Kontrovers und faszinierend

Erstveröffentlicht: 
17.01.2013

ELMSHORN/. Schon im Vorfeld der Ausstellungsreihe "Drei Orte: A. Paul Weber - Gerüchte, Abgründe, Paragraphenschlüpfer" in Pinneberg, Elmshorn und Barmstedt hatte es Diskussionen um die Vergangenheit des Künstlers gegeben. Und so sind die Meinungen über die Arbeiten, die jetzt beim Kunstverein im Torhaus hängen, durchaus unterschiedlich. Vor allem deshalb, weil dem Künstler immer wieder eine Nähe zu Nationalsozialismus und Antisemitismus vorgeworfen wird.


Bürgermeisterin Dr. Brigitte Fronzek findet klare Worte: "Der Ausstellung, aber auch den vielen kritischen Menschen im Kreise Pinneberg verdanken wir die Erkenntnis, dass es sich bei dem Künstler um einen Menschen mit teilweise problematischen Ansichten gehandelt hat. So war er zwar kein Teil des NS-Machtapparates, seine deutschnationale Gesinnung brachte ihn aber in die Nähe zu Menschen, die in das System verstrickt waren. Das führt bis heute zu berechtigter Kritik an seiner Person."

Aber Fronzek spricht sich auch klar dafür aus, A. Paul Webers Werke heute unbedingt zu zeigen, denn es sei gerade das Merkmal totalitärer Machthaber, "bei falscher Gesinnung Künstler in ihrer Arbeit zu unterdrücken und zu verhindern, dass sie überhaupt ihre Kunst ausüben können."

Christel Storm vom Kunstverein weist darauf hin, dass die jetzt wieder erhobenen vorwürfe aus - übrigens anonymen - Antifa-Kreisen lange bekannt seien; sie würden in der kritischen Weber-Forschung und -Auseinandersetzung nicht verschwiegen. Webers politische Herkunft aus der Wandervogel-Bewegung, seine Nähe zum deutsch-nationalen Spektrum oder die Produktionen für den "nationalbolschewistischen" Kreis um Ernst Niekisch seien längst aufgearbeitet, zuletzt in der empfehlenswerten Biografie des Künstlers aus der Feder von Helmut Schumacher und Klaus J. Dorsch.

Letzterer leitet das A. Paul Weber Museum in Ratzeburg, aus dem die Exponate nicht nur der Elmshorner Ausstellung stammen; auch die etwa zeitgleichen Weber-Schauen in Pinneberg (Drostei, bis 27. Januar) und Barmstedt (Galerie Atelier III, Eröffnung 20. Januar, 15 Uhr, bis 3. März) sind aus Ratzeburger Beständen bestückt. Einige der Bilder stellte der langjährige Kunstvereins-vorsitzende Ulrich Dose für die Elmshorner Ausstellung zur Verfügung., 

Aus persönlicher Anschauung brachte die Journalistin Jutta Kürtz den zahlreichen Kunstfreunden am Eröffnungstag den Menschen und Künstler A(ndreas) Paul We ber (1893-1980) nahe. Nicht nur, dass sie schon als Kind im Elternhaus mit Weber-Bildern Bekanntschaft machte (und früh fasziniert war etwa von den Blättern "Rückgrat raus" oder "Das Gerücht"), auch im späteren Leben habe es zahlreiche Begegnungen mit dem Künstler in seinem Domizil im lauenburgischen Schretstaken gegeben. 

Jutta Kürtz erinnerte sich an lange und intensive Unterhaltungen mit dem Zeichner, Maler Grafiker und Lithographen - "wir beide blieben im Gespräch, der wahrlich alte, weise Mann und ich, eine interessierte, fragende Beobachterin, eine von seinem Werk und seinen Botschaften Begeisterte, fasziniert von seiner bildlichen Sprache." Dabei erlebte sie Weber als einen Künstler, "dessen Leben bis ins letzte Jahr von seiner Arbeit bestimmt war."

Ausführlich und kenntnisreich ging Kürtz auf den Schwerpunkt der Torhaus-Ausstellung ein - Webers Illustrationen zu Goethes "Reinecke Fuchs". Die Darstellungen finden sich am (vorläufigen) Ende einer langen Traditionskette, schon 1498 gab es eine Fassung mit 89 Holzschnitten. Jutta Kürtz: "Die Fuchs-Fabel wurde zu einem regelrechten Volksbuch." Und auch A. Paul Weber hat schon früh erste Fuchs-Bilder gezeichnet, "hier konnte er - wie es der literarische Text ja erlaubte - so viel Menschliches im tierischen Gewand vorführen."

Die Ausstellung im Torhaus ist bis zum 27. Januar, dienstags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und von 16 bis 18 Uhr, sonnabends und sonntags von 11 bis 13 Uhr geöffnet.