Asylbewerber aus dem Main-Tauber-Kreis kreiden ihre Situation an

Erstveröffentlicht: 
03.04.2013

Die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Bad Mergentheim sind unzufrieden. Ihrem Ärger über ihre Situation wollten rund 40 Asylbewerber gestern Luft machen.

 

Rund 40 Männer, Frauen und Kinder warten am Dienstagmittag vor dem Eingang des Bad Mergentheimer Rathauses. Sie alle leben in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Sie alle sind unzufrieden. Die Asylbewerber klagen unter anderem über zu wenig Platz in der Gemeinschaftsunterkunft, qualitativ minderwertiges Essen und Kleidung und über fehlende Deutschkurse. Die Stimmung ist emotional. Alle sprechen durcheinander - der Mix reicht von gebrochenem Deutsch über flüssiges Englisch bis zu den verschiedenen Landessprachen der Flüchtlinge. Keiner fühle sich für sie zuständig, beschweren sie sich.

Lieber Geld statt Essen


Auch am Dienstag sind die Asylbewerber an der falschen Stelle - für ihre Unterkunft und Versorgung ist nicht die Stadt, sondern das Landratsamt zuständig. Die Mitarbeiter der Stadt verweisen dementsprechend auf das Landratsamt in Tauberbischofsheim. Hauptamtsleiter Raimund Scheidel verspricht schließlich, ein Gespräch mit Peter Bernhardt, Amtsleiter des Eingliederungs- und Versorgungsamts des Landratsamts zu vermitteln. "In diesem Jahr hatte eine Gruppe von Asylbewerbern bereits einen Termin bei Oberbürgermeister Glatthaar. Dort wurde auch angesprochen, dass man lieber Geld wolle anstatt Essen, erklärt Pressesprecherin Sonja Breining später auf Anfrage der TZ.

 

Auch Bernhardt betont, in den vergangenen Wochen an zwei Terminen mit Familien über ihre Situation gesprochen zu haben. Auf zwei Unterschriftenlisten der Flüchtlinge habe er mit einem ausführlichen Brief geantwortet, der die rechtliche Situation erläutert. Eine Liste der Bewohner von Ende des vergangenen Jahres, in der auf Missstände in der Gemeinschaftsunterkunft hingewiesen wurde, sei bis auf eine Parkbank abgearbeitet worden. Drei Mitarbeiter des Landratsamts - zwei davon sind Sozialpädagoginnen - stünden zu Bürozeiten im Heim als Ansprechpartner zur Verfügung. Trotzdem fühlen sich die Asylbewerber in ihren Bedürfnissen nicht ernst genommen. Ihr vordringlichster Wunsch: Sie möchten mehr Geld anstelle der Sachleistungen, die sie zweimal pro Woche im Shop der Gemeinschaftsunterkünfte gegen Punkte eintauschen können. Anderswo sei das möglich, ärgern sie sich.

 

"Ungefähr drei Viertel der Landkreise in Baden-Württemberg vergibt Sachleistungen", erklärt Bernhardt. Die Entscheidung darüber, wie die Grundleistung erbracht werde, liege beim jeweiligen Kreis. Das System im Main-Tauber-Kreis zu verändern, sei bisher nicht angedacht. Den Vorwurf, dass im Laden der Gemeinschaftsunterkunft minderwertige Lebensmittel angeboten würden, kann Bernhardt nicht nachvollziehen. Die Waren seien "handelsüblich", die "religiöse Problematik" finde Beachtung. Fleisch gibt es als Tiefkühlprodukt.

Asylbewerber wollen Deutsch lernen


Das Platzangebot entspreche den gesetzlich vorgeschriebenen 4,5 Quadratmeter pro Person plus Gemeinschaftsräume. Die Flüchtlinge hingegen kreiden an, dass sich teilweise vier bis sechs Personen ein Zimmer teilen müssten. Mütter beschweren sich darüber, dass ihre Kinder zu wenig Platz zum Spielen hätten. "Das ist so nicht korrekt. Wir hatten den Bewohnern Räume zum Spielen für ihre Kinder angeboten, allerdings unter der Voraussetzung, dass sich jemand bereiterklärt, den Raum auf- und wieder abzuschließen beziehungsweise aufzuräumen. Dafür hat sich niemand gefunden", bedauert Bernhardt. Auch Deutschkurse gehören zu den Forderungen der Asylbewerber. "Ich lebe hier seit über einem Jahr und hatte noch immer keinen Kurs", erklärt einer der Flüchtlinge auf Englisch. Sprachkurse gebe es im Moment nur für Aslybewerber in sogenannter Anschlussunterbringung - ihnen steht per Gesetz ein Kurs zu - doch man arbeite an einer darüber hinausgehenden Lösung, verspricht Bernhardt. Er betont seine Bereitschaft zu weiteren Gesprächen mit den Flüchtlingen. Ob diese ihre Situation verbessern werden, davon sind die Aslybewerber am Dienstag am Ende ihrer Aktion allerdings nicht überzeugt.

Die Bedarfssätze


Die Bedarfssätze für Asylbewerber sind seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom Juli des vergangenen Jahres in sechs Stufen gestaffelt.

Monatlich 354 Euro stehen beispielsweise dem Haushaltsvorstand zur Verfügung. 137 Euro davon werden als eine Art Taschengeld ausgezahlt, der Rest kann in Sachleistungen wie Lebensmitteln oder Kleidung erbracht werden. Ehepartner erhalten 318 Euro, davon sind 123 Euro als Bargeld auszuzahlen. Der Bedarf eines Kindes zwischen sechs und 13 Jahren wird mit 242 Euro berechnet (88 Euro Bargeld).