[S] Aktion vor dem Landesamt für Verfassungsschutz

Spontandemo hin

Am vergangenen Freitag den 18. Oktober machen ca. 40 Antifaschistinnen und Antifaschisten in Stuttgart-Bad Cannstatt vor dem Landesamt für Verfassungsschutz in der Taubenstraße 85A auf die Verstrickungen des Inlandsgeheimdienstes in den faschistischen Terror des sogenannten  „Nationalsozialistischen Untergrunds“ aufmerksam.

 

Die Aktivistinnen und Aktivisten zogen mit einer Spontandemonstration vor die Spitzel-Zentrale und machten vor Ort mit einem Redebeitrag, Transparenten, Schildern und einer Sprühkreideaktion auf die gesellschaftliche Rolle des Verfassungsschutz und die Forderung denselben abzuschaffen aufmerksam. Zugleich wurde die überregionale Demonstration in Heilbronn am 2. November und die Demonstration in Schwäbisch Hall am 16. November  im Rahmen der Kampagne „Naziterror und Rassismus bekämpfen! Verfassungsschutz auflösen!“ beworben.


Anschließend entfernten sich die Aktivistinnen und Aktivisten mit einer kurzen Demonstration durch Bad Cannstatt wieder vom Ort des Geschehens wobei das umliegende Wohnviertel durch laute Parolen und hinterlassene Plakate auf die zwielichtigen Nachbarn hingewiesen wurde.


Mit diesem Anliegen stießen sie trotz der Uhrzeit auf überraschend viel Resonanz.


In den nächsten Wochen werden wir versuchen mit linken und antifaschistischen Positionen in die gesellschaftliche Debatte um den NSU-Komplex zu intervenieren. Wir wollen mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Informations- und Diskussionsveranstaltungen und nicht zuletzt 2 Demonstrationen gerade auch die Rolle staatlicher Behörden und ihrer Verstrickungen in den Naziterror in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen zu rücken.

 

Text der gehaltenen Rede:

 

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Passantinnen und Passanten,
im Zusammenhang mit den Debatten um die mutmaßlich 10 Morde des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“, wurde immer wieder auch die Verstrickung des Verfassungsschutzes in den faschistischen Terror thematisiert.
Wie tief diese ist wird an den Berichten über einen V-Mann des baden-württembergischen Landesamts für Verfassungsschutz mit dem Decknamen „Erbse“ deutlich.
Der V-Mann aus der Region Heilbronn soll einem Günter Stengel, seiner Kontaktperson beim Verfassungsschutz bei einem Treffen im Jahr 2003, als der sogenannte „Nationalsozialistische Untergrund“ schon vier mal gemordet hatte,  von einer faschistischen Terrorzelle namens „NSU“ erzählt haben. 5 Namen fallen, darunter mit hoher Sicherheit der von Beate Zschäpe, so die Aussage Stengels vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Berlin. Den Bericht über die Aussage habe er vernichten müssen. Als das Thema im Jahr 2005 noch ein Mal hochkocht, wird Stengel aufs berufliche Abstellgleis gestellt.
Doch nicht nur diese Vorkommnisse, auch der Umgang damit nach Bekanntwerden der faschistischen Mordserie, ist typisch für den Verfassungsschutz. Mehrere hochrangige Mitarbeiter des Landesamtes Baden-Württemberg litten im Zusammenhang mit den Ereignissen bei ihren Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss unter unerklärlichen Gedächtnisverlust und machten Aussagen der Verfassungsschutz hätte zur fraglichen Zeit mangels Quellen keinen Zugang zur Naziszene gehabt. Gegen den Zeugen Stengel wird im Vorfeld seiner Aussage eine Verleumdungskampagne gefahren um seine Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen, gleichzeitig berichtet er von Einschüchterungsversuchen ihm gegenüber.
All dies steht im Kontext des Schredderns von Akten durch den Verfassungsschutz kurz nach dem Bekanntwerden der Mordserie, der vielen Vertuschungsaktionen und der ungeklärten Rolle die verschiedene Staatsdiener im Zusammenhang mit dem NSU spielen.
Wie beispielsweise der hessische Verfassungsschützer Andreas Temme, in seinem Dorf sinnbildlicherweise besser bekannt als „Klein Adolf“, der zum Zeitpunkt des Mordes am Kassler Internetcafebetreiber Halit Yozgat am Tatort anwesend war und von alledem nichts bemerkt haben will.
Doch auch abseits des NSU-Komplex steht der Verfassungsschutz für eine Politik die faschistische Bewegungen durch das V-Mann-System  mit Millionensummen finanziert und vielen Kadern auf diese Weise ermöglicht in Vollzeit Politik zu machen. Er steht für eine Politik die Nazis verharmlost indem er sie durch die Extremismustheorie mit Antifaschistinnen und Antifaschisten gleichsetzt.
Gleichzeitig war der Verfassungsschutz von Gründung an eine antikommunistische Institution, besetzt in Teilen mit alten Gestapo Kadern, maßgebliches Instrument zur Bekämpfung der gesellschaftlichen Linken während der Blockkonfrontation im kalten Krieg.
Auf diese Weise waren tausende Aktivistinnen und Aktivisten von Berufsverboten bedroht, wurden und werden unter Generalverdacht gestellt und massenhaft überwacht.
In der Öffentlichen Debatte werden die Verstrickungen staatlicher Behörden in den Terror des NSU trotz dieser Tatsachen  nicht als strukturelle Probleme begriffen sondern als unerklärliche Pannen und Fehler umdeklariert. In der Konsequenz ergibt sich dann auch das Vorhaben den Verfassungsschutz  zu reformieren und zu einer „Superbehörde“ mit erweiterten Kompetenzen zu machen die besser mit den staatlichen Verfolgungsbehörden vernetzt ist.
Für uns ist klar: Der Verfassungsschutz ist als Instrument für den Kampf gegen Nazis nicht nur nicht zu gebrauchen und in den faschistischen Terror tief verstrickt, er ist zudem eine Bedrohung für antifaschistische Bewegungen und Scharfmacher gegen die gesellschaftliche Linke.

Der Verfassungsschutz kann nicht reformiert werden, er gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!
Verfassungsschutz auflösen!
Naziterror und Rassismus bekämpfen!
Für einen aktiven Antifaschismus!
Kommt zu den Aktionen in Heilbronn und Schwäbisch Hall!