In memoriam Willi

thomas meyer falk

Am 10 April jährt sich erstmals der Todestag des Bruchsaler Gefangenen Willi K., Opfer einer gnadenlosen deutschen Justiz. Vorgeschichte

Der 1966 im Südbadischen geborene Willi starb, nachdem er sich in Haft mit HIV (beim Spritzentausch) infizierte, vor einem Jahr im Bruchsaler (http://www.bruchsal.de/) Krankenhaus, in welches er nur Stunden vor seinem Tod notverlegt wurde. Über seinen Sterbeprozess und vergeblichen Kampf um ein Sterben in Würde und vor allem Freiheit habe ich verschiedentlich berichtet (zuletzt http://de.indymedia.org/2012/11/337976.shtml).

Willi hatte alles versucht, vom Gnadengesuch an den GRÜNEN Ministerpräsidenten Kretschmann (http://www.stm.baden-wuerttemberg.de), bis hin zu Anträgen auf Haftunterbrechung wegen Vollzugsuntauglichkeit oder auch zumindest reguläre Freilassung auf Bewährung an das Landgericht Karlsruhe (http://www.lgkarlsruhe.de/).


Insbesondere das Landgericht zeichnete sich dadurch aus, dass es die Anträge so lange hatte liegen lassen, bis Willi starb.
Dass die Richterinnen und Richter am Landgericht Karlsruhe weiterhin unwillig sind, beschrieb ich vor wenigen Wochen in einem Beitrag über „Karlsruher Landrecht“ (http://de.indymedia.org/2013/03/342720.shtml); wobei hier die RichterInnen nur exemplarisch für den Gesamtzustand der Justiz stehen.


Erinnerung an Willi


Bei Gefangenen, die Willi noch kannten, kommt nur noch selten das Gespräch auf ihn und seinen Todeskampf, aber immerhin, an ihn erinnert man sich öfter als an manch anderen Gefangenen, der hier schon gestorben ist.

In Erinnerung bleibt seine lebhafte, sehr kommunikative Art, aber auch die erschreckend abgemagerte Gestalt, die er in seinen letzten Lebensmonaten war, als er sich nur noch tastend und unendlich langsam auf dem Flur vorwärts bewegen konnte. Oder wie er dann in den letzten Lebenstagen delirierend in seiner acht Quadratmeter messenden Zelle lag.


Ausblick


Auch weiterhin werden Gefangene in Haft sterben, ob in Bruchsal oder anderswo. Das ist zur Kenntnis zu nehmen, sollte jedoch nicht widerspruchslos hingenommen werden. Willi hatte das besondere Unglück das Kainsmal der „Sicherungsverwahrung“ (SV) auf der Stirn zu tragen, hatte er doch zur Finanzierung seiner Drogensucht Apotheken und auch eine Tankstelle überfallen.

Ein Staat, der von sich behauptet, die Todesstrafe abgeschafft zu haben, dann aber Strafen bis zum Tod vollstreckt, oder Menschen über fünf Jahrzehnte bloß verwahrt (vgl. zum am längsten in Deutschland einsitzenden „Icke“ in Bruchsal, der seit Anfang 1962 in Haft sitzt http://de.indymedia.org/2012/07/332723.shtml), der praktiziert faktisch sehr wohl die Todesstrafe, auch wenn er sich scheut sie so zu nennen.

Da schieben dann unwillige RichterInnen die Akten von einer Ablage in die nächste, oder berufen sich auf angebliche Gefahren für die Allgemeinheit, selbst wenn die Betroffenen erkennbar und auch ärztlich attestiert moribund sind.

In einer Zeit, in der die Kriminalitätsrate sinkt, in der man historische Tiefstände bei Mord und Totschlag erreicht, steigen die Verwahrdauern von Menschen hinter den Knastmauern, wie auch hinter jenen der forensischen Psychiatrien.

Und so wird auch weiter in den Gefängnissen gestorben werden – und kaum jemanden wird es bewegen.


Thomas Meyer-Falk, c/o JVA – Z. 3113
Schönbornstr. 32, D – 76646 Bruchsal
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