Autofahrer in Baden-Württemberg müssen sich bei Polizeifahrzeugen auf neue Signaltöne nach US-Vorbild und rote Lichteffekte gefasst machen. Das bekannte "Tatütata" bleibt.
Alle Streifenwagen sind nach Auskunft des Innenministeriums in Stuttgart
schon mit der neuen Technik ausgestattet. Sie müsse nur noch
freigeschaltet werden. Dies werde allerdings noch vorbereitet. So soll
unter anderem genau erklärt werden, wann und wie die Signale eingesetzt
werden dürfen.
Mancher Autofahrer auf deutschen Straßen könnte sich bald an Hollywood
erinnert fühlen, wenn hinter ihm die Polizei auftaucht: Ein greller
Sirenenton jault auf, im Rückspiegel flimmert es rot von Blinklichtern
auf dem Dach des Streifenwagens.
Als Verstärkung von Blaulicht und Martinshorn kommt eine Signaltechnik
nach US-Vorbild nach Deutschland - zunächst in sechs der sechzehn
Länder. Nicht alle sind überzeugt von vielfältigeren Klängen und Farben
der Polizei.
Dass es nicht um filmreife Action-Effekte geht, lässt schon die
bürokratisch-nüchterne Verordnung erahnen, die seit August eine
bundesweite Rechtsgrundlage für die Zusatzausstattung von Streifenwagen
ist. Optisches Anhaltesignal heißt das rote Blinklicht amtlich, und
strahlen darf es nur nach vorn.
Ergänzt werden kann es durch ein akustisches Signal, das Anhaltehorn.
Dabei ist diese Sirene im US-Sound vom Einsatzhorn zu unterscheiden, das
mit seinem "Tatütata" plus Blaulicht das klassische Signal für
Polizeiwagen im Einsatz ist.
Mit den Zusatzeffekten soll Autofahrern künftig klarer gemacht werden,
dass ausdrücklich sie selbst gemeint sind. "Dieses neue Signal bedeutet:
Anhalten, Polizei", erläutert Lothar Gahrmann, Sprecher des
Landespolizeiamts in Schleswig-Holstein.
Die Beamten bräuchten dadurch Autos nicht mehr zu überholen, um sie
anzuhalten. Im nördlichsten Bundesland werden vorerst 20 Fahrzeuge für
die Autobahnpolizei neu ausgestattet, nach und nach sollen alle 700
Polizeiwagen die neue Technik haben. Neben Baden-Württemberg und
Vorreiter Hessen, wo die Zusatzsignale schon genutzt werden, wollen sie
auch Rheinland-Pfalz, Thüringen und Berlin einführen.
Dabei bietet die Elektronik vieler Streifenwagen schon jetzt eine
ziemliche Bandbreite. Töne sind als gebündeltes weitreichendes
Landsignal oder breit abstrahlendes Stadtsignal verfügbar, wie es etwa
beim Hersteller Hella heißt. Optisch können auch blaue Frontblitzer im
Motorgrill ausgelöst werden.
Per Display sind außer "Stop Polizei" oder "Bitte folgen" rund 430
international vorgegebene Textsequenzen abspielbar. Auch die US-Sirene
mit der Fachbezeichnung "Yelp" kann in der Software aktiviert werden,
rote Flash-Leuchten lassen sich teils nachrüsten. Anschaffungspreis der
Elektrobalken fürs Wagendach: je nach Ausstattung 1000 bis 3500 Euro.
Dass es einige Verwirrung stiften kann, wenn es auf den Straßen bunter
leuchtet und unterschiedlich tönt, haben Experten dabei auch im Blick.
Schon bei Uniformen und Fahrzeuglackierungen zeigen sich je nach
Bundesland ziemliche Unterschiede, wie die Gewerkschaft der Polizei
bedauert. Die Bürger hätten aber Anspruch, von Flensburg bis
Berchtesgaden sichtbar auf die gleiche Polizei zu treffen.
Die Anwendung der neuen Technik ist eingegrenzt. Bei Stopp-Kommandos
dürfen rotes und blaues Licht nicht gleichzeitig aktiviert werden. Für
normale eilige Fahrten auf dem Weg zum Einsatz soll es beim klassischen
"Tatütata" bleiben.