Was die Rechten nicht sind: willkommen

Erstveröffentlicht: 
10.08.2009

Reportage: Sogar die Busse fahren hupend am Schlossplatz vorbei

Polizei kesselt Demonstranten ein und ist nicht zimperlich

 

ZWEIBRÜCKEN. „Geht doch nach Hause!' Mit Rufen, lauten Pfiffen, Trötenlärm und Sambatrommel zeigten rund 200 Gegendemonstranten in der Poststraße, was die Rechten in Zweibrücken nicht sind: nämlich willkommen.
Ab 11 Uhr versammelten sich linke Jugendliche, Männer in karierten Hemden und Frauen mit bunten Haarsträhnen, um mit bunten Luftballons und Transparenten ihre Meinung zu äußern. Währenddessen formierten sich am Bahnhofsvorplatz knapp 100 Rechtsradikale, abgeschottet von Polizeiautos.


„Meine Kinder sind Halbaraber und Muslime. Was heute hier passiert, richtet sich gegen sie. Deshalb bin ich hier', sagt eine Frau. SPD-Stadtratsmitglied Walter Rimbrecht hat über das Netzwerk „Wer kennt wen" Menschen mobilisiert. „Ich bin aber immer noch der Meinung, dass dieser Aufmarsch hätte verboten werden müssen. Die wenden sich hier eindeutig gegen das Grundgesetz, nämlich gegen die Religionsfreiheit', so Rimbrecht.

 

Zu sehen bekommen die Gegendemonstranten die Rechten zunächst nur aus der Ferne. Weil sie den Zugang zur Kaiserstraße blockieren, ändert die Polizeileitung die Wegstrecke. Ein Aufeinanderstoßen von Linken und Rechten soll, so die Polizeitaktik, um jeden Preis vermieden werden.


Gegen 11.30 Uhr marschieren die Rechten los: größtenteils Männer zwischen 20 und 40, auch ein paar Frauen sind dabei, von der Jugendlichen bis zur Oma mit Dauerwelle. Die Gegendemonstranten bleiben, wo sie sind, eingekesselt von Polizisten an der Ecke Luitpoldstraße. Als Einzelne versuchen, der Polizeiklemme zu entwischen, eskaliert die Situation. Ein Jugendlicher wird von Polizisten weggetragen und in Handschellen gelegt, sein Vater, der zu ihm möchte, wird zu Boden gestoßen und festgehalten. Ein weiterer Mann wird festgenommen - er wollte auf die Polizisten einreden. Die Rechten ziehen ungestört über den Herzogplatz. Auf dem Hallplatz, an den Ständen der Stadtrats-Parteien und der Initiative „Buntes Zweibrücken' wird überlegt, wie man ihnen am besten entgegentreten sollte. Alle Läden dicht machen, zu Hause bleiben und ignorieren? „Auf jeden Fall keinen Zündstoff bieten und friedlich bleiben', meint Ingrid Satory- Liebmann von der zweibrücker Initiative.


Friedlich, aber richtig laut geht es ein paar Minuten später bei der Kundgebung am Zweibrücker Schlossplatz zu. Die Rechten provozieren mit Korangesängen, die Demonstranten halten lärmend dagegen - dafür müssen auch das metallene Waldner-Denkmal und Mülltonnen herhalten. Geschossen wird nur mit Fotoapparaten, Linke und Rechte fotografieren sich gegenseitig, wachsam beäugt von Polizisten. Die Damen des Cafés am Schloss schauen neugierig aus der Tür. „Angst machen uns die Rechtsradikalen keine, da ist nur Unverständnis', sagen sie. Die Demo sei aber nicht nur aus ideologischen Gründen ärgerlich, sondern auch schlecht fürs Geschäft. Außencafé-Betrieb könne man heute vergessen. Um 12.30 Uhr bekommen die Gegendemonstranten unerwartete Unterstützung: Hupend fährt eine Reihe von Bussen am Schlossplatz vorbei.


Gegen 13 Uhr geht der Zug der demonstranten weiter. Lxxxxxxxxx Kxxx schaut ihm nach, die Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt. Sie kommt aus Rxxxxxxx bei Fxxxxxxxx, 1xx Kilometer ist sie gefahren, um zu demonstrieren. „Was hier gesprochen wird, ist menschenverachtend, da kommen mir fast die Tränen.' Sie grenze niemanden aus - keine Ausländer, keine Schwulen, keine Behinderten. „In meinen Augen sind wir alle Mitbürger - und vor allem Menschen.' (zdr)