“Wenn Mütter töten, stirbt die Welt”, singt ein evangelikaler Liedermacher gern. Denn “Massenmord an Unschuldigen” durch Abtreibung ist eines der Hauptkampffelder christlicher Hardliner weltweit.
Einmal im Jahr treffen sie sich zum “Marsch für das Leben” in Berlin. Sünderinnen sollen auch im irdischen Leben nicht ungeschoren davon kommen, deshalb fordern Lebensschützer das Ende des straffreien Schwangerschaftsabbruchs. Selbstbestimmungsrechte von Frauen? - Egal. Denn es geht um die Durchsetzung eines religiösen Dogmas: Gott soll über den Beginn und das Ende des Lebens entscheiden und nicht der Mensch. Deshalb sind Lebensschützer auch gegen Pränataldiagnostik und Sterbehilfe.
Religiöse Spinner aus dem Abseits? Weit gefehlt, denn die Lebenschützer finden Unterstützung in der Breite: Die Bahn verkauft Billigtickets zum “Marsch für das Leben”, und die wirklich Frommen aus der CDU-Bundestagsfraktion schicken genauso Grußworte wie die Oberen der beiden großen Kirchen.
Abtreibung wird von Lebensschützern oft als “Massenmord” oder auch mal als “neuer Holocaust” bezeichnet und Pränataldiognostik und Sterbehilfe gelten ihnen als “Euthanasie”. Die Assoziation mit dem Nationalsozialismus, um den vor über zehn Jahren mühsam austarierten Kompromiss zum Schwangerschaftsabbruch in Frage zu stellen, ist gewollt. Für Argumente aus der rechten Ecke ist man sich aber auch nicht zu schade. Die Schlachten von gestern werden insbesondere in stark von Abwanderung betroffenen Regionen vor dem Hintergrund der schwierigen demografischen Entwicklung geführt: Die Deutschen stürben aus, wird proklamiert, und deutsche Frauen sollten es zwangsweise ausbaden.
Referentin: Jennifer Stange (Journalistin)
Diese Informationsveranstaltung zu den Evangelikalen in Deutschland findet im Rahmen der Gegenmobilisierung zum “Marsch für das Leben” statt und ist eine Kooperation von Autonome Neuköllner Antifa und Helle Panke e. V. - Rosa Luxemburg Stiftung Berlin.