Kommunalwahlen S-H 2013: Ratssitze für Neo-Faschisten in Kiel, Neumünster und Lauenburg.
Bei den gestrigen schleswig-holsteinischen Kommunalwahlen hat Hermann Gutsche, der seit 2008 für die Neonazi-Partei NPD im Kieler Rathaus vertreten ist, mit seiner Tarnliste Wahlalternative Kieler Bürger (WAKB) für viele überraschend den Wiedereinzug in die Ratsversammlung der Landeshauptstadt geschafft. Einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von 37,1% (46,6% auf Landesebene) und vier Ausgleichmandaten für Überhänge anderer Listen hat der braune Ratsherr zu verdanken, dass trotz realem wie relativem Stimmenverlust im Vergleich zur Kommunalwahl 2008 (1478 NPD-Stimmen/1,7%) die Zustimmung von 810 Kieler/innen (1,1%) zur offen rassistischen und nationalistischen WAKB-Programmatik genügte, um für weitere fünf Jahre als Einzelvertreter im Kieler Rat sitzen zu können. Ihr höchstes Ergebnis erlangte die WAKB erwartungsgemäß in Mettenhof (2,9%/103 Stimmen), wo ein Großteil ihrer Kandidat/innen wohnhaft ist, gefolgt von Elmschenhagen (2,2%/101 Stimmen), Ellerbek/Wellingdorf (2%/66 Stimmen) und Gaarden (1,8%/51 Stimmen).
Vorausgegangen war ein vergleichsweise schwacher Wahlkampf für die rechte Liste, deren Füllmasse vor allem von Mitgliedern des Neonazi-unterwanderten Hobbyfußballclubs Bollstein Kiel
gestellt wurde. Stadtweite Postwurfsendungen und ein paar Aufkleber
reichten allerdings aus, um das an der Förde traditionell vorhandene
braune Klientel ausreichend zu den Urnen zu mobilisieren.
Auch in anderen Kreisen bzw. Städten gelang es Neo-Faschisten, Sitze in
den Kommunalvetretungen zu gewinnen: In Neumünster zog Mark Proch, der
im vergangenen Jahr als Initiator mehrerer Demonstrationen gegen einen
Sexualstraftäter bekannt geworden war, für die NPD ins Rathaus ein, die
insgesamt 408 Stimmen (1,6%) für sich vereinnahmen konnte. Im Herzogtum-Lauenburg zog der erst kurz
vor der Wahl aus der NPD ausgetretene Kay Oelke in den Kreistag ein,
dessen Parteineugründung Rechtsstaatliche Liga (RL) ein Ergebnis von 1,6% (1209 Stimmen) erlangte. Lediglich Ingo Stawitz, NPD-Landesvositzender und Spitzenkandidat im Kreis Pinneberg, verpasste mit 1% (1105 Stimmen) auf Kreisebene und 1,6% in Uetersen sowohl den Einzug in den Kreistag, als auch in den Stadtrat Uetersen.
Insgesamt muss festgestellt werden, dass es neo-faschistischen Bewerbern
in Schleswig-Holstein gelungen ist, trotz offenkundiger Schwäche ihrer
organisierten Strukturen, interner Zerstrittenheit, nur weniger
Kandidaturen und einem kaum zu vernehmenden Wahlkampf, mit
niedrigem Aufwand die Anzahl ihrer Ratsvetreter im Land von zwei auf
drei zu erhöhen. Das Stammklientel der rechten Listen, das ohne großen
Aufwand durch stumpfeste rassistische Hetze und nationalistische
Selbstbemitleidung angesprochen werden kann, ist für sie in Schleswig-Holstein
weiterhin abrufbar.
Nicht nur die Kandidat/innen von NPD und anderer
neo-faschistischer Parteiprojekte gilt es für Antifaschist_innen daher
in Wahlkampfzeiten und darüber hinaus im Auge zu behalten, sondern auch
das Konglomerat aus rechtem Lifestyle, gesellschaftlichem
Stammtisch-Chauvinismus und offensichtlicher wie unscheinbarer
Infrastruktur, das ihre Wahlbasis bildet, muss im Blickfeld
antifaschistischer Interventionen bleiben. Nichtsdestotrotz sollten sich
auch die braunen Ratsherren Hermann Gutsche, Kay Oelke und der Neuling Mark Proch auf eine unruhige Amtsperiode verlassen dürfen.
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