Der braune Musiksommer beginnt in Thüringen: Neonazi-Feier mit „Sleipnir“ und „Words of Anger“
Der Sommer naht und damit die Open Air-Saison. Wie in den letzten Jahren wollen auch Neonazis ihr Stück von diesem Kuchen abbekommen. Den Anfang macht in knapp drei Wochen der von dem Neonazi Thorsten Heise organisierte „Eichsfeldtag“. Neben den Rechtsrock-Bands „Sleipnir“ und „Words of Anger“ wird in der thüringischen Provinz der ehemalige NPD-Chef Udo Voigt erwartet.
Thüringen gilt als braune Konzerthochburg, besonders im Sommer. Gleich
mehrere große Festivals bieten Interessenten die komplette
rechtsextremistische Erlebniswelt, von bekannten Hassbands, über Redner
aus dem Umfeld der NPD und der Freien Kameradschaften,
Informationsstände verschiedenster Initiativen, bis hin zu einem
Unterhaltungsprogramm für Kinder.
Zu den bekanntesten Veranstaltungen gehört neben dem „Thüringentag der nationalen Jugend“ und dem „Rock für Deutschland“, das im letzten Jahr bereits zum zehnten Mal in Gera über die Bühne ging,
der „Eichsfeldtag“ in Leinefelde (Landkreis Eichsfeld). Der von den
bekannten Neonazi Thorsten Heise organisierte Event zog bei seiner
zweiten Auflage im letzten Jahr fast 1.000 „Kameradinnen“ und „Kameraden“ in die thüringische Provinz.
Bei nasskaltem Wetter und nur acht Grad Celsius vermochte allerdings
nicht einmal der Ex-Sänger der als kriminellen Vereinigung eingestuften
Neonazi-Band „Landser“, Michael „Lunikoff“ Regener, mit seiner neuen
Begleitband Begeisterungsstürme zu entfachen.
Trotzdem wird in
diesem Jahr in Leinefelde wieder die braune Open Air-Saison eröffnet.
Bislang sind für das Konzert am 4. Mai, das unter dem schwer greifbaren
Motto „Deutschland ist mehr als ein Wirtschaftsstandort“ steht, zwei
Musikgruppen angekündigt. Neben den unvermeidlichen „Sleipnir“, die zum
Standardrepertoire auf NPD-Veranstaltungen zählen, werden „Words of
Anger“ ihre Hassbotschaften in die tobende Meute schleudern. Die
Rechtsrock-Kapelle aus Schleswig-Holstein, deren Debüt „Kranke Welt“
indiziert wurde, brachte 2006 eine Mini-CD mit dem symbolträchtigen
Titel „Nazi Rock 'n' Roll“ heraus. Zu ihren bekanntesten Songs gehören
Titel mit Namen wie „Anti Antifa“, „Tribut to ISD [Ian Stuart Donaldson,
verstorbener Sänger von „Skrewdriver“ und Kopf des Netzwerkes „Blood
& Honour“], „Rebellen für Deutschland“ oder „Rudolf Hess“. Außerdem
werben die Veranstalter mit einem „Überraschungsgast“.
Da in
diesem Jahr zahlreiche Initiativen aus dem „nationalen Spektrum“ ihr
Kommen angekündigt hätten, möchte das Organisationsteam das Treffen
breiter anlegen. Zugesagt hätten bislang die „Kameraden vom TDDZ [Tag
der Deutschen Zukunft] und dem Trauermarsch Bad Nenndorf“. Fortan werde
die Veranstaltung deshalb unter dem Label „Nationaler Kundgebungstag“
laufen. Damit solle der „dynamischen Entwicklung“ der braunen
Zusammenkunft Rechnung getragen werden, schreibt der stellvertretende
NPD-Kreisvorsitzende, Matthias Fiedler, auf Facebook.
Das diesjährige Rednerprogramm stellt hingegen einen Kontrast zum „Sachsentag“ des NPD-Nachwuchses „Junge Nationaldemokraten“
dar. Während dort vor allem Repräsentanten des vermeintlich
„weichgespülten“ Apfel-Kurses wie der Parteivorsitzende Holger Apfel
höchstselbst, oder die beiden mutmaßlichen Mitarbeiter der sächsischen
Landtagsfraktion, Maik Scheffler und Andy Knape, sprechen, greifen die
Thüringer Aktivisten auf parteiinterne Kritiker zurück. Neben
Organisator Thorsten Heise, dem der Bundesvorstand erst kürzlich einen „Maulkorb“
verpasst hatte, wird der Ex-NPD-Bundeschef Udo Voigt zum Mikrophon
greifen. Der 61-Jährige war zuletzt Kristallisationspunkt der
innerparteilichen Putsch-Bewegung. Die internationale Karte spielen die
Veranstalter durch die Teilnahme des französischen Publizisten Pierre
Krebs. Der 67-Jährige zählt zu den wichtigsten Theoretikern der „Neuen
Rechten“. Wie Voigt hatte Krebs seine Teilnahme im letzten Jahr
kurzfristig absagen müssen.
In und um Eichsfeld mobilisieren
bereits zahlreiche Neonazi-Gegner gegen die Heise-Veranstaltung. Auf
einem eigens eingerichteten Blog
können sich Interessenten auf dem Laufenden halten. Dort findet man
beispielsweise Infos über zwei Gegenkundgebungen, die in unmittelbarer
zeitlicher und räumlicher Nähe stattfinden sollen: Am 3. Mai treffen
sich Aktivisten unter dem Motto „Sportplatz kunterbunt – kein Platz für
Nazis“ auf dem REWE-Parkplatz in der Südstadt. Am darauffolgenden Tag
wird es dann eine Demonstration geben. Los geht es um 16.00 Uhr auf dem
Bahnhofsvorplatz in Leinefelde.
Foto: Johannes Hartl