Am 13. Februar wurde im vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamburg geführten Verfahren gegen den kurdischen Politiker Ali Ihsan Kitay, der sich bereits in der Türkei 20 Jahre im Gefängnis befand und mehrfach schwer gefoltert wurde, das Urteil gesprochen. - Referentin: Rechtsanwältin Britta Eder
Das Gericht befand den 47-jährigen Kurden schuldig, in den Jahren 2007 und 2008 die kurdische Arbeiterpartei PKK in Norddeutschland geleitet zu haben und verurteilte ihn wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129b Strafgesetzbuch zu einer Gefängnisstrafe von 2 ½ Jahren. Gegen eine Kaution wurde Ali Ihsan bis zur Entscheidung über die Revision aus der Untersuchungshaft entlassen. Es ist das erste Urteil nach § 129b gegen einen kurdischen Aktivisten.
Konkrete Straftaten wurden ihm nicht vorgeworfen. Dem Oberlandesgericht reichte es aus, dass Kitay für eine kurdische Veranstaltung einen Grill von Kiel nach Hamburg orderte, das kurdische Neujahrsfest „Newroz“ organisierte und vor allem des Öfteren Streitigkeiten in den eigenen Reihen schlichtete.
Im Grunde ging es in diesem Verfahren somit nicht um die Schuld oder Unschuld von Ali Ihsan Kitay, sondern um die Frage, ob die kurdische Arbeiterpartei PKK als terroristische Auslandsorganisation oder als legitime Befreiungsbewegung anzusehen ist.
Das OLG Hamburg hat zwar die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der KurdInnen sowie die anhaltenden staatlichen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen bis hin zu Chemiewaffeneinsätzen (u.a. einen 1999 vom jetzigen Generalstabschef Necdet Özel befehligten
Chemiewaffeneinsatz in Cukurca) in der Türkei als erwiesen angesehen und die Straflosigkeit der Täter aus den Reihen von Polizei und Militär kritisiert, aber dennoch der kurdischen Bewegung und der PKK das Recht auf einen bewaffneten Widerstand abgesprochen.
In Stuttgart, Berlin und Düsseldorf laufen derzeit Verfahren gegen weitere kurdische AktivistInnen.
Wir wollen das zum Anlass nehmen, uns im Rahmen der Veranstaltung zum einen zunächst grundsätzlich mit der Geschichte des § 129b auch gegen andere Organisationen zu beschäftigen und schließlich genauer mit dem Verfahren gegen Ali Ihsan und weitere kurdische AktivistInnen.
Rechtsanwältin Britta Eder wird dies sowohl aus rechtlicher Sicht beleuchten als auch auf die für die völkerrechtlichen Fragen erforderlichen politischen Hintergründe des türkisch-kurdischen Konfliktes eingehen.
Ort: ZEP, Zeppelinstr. 1, Heidelberg-Neuenheim
Veranstaltet von: Rote Hilfe Heidelberg und Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD)