[B] Zwangsräumung verzögert, aber nicht verhindert

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Die Zwangsräumung von Tom in Spandau-Staaken konnte gestern nicht verhindert werden. Zwischenzeitlich gab es kurze Hoffnung auf eine Gesprächsbereitschaft der Vermieterfirma, dann wurde die Blockade aber doch ruppig von der Polizei geräumt. Tom wurde von der Ypsilon-Liegenschaftsfonds-Verwaltungs-GmbH zwangsgeräumt und ist jetzt obdachlos, konnte aber die Nacht in einem Zimmer eines Wohnheims verbringen. In Staaken ist trotzdem ein bißchen was in Bewegung geraten. Aber der Reihe nach:

Bereits vor 07:30 Uhr waren einige Leute angekommen. Von Gerichtsvollzieherin Schröder oder Polizei war da noch nichts zu sehen. Bis zum angekündigten Termin der Zwangsräumung um 8 Uhr hatten es dann vielleicht knapp 50 Unterstütz_erinnen und einige Presseleute nach Staaken geschafft. Dazu kamen im Laufe des Morgens immer mehr Nachbar_innen. Die Blockade begann mit einem Probesitzen vor der Eingangstür zum Pillnitzer Weg 15. Aus dem Treppenhaus wurde ein Transparent mit der Aufschrift. „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ gehangen. Tom kam dann vor die Tür und begrüßte die Unterstützer_innen mit einer kleinen

Anschließend formierte sich die Sitzblockade vor und im Eingangsbereich des Hauses. Kurze Zeit später tauchten zwei Polizeibeamte auf um nach einer verantwortlichen Person zu fragen. Die Blockade machte allerdings klar, dass es diese Person nicht gibt und alle gemeinsam verantwortlich sind. Daraufhin drehten die beiden ab und zogen sich zurück um sich mit der mittlerweile eingetroffenen Gerichtsvollzieherin und weiter eintreffenden Bullen zu beraten.

Tom probierte als erstes, beim Gericht nach dem bisher nicht eingetroffenen Bescheid über seine Räumungsklage zu fragen. Telefonisch wurde ihm mitgeteilt, dass der Bescheid abgelehnt sei. Der nächste Versuch war dann, den Vermieter noch zur Gesprächsbereitschaft zu bringen. Mit einer kleinen Unterstützungsdelegation wurde mit einem anwesenden Vermietervertreter, der Gerichtsvollzieherin und der Polizei verhandelt, kurzzeitig machte sich etwas Hoffnung breit. Die Vermieterfirma ließ sich aber auf nichts ein und blieb hart: Heute wird zwangsgeräumt.

Dann übernahmen die Bullen die Sache. Zuerst wurde der Blockade das übliche angekündigt. Als klar war, dass die Blockade sitzen bleiben würde, wurden die Schläger_innen der 23. Hundertschaft losgelassen. Die eine Hälfte kam über ein Nachbarhaus und die Kellerräume und tauchte plötzlich im Treppenhaus auf. Zeitgleich ging es dann los. Von innen wurden die Leute in Richtung Ausgang die Treppen runter gestoßen, während von vorne in die Blockade vor der Tür gerannt wurde. Dabei traten sie auf die Sitzenden. Es entstand ein mehrminütiges Gerangel im und vor dem Haus, bei dem von Seiten der Bullen immer wieder zugelangt wurde. Als neuen Spruch gabe es häufig: „Ihr macht Leute obdachlos!“ zu hören. Um 09:30 Uhr war die Blockade dann geräumt. Es dauerte noch einen Moment, bis die Gerichtsvollzieherin auch über Nebenhaus und Keller ins Haus gebracht wurde. Leute probierten noch das zu verhindern, kamen aber zu spät. Kurz vor 10 Uhr war die Zwangsräumung dann vollstreckt. Als die Gerichtsvollzieherin aus dem Haus kam, wurde sie lautstark zu ihrem Auto gejagt und rauschte unter Polizeischutz ab.

Nach der Räumung blieben viele Leute noch vor dem Haus. Es wurde mit Tom und den Nachbar_innen geredet. Tom selbst war selbstverständlich niedergeschlagen aber gefasst. Obwohl die Situation sich völlig beruhigt hatte, mussten die Bullen abseits des Geschehens unbedingt noch eine Person festnehmen, sie kam aber noch vor Ort frei. Auch ein Transparent wurde beschlagnahmt.

Immer mehr stellt sich heraus, dass die Ypsilon GmbH und übrigens auch die Polizei bei vielen Mieter_innen in der Wohnanlage verhasst sind. Das Gebäude wird vernachlässigt, die Keller werden den Mieter_innen verwehrt, die Mieten steigen und es gibt anscheinend viele Zwangsräumungen. Die Bullen sind außerdem wohl auch oft in der Anlage und lösen Probleme dann mit Faust und Knüppel. Die Ablehnung von Vermieter und Polizei zeigte sich auch dadurch, dass im Laufe des Tages immer mehr Nachbar_innen auf die Straße kamen und sich solidarisch mit Tom und der Aktion zeigten und auch praktisch eingriffen. Verglichen mit anderen Aktionen in der Innenstadt war das sogar mehr als gewöhnlich. Mehrere Leute vereinbarten auf jeden Fall in Kontakt zu bleiben.

Die Zwangsräumung konnte nicht verhindert werden und Tom ist jetzt erstmal obdachlos. Das ist scheiße. Neben der Verhinderung seiner Zwangsräumung war es Tom auch wichtig, dass die Räumung und die Zustände in der Wohnanlage öffentlich gemacht werden. Das konnte auf jeden Fall erreicht werden und darauf kann man in Staaken jetzt aus außerparlamentarisch-linker Sicht auch aufbauen. Es könnte ein Anfang von Selbstorganisation im Kiez dort sein.

Mit einer Pressemitteilung versucht das Landgericht Berlin jetzt, Tom als gerechtfertig Zwangsgeräumten darzustellen. Vorgebracht wird ein Vorfall mit einer anderen Mieterin im Haus, der letztendlich zum Räumungsurteil führte. Dem Bündnis Zwangsräumung Verhindern stellt sich die Sache nicht so einfach dar: Der Vorfall wurde auch vor dem Strafgericht verhandelt und dort eingestellt, da Aussage gegen Aussage stand. In der mietrechtlichen Verhandlung vor dem Zivilgericht reichte es dem Gericht aber, nur die Mieterin und nicht auch Tom und seine Zeugen anzuhören. Der eigentliche Grund für Toms Rausschmiss ist sein Engagement gegen die Vermieterfirma. Die erste Kündigung, übrigens wegen vorrübergehender Mietrückstände wegen Jobcenterversagen, kam ungefähr zeitgleich zum Zeitpunkt, als Tom Sprecher der Mieterinitiative Staaken wurde. Es folgten mehrere fristlose Kündigungen, bis eben eine erfolgreich war. So oder so, es gibt ohnehin keine richtigen und falschen Zwangsräumungen. Nach jeder Zwangsräumung sitzen Menschen auf der Straße. Und jede Zwangsräumung ist Ausdruck des Machtverhältnisses, das zwischen Immobilieneigentum und dem Bedürfnis nach Wohnen besteht, und das vom Staat zuir Not auch mit Polizei durchgeprügelt wird.

Gestern wurde während der Blockade bekannt, dass zur gleichen Zeit auch in Bottrop, NRW, eine Zwangsräumung verhindert werden sollte. Leider wurde die Räumung auch dort von der Polizei durchgesetzt.

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Links:
Interview mit Tom vor der Zwangsräumung
Toms Rede vor der Zwangsräumung
Zusammenfassung Livestream
Livestream volle Länge

PM des Bündnis vor der Zwangsräumung
PM des Bündnis nach der Zwangsräumung

Artikel: Intervention in der Banlieue
Artikel: Junge Welt
Artikel: Neues Deutschland

Zwangsräumung Verhindern NRW



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Bündnis Zwangsräumung Verhindern