FREIBURG
Der ehemalige Ministerpräsident Hans Filbinger war nach Auffassung seiner Tochter kein Gegner des Nationalsozialismus. Sie hatte die Tagebücher ihres Vaters in Freiburg gefunden und gelesen.
Susanna Filbinger-Riggert sei zu dieser Einschätzung gekommen, nachdem sie die bislang unbekannten Tagebücher ihres Vaters entdeckt und ausgewertet habe, berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Der CDU-Politiker Hans Filbinger musste 1978 nach zwölf Jahren im Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass er in der Endphase des Zweiten Weltkriegs als Marinerichter an Todesurteilen beteiligt war.
Absurde Äußerung Oettingers
Nach dem Tod Filbingers 2007 hatte der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger gesagt: "Hans Filbinger war kein Nationalsozialist, im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes, der sich aber den Zwängen des brutalen Regimes ebenso wenig entziehen konnte wie Millionen andere." Diese Äußerungendes CDU-Politikers hatten zu einer großen Kontroverse geführt.
Filbinger-Riggert widersprach dieser Einschätzung. "Gegner des Nationalsozialismus: Das waren die Stauffenbergs und Goerdelers", sagte sie der FAS. Nach Angaben der Zeitung entdeckte sie nach dem Tod ihrer Mutter im Oktober 2009 im Haus der Familie in Freiburg die Tagebücher des Vaters, von deren Existenz niemand wusste.
Die etwa 60 Ringbücher im DIN-A-5-Format seien der Konrad-Adenauer-Stiftung übergeben worden, die die Urheberrechte habe. Sie umfassten den Zeitraum vom Zweiten Weltkrieg bis Filbingers Rücktritt. Nach der Lektüre hat Susanna Filbinger-Riggert ihre Eindrücke in einem Buch niedergeschrieben, das Ende April erscheinen soll.
Kein Wort der Verurteilung
Filbingers Tochter bezeichnete im Gespräch mit der Zeitung die Einstellung ihres Vaters zum Nationalsozialismus zwar als kritisch. Er sei vor allem Soldat der Wehrmacht gewesen, die er als Schutz vor dem Ideologischen gesehen habe. Es finde sich in den Tagebüchern kein Hinweis, dass er ein ausgesprochener Anhänger Hitlers oder des Nationalsozialismus gewesen wäre. Es findet sich aber auch kein Wort der Verurteilung, der Ablehnung.
Dass ihr Vater die Verbrechen der Nazis und vor allem die Ermordung der Juden gutgeheißen habe, glaube sie nicht. "Aus meiner Sicht hat er sich für das Funktionieren des Systems Wehrmacht instrumentalisieren lassen."