„Gelungener Schlag gegen den Rechtsextremismus“ lautete die Überschrift eines Artikels der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung am 03.09.2013.1 Grund für die Freude war das Verbot der Gruppe „Besseres Hannover“, der Volksverhetzung und Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda nachgewiesen werden konnte. Innenminister Boris Pistorius (SPD) äußerte sich zu dem Verbot : „„Besseres Hannover“ war ein besonders gefährlicher Verein mit einer menschenverachtenden und nationalsozialistischen Ideologie.“2 War? Ist!.
Zwar ist die Gruppe als solche verboten wurden und darf nicht mehr unter dem Namen „Besseres Hannover“ in Erscheinung treten, doch ein Erfolg gegen den Vormarsch der Neonazis in Hannover, war das Verbot noch lange nicht. Man hatte sich in Hannover und der Region zu früh gefreut, als am 03.08.2013 der jährlich stattfindende „Trauermarsch“ der Neonazis erfolgreich durch ein breites Bündnis an Akteuren blockiert werden konnte.3 Und auch der Triumph die Kundgebung der rechtspopulistische Partei „Pro Deutschland“, die im September für den Wahlkampf in Hannover Halt machte, massiv gestört zu haben, schien viele in Sicherheit zu wiegen.4
So ist es auch nicht verwunderlich, dass neben den Anwohnerinnen und Anwohnern, die politischen Parteien, antifaschistische Zentren und Gruppen, aber auch die Stadt Hannover keine Kenntnisse darüber hatten, welcher Laden von der Nacht vom elften auf den zwölften September in der Podbielskistraße 159 in der List eröffnet hatte. Dort, wo vorher ein Pizzabringdienst seinen Sitz hatte, prankte nun das Schild mit der Aufschrift „TØNSBERG“. Nur Szenekennenden dürfte zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sein, dass sich hinter diesem Laden kein normales Bekleidungsgeschäft verbirgt, wie es den Anschein hat, sondern dieser Ort vielmehr Anlaufpunkt der extremen Rechten werden könnte.5
Von Seiten der Anwohnerinnen und Anwohnern, einiger politischer Parteien, antifaschistischer Gruppierungen und Gewerkschaften gab es schnell einen breiten und bunten Protest. Während die „Initiative gegen rechten Lifestyle in Hannover“6 auf gewaltfreie und kreative Proteste setzte und neben Demonstrationen, Infostände und einen Laternenumzug gegen den rechten Szeneladen organisierte, drückten andere ihren Protest in Form von Farbanschlägen gegen den Laden aus. Vielfältig und bunt, zeigte sich der Widerstand vom ersten Tag der Eröffnung an.
Doch nicht nur der Laden „TØNSBERG“ schien aus politischer Motivation heraus Zielscheibe eines bunten Protestes zu werden. Hatte es von der Nacht auf den 27. September den ersten Farbanschlag auf den Laden gegeben, folgte in Pattensen, einem Ort in der Region Hannover, ein Anschlag auf das Parteibüro der SPD. Einen Zusammenhang schien zum damaligen Zeitpunkt kaum einer zu erahnen. Dem Übergriff auf das SPD Parteibüro folgten weitere Angriffe auf Räumlichkeiten verschiedenster politischer Organisationen. Den wohl größten Schaden trug das Büro der DKP davon, das in der Nacht vom ersten auf den zweiten Januar dieses Jahres mit Steinen und Molotowcocktails attackiert wurde. Mit dem Angriff auf die DKP wurde jenes Parteibüro am meisten beschädigt, dessen Parteimitglieder sich stark an den Protesten gegen den Laden „TØNSBERG“ einsetzen. Wenngleich die Anschlagsziele von FDP über SPD, von Bündnis 90/DIE GRÜNEN bis hin zur CDU reichten, so wird doch deutlich: Demokratische Organisationen werden von der rechtsradikalen Szene in Hannover als Bedrohung wahrgenommen. Mehrere Anschläge auf die Parteibüros gehen scheinbar auf das Konto von Patrick Kruse, Ex-Führungskader der Neonazi-Gruppierung „Besseres Hannover“. 7Einen Zusammenhang zwischen den Farbanschlägen auf den Thor Steinar Laden und die Attentate gegenüber Parteibüros scheinen viele noch immer nicht wahrhaben zu wollen. Doch wieso kommentierte Benjamin Krüger unter den Link auf der Facebook Seite „Hannover gegen Nazis“ zum Artikel der HAZ, der den Neonazi Patrick Kruse als Tatverdächtigen der Farbanschläge gegenüber mehrerer Parteibüros benennt, „sowas kommt von sowas“? Ist dies vllt. ein Indiz, dass auf einen Zusammenhang der neonazistischen Anschläge und den Protesten gegen den Naziladen schließen lässt.
Welche organisierten Strukturen hinter der rechtsradikalen Szenemarke Marke Thor Steinar stecken, die im Laden an der Podbielskistraße 159 verkauft wird, stellte ein Artikel der jüdischen Onlinezeitung „Hagalil“ heraus.8 Welche Bedeutung aber hat der Laden für die rechtsextreme Szene in Hannover? Dies scheint vielen nicht bewusst zu sein, oder aber sie versuchen die Augen wieder einmal zu verschließen.
Um die Hintergründe zu verstehen, sollte man einen Blick in Städte werfen, in denen in der Vergangenheit ebenfalls rechtsradikale Modeläden eröffnet hatten. So ist im NSU-Prozess herausgekommen, dass der Szeneladen-Besitzer Frank L. das Terror-Trio mit einer Schusswaffe versorgt haben soll. Es ist bestätigt worden, dass eben jene Mordwaffe über die Verkaufstheke des Szeneladens in Jena ging. Auch die Recherchen von Journalistinnen und Journalisten und die Erzählungen von Aussteigerinnen und Aussteigern aus der rechten Szene zeigen, dass in den angeblichen Modeläden weit mehr als nur Klamotten gekauft wird. So werden Neuigkeiten ausgetauscht, zum Teil verbotene Musik weitergereicht und Hinweise zu anstehenden Rechtsrockkonzerten unter die Szene gebracht. Unter dem Deckmantel eines Modeladens werden folglich Absprachen getroffen und ein Netzwerk der aktiven Neonaziszene bildet sich.
Durch das Verbot der Gruppe „Besseres Hannover“ hatte man gehofft, dass man der braunen Brut Einhalt gebieten könnte. Es scheint in der breiten Öffentlichkeit noch nicht wahrgenommen zu werden, wie sich die rechtsradikale Szene in Hannover in den letzten Monaten entwickelt hat und bei der Entwicklung ein schleichender Radikalisierungsprozess zu erkennen ist.
Hatten sich die Mitglieder der mittlerweile verbotenen Gruppierung „Besseres Hannover“ in der ersten Hälfte des Jahres 2013 noch bedeckt gehalten, so ist nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts eine Tendenz erkennbar, dass die selben Leute sich erneut formieren, um ihre menschenverachtende Ideologie zu propagieren. „So haben Neonazis versucht, den in einen Hungerstreik getretenen Asylbewerber Hussein Charara und dessen Helfer zu attackieren. Unter den Angreifern waren auch ehemalige Mitglieder der inzwischen verbotenen Organisation „Besseres Hannover“.“9 Unter ihnen sollen unter anderem Ralf Hansen und Patrick Kruse gewesen sein. Die Angreifer sollen sich dem Flüchtling in der Nacht genährt haben, einige hätten nach Augenzeugenberichten mit Quarzsand gefüllte Handschuhe getragen, um härter zuschlagen zu können. Patrick Kruse soll sich sogar einen Mundschutz eingesetzt haben. Der Angriff konnte allerdings durch die Polizei, die von einem Begleiter des in den Hungerstreik getretenen Libanesen benachrichtigt wurde, verhindert werden.
Die Mitglieder der verbotenen Gruppe „Besseres Hannover“ nahmen auch an dem größten Neonaziaufmarsch in Magdeburg am 18. Januar 2014 teil. Unter ihnen waren u.a. Jessica Kutscher, Benjamin Krüger, Laura Braun, Ralf Hansen, Ronny Damerow. Die Neonazis aus Hannover gingen während des Aufmarsches als erkennbare Gruppe und reisten auch gemeinsam mit dem Zug um 09.55 (Umstieg in Braunschweig) von Hannover aus an.
(u.a. Ralf Hansen, Ronny Damerow, Jessica Kutscher und Laura Braun)
Die Neonaziszene aus Hannover und Region ist in den vergangenen Wochen auch wieder vermehrt als Gruppe „Nationaler Widerstand Hannover“ in Erscheinung getreten, die zur Zeit Stimmung gegen geplante Flüchtlingsheime in Hannover macht. So erschien am 03.02.2014 ein Video auf Youtube, in dem rassistische und fremdenfeindliche Hetzkampagnen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen betrieben werden. So heißt es in dem Video, dass die Flüchtlingspolitik ein Masterplan sei, um „die ethnischen Deutschen am Ende auszurotten“10
Die Euphorie, dass die Gruppe „Besseres Hannover“ verboten wurde, der Naziaufmarsch in Badnenndorf blockiert werden konnte und „Pro Deutschland“ keine Plattform für ihre menschenverachtenden Parolen geboten wurde, scheint noch immer viele Menschen in Sicherheit zu wiegen.11 Die Annahme, dass man durch das Verbot der Gruppe „Besseres Hannover“ die aktive Neonaziszene in Hannover zerschlagen oder zumindest zurück gedrängt hätte, scheint nach den gemachten Ausführungen hinfällig geworden zu sein. Die selben Personen, die Mitglieder der verbotenen Gruppe „Besseres Hannover“ sind, treten wieder verstärkt und radikal in der Öffentlichkeit auf. Zwar nicht mehr unter dem Namen „Besseres Hannover“, doch mit den selben Mitgliedern versuchen die Neonazis aus Hannover ihre menschenverachtende Ideologie in die Stadtgesellschaft zu tragen. Insofern wäre es ein fataler Fehler anzunehmen, das Verbot der Gruppe „Besseres Hannover“ sei ein gelungener Schlag im Kampf gegen die rechtsradikalen Strukturen in Hannover gewesen, da man nicht die Strukturen zerschlagen konnte, sondern lediglich ein Auftreten als erkennbare Gruppe unterbunden hat.
1http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Oberverwaltungsgericht-Lueneburg-bestaetigt-Verbot-von-Besseres-Hannover
2Ebd.
3Vgl. hierzu: http://www.bad-nenndorf-ist-bunt.com/home.php sowie http://badnenndorf-blockieren.mobi/
4Vgl. hierzu: http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Pro-Deutschland-trifft-auf-Gegendemonstration-in-Hannover
7Vgl. hierzu: http://www.endstation-rechts.de/news/kategorie/kameradschaften/artikel/anschlaege-auf-parteibueros-ex-fuehrungskader-der-neonazi-gruppierung-besseres-hannover-unter.html
9http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Neonazis-bedrohen-libanesischen-Mann-im-Hungerstreik-in-der-City-von-Hannover
10Besagtes Video findet sich auf Youtube. Ein genauer Link wird an dieser Stelle bewusst NICHT angegeben, um das Video nicht weiter zu verbreiten und der rassistischen Hetze einen Nährboden zu bereiten.
11Es sei darauf hingewiesen, dass es sich natürlich um einen Erfolg gehandelt hat, dass die Gruppe „Besseres Hannover“ verboten wurde, der Naziaufmarsch in Badnenndorf blockiert werden konnte und „Pro Deutschland“ keine Plattform für ihre menschenverachtenden Parolen geboten wurde. Allerdings darf dieser Erfolg nur als Teilerfolg bei der Bekämpfung von Rassismus und menschenverachtenden Ideologien gewertet werden und nicht darüber hinwegtäuschen, dass die selben Personen immer noch ihre Parolen zu verbreiten versuchen.
Sehr gute Recherche
ist das nicht. Hier hat es wohl eher wieder einen Facebook-Helden in den Fingern gejuckt? Das ist eine ziemlich wirre Zusammenstellung von Fakten, die durch Vermutungen verbunden werden.
Besonders der letzte Absatz (scheinbar eine Art Fazit) ist völlig aus der Luft gegriffen und hier finden sich auch keine Belege für die Behauptungen:
Wer war denn euphorisch über das Verbot von "Besseres Hannover"? (In der Fussnote wird das Verbot erneut als "Erfolg" bezeichnet.) Wer war da erfolgreich? Wer hat angenommen "durch das Verbot der Gruppe „Besseres Hannover“ die aktive Neonaziszene in Hannover zerschlagen oder zumindest zurück gedrängt" zu haben? Ist das niedersächsische Innenministerium seit dem ein antifaschistischer Akteur? Antifa statt Verbote!
Wer hat sich wegen des erfolgreichen Widerstands in Bad Nenndorf und wegen der Proteste gegen Pro Deutschland in Sicherheit gewiegt? Woran wird das fest gemacht.
"Die selben Personen, die Mitglieder der verbotenen Gruppe „Besseres Hannover“ sind, treten wieder verstärkt und radikal in der Öffentlichkeit auf. Zwar nicht mehr unter dem Namen „Besseres Hannover“, doch mit den selben Mitgliedern versuchen die Neonazis aus Hannover ihre menschenverachtende Ideologie in die Stadtgesellschaft zu tragen." Wo genau passiert das denn? Wenn ein paar Nazis zu einem Aufmarsch fahren, sollte das niemanden wundern. Das machen Nazis eben. Aber das soll man doch bitte nicht verwechseln mit einer Teilnahme von 40 Nazis, die mit Schildern und Transparenten regelmäßig an Aufmärschen teilnehmen.
"Insofern wäre es ein fataler Fehler anzunehmen, das Verbot der Gruppe „Besseres Hannover“ sei ein gelungener Schlag im Kampf gegen die rechtsradikalen Strukturen in Hannover gewesen, da man nicht die Strukturen zerschlagen konnte, sondern lediglich ein Auftreten als erkennbare Gruppe unterbunden hat." Wo ist der Beleg dafür? Das was ihr schildert, hat doch nie jemand gemacht.
Das dies nichts mit qualitativer Antifarecherche zu tun hat wird spätestens in der Überschrift deutlich, wenn es um die "rechtsradikale Szene" geht. Sucht euch einen anderen Spielplatz, Facebook Antifas!
Für manche Menschen sehr interessant
Ich kann mich der Kritik, die hier gemacht wird, nicht anschließen. Ich finde den Artikel besonders für Leute, wie mich, gelungen, die nicht so tiefe Einblicke in die Szene haben. Ich würde mich nicht als Antifaschistin bezeichnen, bin aber für Menschenwürde und gegen jede Form von Diskriminierung. Ist das jetzt schlecht? Nur, weil ich nicht Teil einer antifaschistischen Organisation bin?
Ich kann aus meinem Bekanntenkreis bestätigen, dass da viele davon ausgehen, dass mit einem Verbot einer Neonazi-Gruppe, das Problem gelöst sei. Aber so ein Artikel zeigt ja, dass das nicht stimmt.
Ich finde es jedenfalls gut, wenn ein Artikel in der Form auch Leute wie mich erreicht, die sich interessieren und engagieren möchten. Nicht bei der Antifa, aber man kann ja auch in bürgerlichen Bündnissen aktiv werden. Gott sei Dank gibt es diesen Pluralismus!
Und mir macht es schon Sorge, wie in letzter Zeit wieder mit der Flüchtlingsthematik umgegangen wird, und dass das Anknüpfungspunkte für viele Rechte sind.
Also: Danke!