Das Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Cannstatt wurde eingestellt. Hintergrund war ein angeblicher Hausfriedensbruch vor zwei Jahren im Rahmen der Proteste gegen einen rassistischen Kongress. In den kommenden Wochen stehen weitere Verfahren an.
Der Hintergrund
Vom 02.-05. Juni 2011 fand in Stuttgart ein sogenanntes „Islamkritisches Wochenende“ der islamophob-rassistischen Organisationen „Politically Incorrect News“ und „Bürgerbewegung Pax Europa e.V.“ statt. Diese rechtspopulistischen Zusammenschlüsse hetzen unter dem Deckmantel der Religionskritik gegen vermeintliche Muslime, schüren Ängste in der Mitte der Gesellschaft und bilden somit den Nährboden und Anknüpfungspunkte für rassistische Ideologien.
Die Deutschlandzentrale der Piusbrbrüder in Feuerbach hat den Rechtspopulisten im Rahmen ihres Aktionswochenendes ihre Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Nachdem das Bürgerhaus in Feuerbach ihnen die Nutzung ihrer Räume aufgrund antifaschistischer Proteste kurzfristig untersagte, sprang die nahegelegene Bruderschaft bereitwillig mit Ersatzräumen ein.
Die Anhänger der Piusbruderschaft sind immer wieder wegen ihren antisemitischen und homophoben Ansichten in die öffentliche Kritik geraten. So hat der sogenannte „Distriktobere“ der Piusbrüder in Deutschland, Franz Schmidberger, als er in einem Interview auf antisemitische Klischees von „zersetzender jüdischer Kultur“ und „jüdischem Zinswucher“ in Veröffentlichungen der Bruderschaft angesprochen wurde, lediglich erwidert: „Da ist schon etwas dran“.
Am Freitag, den 3. Juni, fand also ein Teil des rechten Veranstaltungsprogrammes in der „Maria Königin“-Kirche statt. Ein Programm, auf dem unter anderem international bekannte Rassisten wie Robert Spencer ihre menschenverachtenden Theorien vorstellen durften.
Am darauffolgenden Samstag haben die fünf Angeklagten im Anschluss an eine antirassistische Kundgebung das frei zugängliche Gelände der „Maria Königin“ Kirche der Piusbruderschaft betreten. Es ging darum, sicherzustellen, dass der Ort nicht erneut Schauplatz rassistischer Propaganda wird. Die Versammlung im Innenhof der Kirche sollte ein klares Signal gegen Ausgrenzung und Diskriminierung an einem Ort aussenden, an dem das aufgrund der Ereignisse am Vortag auch bitter nötig war.
Der heutige Prozessverlauf
Massive Kontrollen der Polizei hinderten die Prozessbeobachter_Innen und Angeklagten pünktlich in den Saal zu gelangen. Daher begann die Verhandlung mit 30 Minuten Verspätung.
Vor Prozessbeginn belehrte Richterin Bingel die etwa 35 Prozessbebachter_Innen wie sie sich im Gerichtssaal zu verhalten hätten. Anschließend stellte sie die Personalien der Angeklagten fest. Danach verlas der Staatsanwelt die Anklage wegen Hausfriedensbruch.
Als einziger Zeuge war der damalige Einsatzleiter POK Lange geladen. In seiner Vernehmung durch die Richterin schilderte er, dass bereits im Vorhinein befürchtet worden sei, dass die Kundgebungsteilnehmer_Innen auf das Gelände der Piusbruderschaft gehen könten. Er führte weiter aus: „Die Personen haben sich sehr unkooperativ verhalten. Es gab sogar Widerstandshandlungen. Das war nicht angenehm dieser Einsatz.“ Da er sich sonst lediglich an wenige Details erinnern konnte dauerte seine Vernehmung auch dementsprechend nur 10 Minuten.
Nachdem die Angeklagten klargestellt hatten, dass sie sich nicht zum Tatvorwurf äußern werden, wurden sie zu ihren persönlichen Verhältnissen befragt.
Daraufhin regte der Vertreter der Staatsanwaltschaft an, die Verfahren gegen die Angeklagten einzustellen.
Ein Verfahren wurde auf Grund eines rechtskräftigen Strafbefehls in anderer Sache ohne weitereAuflagen eingestellt. Die anderen Verfahren wurden nach § 47 JGG gegen Auflagen, in drei Fällen 20 Arbeitsstunden und in einem Fall 400€ an die Björn-Steiger-Stiftung, eingestellt.
Fazit
Da mit einem Freispruch nicht zu rechnen war, war es richtig die Einstellung trotz der Auflagen anzunehmen.
Politisch bewerten die Angeklagten ihr damaliges Handeln nach wie vor als richtig. Es ist und bleibt notwendig konsequent gegen die zunehmende Ausbreitung des Rechtspopulismus vorzugehen. Dafür sollten wir uns mit Zivilcourage und Konsequenz einsetzen.
Im Nachhinein ist es als richtig zu bewerten solche Prozesse politisch vorzubereiten und durch eine kritische Prozessbeobachtung zu begleiten. Die nächste Möglichkeit Genossinnen zu unterstützen besteht voraussichtlich am 22. Mai. Achtet auf Ankündigungen!
Solidarität ist wie eine Waffe!
Aufruf zur Pozessbeobachtung des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart & Region
Flyer der Roten Hilfe Stuttgart