie hält es für besser zu schweigen, wie es schon bei der sowjetischen Besatzung von Afghanistan der Fall war?
Steht hinter dieser Haltung nicht vielleicht, dass zu viele Linke – wenn auch unbewusst – das heutige Russland mit der Sowjetunion verwechseln? Den Antikapitalismus mit dem Antiamerikanismus? Die soziale Frage mit irgendwelchen „geopolitischen Interessen“? Das scheint mir der Fall zu sein. Ein guter Beweis davon stellen die Montagdemos dar – wohl der bedauernswerteste Höhepunkt der „ukrainischen“ Kampagne von deutschen Linken. Es ist wohl kein Zufall, dass es dermaßen ausgeartet ist: Wenn man nicht mehr mit sozialen sondern mit „geopolitischen“ Kategorien hantiert, wenn Antikapitalismus mit Antiamerikanismus vertauscht wird, dann kommt man früher oder später auch auf den ethnisch definierten Drahtzieher, der ja seit eh und je an allem schuld ist.
Ist es so schwer nachzuvollziehen, dass das Russland von heute keine Sowjetunion ist? Sie war auch – zumindest ihrem Anspruch nach – nie „Russland“, sondern eine Union von 15 verschiedenen Sowjetrepubliken. Jedenfalls ist sie längst tot und soll auch in Frieden ruhen. Die ehemaligen Republiken haben heute von Russland alles Mögliche zu befürchten, doch nicht den Kommunismus. Putin ist weder Lenin noch Stalin, sondern einer der reichsten Männer auf der Erde, der seine nackten Machtansprüche mit keinem ideologischen Feigenblatt decken will.
Kyrylo Tkachenko
P.S. Was macht man mit einer rechten Veranstaltung? Genau: Die gilt es zu verhindern und zu stören!
Oder sollen etwa die russischen Nationalisten eine Ausnahme bilden?
P.P.S. In den Kommentaren zu meinem Artikel „Antifaschisten im Donbass“ gab’s ein berechtigter Einwand. Es fehlen Verweise auf AntifaschistInnen vom Arsenal. Hier ist ein Artikel darüber auf Russisch: http://theins.ru/obshestvo/1355/. Und hier ist die Website vom Arsenal: http://vk.com/arsenal.ultras. Die Texte sind wiederum auf Russisch und auf Ukrainisch. Was kann man in solchen Fällen außer dem Google-Translater empfehlen? Leute, lernt Ukrainisch und Russisch! Es ist kein rhetorischer Einwand, ich meine es ernst. Das Thema wird bestimmt noch lange aktuell sein und so kann man selbständig über die Ereignisse in Odessa nachforschen, oder prüfen, inwiefern der ukrainische Staat faschistisch ist, oder auch verfolgen, wie sehr die russischsprachige Minderheit in der Ukraine diskriminiert wird. Mehr noch: Die Flugtickets nach Kyiw, Odessa oder Lwiw sind gar nicht so teuer. Der Flug dauert nur zwei Stunden. Die Besitzer vom deutschen Pass brauchen auch kein Visum. Wenn man Linke vor Ort kontaktiert, findet man bestimmt auch Schlafplätze umsonst und Begleitung von Menschen, die Englisch und sogar Deutsch können. Ist das nun wirklich kein guter Tipp?
[6] Zu diesem Vorfall gab es dutzende Berichte. Z.B. hier auf Ukrainisch: http://tsn.ua/ukrayina/ochevidci-biyku-u-lvovi-sprovokuvali-vigukami-hohly-parasha-i-smert-galichine.html. Und hier auf Russisch: http://ru-indeec.livejournal.com/3281.html
Diffamierung von Borotba schon wieder
„They hate us because we are communists“
Interview with Sergei Kirichuk by Andrej Hunko, 09.07.2014
http://www.andrej-hunko.de/7-beitrag/2120-they-hate-us-because-we-are-co...
Übersetzung: http://internetz-zeitung.eu/index.php/2162-andrej-hunko-die-linke-und-di...
Die wahre Rechten
"Warum arbeiten ausgerechnet diejenigen unter den deutschen Linken, die am meisten über die Nazis in der Ukraine schreien, am häufigsten mit den wirklichen Extrem-Rechten zusammen?"
Das hier sind dann die nicht wirklichen Extrem-Rechten:
http://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-rechtersektor-101.html
Diese Leute bezeichnen sich wirklch als Anarchisten...
A.H.: Einige Gruppen wie die "Autonome Arbeiter Union (AST)“ beschuldigen Borotba "pro Russisch" zu sein, und sie behaupten, dass Sie mit konservativen, chauvinistischen oder sogar faschistischen Organisationen, wie Kommuna, Schturmowoj Komitet oder Avtonomnyj Opir zusammenarbeiten. Was antworten Sie auf jene Leute?
S.K.: Die Vereinigung der "Autonomen Arbeiter Union“ ist kleine Sekte, die in der Ukraine unsichtbar, aber auf der internationalen Szene aktiv ist. Ich würde sie als nationale Liberale beschreiben, aber sie geben vor, Anarchisten zu sein. Sie unterstützten die Proteste am Maidan und versuchten, ihren Antikommunismus als ein Werkzeug zu benutzen, um vom extrem rechten Teil der Maidan toleriert zu werden. Auf dem Maidan hatten sie Plakate, die Lenin als ein blutigen Metzger zeigten, der Revolutionäre tötete, und sie feierten, als Maidan Aktivisten das Denkmal von Lenin in Kiew zerstörten.
Als Liberale hassen sie alles, was sie als links betrachten: Sie hassen die bolivarianische Revolution in Venezuela, die kubanische Revolution, und in Deutschland hassen sie die Kommunisten der DKP, und zur gleichen Zeit hassen sie die LINKE wahrscheinlich wegen ihrer Vergangenheit in der DDR. Sie sagen, dass die Rote Armee, die Europa vom Faschismus befreit hat, eine Besatzungsarmee war. Für sie ist Bolschewismus das Gleiche wie der Nazismus.
Thema verfehlt....
Das Interview liefert keine Beleg für Nationalen Liberalismus. AnarchistInnen müssen keine Lenin Fans sein und haben eine andere Postion zu linken Befreiungsbewegungen als KommunistInnen und mit Sicherheit auch zur DKP . Dieses Zitat mag KommunistInnen als Argument gegen AST nutzen, für AnarchistInnen bietet es aber wenig.
Auf die Zusammenarbeit der Borotba geht der Interviewpartner nicht ein..
Auf den Punkt gebracht, dieses Interview ist nichts anderes als Propaganda, S.K scheint ein Politiker zu sein....
neue Infos
Die Präsentation vom Byshoks und Kochtkovs Buch "Euromaidan und Nazis" fand im Rahmen der Ausstellung "Odessa Massaker" doch statt. Das war in Warschau:
https://www.facebook.com/kentrails/photos/a.423954694415973.1073741826.4...
In Leipzig wurde dieselbe Ausstellung durch die Veranstalter als eine Ausstellung über "Holocaust" beworben:
http://presse.grueneleipzig.de/2014/08/21/volker-kulow-instrumentalisier...
Geht sowas in Deutschland überhaupt?
Wann hört die deutsche Linke...
...endlich auf mit den Sandkastenspielchen und setzt sich ernsthaft mit diesem schrecklichen Konflikt auseinander? Dazu genügt es nicht, sich einfach stumpf auf eine Seite zu schlagen und Propaganda nachzuquatschen, egals woher die gerade kommt. Der einzige Weg, um Vereinnahmungen zu verhindern ist es, eine eigene Analyse durchzuführen und auf dieser Basis eine kritische Position zu entwickeln. Solange das hierzulande geschieht, werden immer wieder Rattenfänger (seien es nun ukrainische oder russische) Erfolg haben und Teile der Linken vor ihren jeweiligen Karren spannen können.