Snowden nach Deutschland? Das ist nicht zielführend

Erstveröffentlicht: 
01.11.2013

Laut Christian Ströbele soll Edward Snowden «unter Bedingungen» bereit sein, nach Deutschland zu reisen. Experte Kurt Spillmann hält wenig davon – und stellt sogar die Rolle des Grünen-Politikers in Frage.

Edward Snowden könne sich vorstellen, nach Deutschland zu kommen, «wenn gesichert ist, dass er in Deutschland bleiben kann», erklärte der grüne deutsche Abgeordnete Christian Ströbele am Mittag an einer Pressekonferenz. Dazu hatte er die Medien eingeladen, nachdem er sich gestern in Moskau mit dem früheren NSA-Mitarbeiter getroffen hatte.

Ströbele brachte einen Brief von Snowden zurück nach Deutschland, der angeblich an Merkel gerichtet ist, allerdings keine entsprechende Anrede enthält. Im Gespräch äusserte sich Snowden offenbar nicht nur zu einer möglichen Aussage vor einem Parlamentsausschuss in Deutschland, sondern auch zu den USA. Demnach würde der frühere NSA-Mann «am liebsten vor dem US-Kongress aussagen», wie es Ströbele formulierte.

«Dort drohen ihm drakonische Strafen»

Der emeritierte ETH-Professor Kurt Spillmann kennt die USA und die transatlantischen Beziehungen. Dass Snowden je wieder freiwillig nach Amerika reist, hält Spillmann für «ausgeschlossen». Und weiter: «Dort drohen ihm drakonische Strafen.»

Zu einer möglichen Ausreise von Moskau nach Deutschland sagt Spillmann: «Ich halte das nicht für zielführend.» Für den Kenner der internationalen Politik wäre eine Verschiebung Snowdens von Russland nach Deutschland höchstens «eine Sensation, die einen Tag anhält». An der Sache ändere sich aber nichts.

Vertrauen wiederherstellen

Ströbeles selbstgenanntes Ziel ist es, Snowden zu einer Aussage vor deutschen Ermittlern in Sachen US-Spionage in Deutschland zu bringen. Spillmann sagt, er würde von Aussagen Snowdens «inhaltlich nichts Neues» erwarten.

Überhaupt schaut er dem Treiben Ströbeles kritisch zu. «Der Mann inszeniert halt auch sich selber.» Für Spillmann geht es in der NSA-Affäre vielmehr darum, das Vertrauen zwischen den ausspionierten Ländern und den USA wiederherzustellen.

Friedrich betont Unabhängigkeit

Deutschlands Innenminister Hans-Peter Friedrich hatte am Vormittag verlauten lassen, dass man durchaus bereit wäre, «Snowden anzuhören». Spillmann mag das nicht allzu hoch werten. «Ich glaube, damit hat er vor allem die Unabhängigkeit Deutschlands in dieser Sache betont.» (baz.ch/Newsnet)