Der Sonntag zum Outing in Freiburg

Erstveröffentlicht: 
19.07.2009

Aufgedeckt und aufgelöst

So fragwürdig wie erfolgreich – wieder stellt die Antifa Freiburger Rechtsradikale bloß

Zum wiederholten Mal „outet“ die Freiburger Antifa Mitglieder der rechten Szene in Südbaden, dieses Mal den Freiburger Vorsitzenden der NPD. Die Methoden der selbst ernannten Nazi-Jäger sind dabei rechtlich äußerst zweifelhaft, die Aufdeckungen dafür oft recht erstaunlich.

Jens Kitzler

Zumeist bringt man das nette Freiburg höchstens mit Öko-Extremisten in Verbindung, also ist es doch recht überraschend, was die Aktivitäten der autonomen Antifaschisten zutage fördern. Wer hätte geahnt, dass es in Freiburg einen – theoretisch zumindest – aktiven Kreisverband der NPD gibt? Beim letzten hiesigen Auftritt vor sieben Jahren hatte die rechtsextreme Partei Personal von weither nach Freiburg karren müssen, um vor dem Hauptbahnhof überhaupt ein sichtbares Häuflein zumeist Halbwüchsiger präsentieren zu können – auf Socken und vor rund 15 000 Gegendemonstranten.

Ende Juni aber prangerte die Antifa den in Freiburg wohnenden NPD-Kreisvorsitzenden im Internet an und zerrte zahlreiche Details aus seinem Leben in die Öffentlichkeit, von den Parteiaktivitäten des 39-Jährigen über den Inhalt seines Bausparvertrags bis zum Arbeitsplatz seiner Frau. Nicht alle Daten basieren auf geheimnisvollen Ermittlungsmethoden, der NPD-Vorsitzende bewegte sich im Internet offenbar recht sorglos: Von seinen Vorlieben für erotische Bücher beispielsweise erfährt man aus der für jeden einsehbaren persönlichen Wunschliste beim Internet-Buchhändler Amazon. Und im bizarren Forum der „Germanischen Weltnetzgemeinschaft“ (thiazi.net) gibt der 39-Jährige genügend Widerliches von sich, geht man nach dem „Nickname“ des NPD-Mannes, den die Antifa entschlüsselt haben will.

Als Reaktion auf das „Outing“ hatte der Freiburger Kreisvorsitzende seinen Verband dann offenbar zuerst einmal aufgelöst – die Landes-NPD allerdings hat die Auflösung jetzt dementiert und gleich mal den Ausbau neuer Strukturen angekündigt, „um dem politischen Feind in Freiburg und Umgebung effektiv Paroli bieten“ zu können.

Nur in Hinterzimmern

Die Auflösung des Freiburger Verbandes dürfte nach außen kaum einen Unterschied machen. „Keine große öffentliche Wirkung“ bescheinigt das Landesamt für Verfassungsschutz den Freiburger Rechten. Nur selten hatte sich die winzige Gruppe getroffen und dann nur in Hinterzimmern, beispielsweise 2007 in einem Gasthaus in Zähringen – was wiederum durch eine Veröffentlichung der Antifa bekanntgeworden war.

Auf ähnliche Art und Weise veröffentlichte die anonym arbeitende Gruppe immer wieder Identitäten von laut ihren Ermittlungen Rechtsradikalen in der Regio, Dezember letzten Jahres wiederum trennte sich der Freiburger Stadtkurier von einem Redakteur, nachdem die Antifa seine Bestellung eines Hakenkreuz-Pullovers beim Händler „blutschutz.ch“ veröffentlicht hatte. Der Journalist begründete seine Aktivitäten in Nazi-Kreisen mit Recherchen für einen Artikel.

Der Freiburger NPD-Mann wurde offenbar nicht nur im Internet „geoutet“, sondern auch über nächtliche Aushänge in seiner Nachbarschaft. Seit damals interessiert sich die Polizei für die fragwürdigen Methoden der Antifa, die irgendwo zwischen Aufklärung und Rufmord oszillieren und Grundsätze des Rechtsstaats schlicht ignorieren. Ob Datenschutz, Versammlungsfreiheit oder Persönlichkeitsrecht – die Gruppe torpediert diverse Rechte, für deren Erhalt sie anderer Tage selbst demonstrieren. Die Freiburger Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile gegen die Antifa. Also gegen unbekannt – wobei es angesichts der Anonymität der Linken wahrscheinlich auch bleiben wird.