Am Samstag den 23. Mai fand in Mainz die „Stop Kohle Demo“ gegen das geplante Kohlekraftwerk in Mainz-Mombach statt, zu der mit wenigen Ausnahmen hauptsächlich aus dem bürgerlichen Spektrum aufgerufen wurde. Laut Medienberichten waren zwischen 2000 und 4000 Menschen dabei. Durch die aktuellen Ereignisse war die Demo dringend nötig, aber es war auch abzusehen, dass sie eine geradezu absurde Angelegenheit werden würde.
Eine kurze Vorgeschichte
In der letzten Zeit hat sich viel getan um das Kohlekraftwerk, das politisch eigentlich nur noch von der SPD Mainz und der CDU Wiesbaden unterstützt wird. Erst vor einigen Tagen (am 19. Mai) wurde ohne viel Medienrummel fast heimlich mit dem Baubeginn begonnen – zumindest symbolisch. Denn wirklich gebaut werden kann noch nicht, da die Finanzierung des Kraftwerkes noch längst nicht in trockenen Tüchern ist. Die Deutsche Bank, die ein Konsortium zur Finanzierung gründen soll, hat noch keine Zusagen gemacht. Verständlich, da von den geplanten 840 MegaWatt Energie, die produziert werden sollen, noch 540 ohne Abnahmezusage dastehen. Erst vor kurzem hat die Entega ihre Zusage (Abnahme von 35 MegaWatt) zurückgenommen und auch der Verkauf des Stromes auf dem freien Markt ist nicht sicher.
Zwei Wochen zuvor, am 04. Mai, gab die Struktur und Genehmigungsdirektion Süd (SGD) grünes Licht zum Bau des Schornsteins und der Kohleverladung am Rhein. Sie entschied über den von den Kraftwerksbetreibern (KMW AG) gestellten Antrag positiv, mit der Begründung, dass ein öffentliches und privates (Bauverträge der KMW) Interesse vorliege. Somit haben die gestellten Klagen keine aufschiebende Wirkung, so dass noch vor dem richterlichen Beschluss die Bagger anfangen zu rollen.
Zur Demo am 23. Mai
Die Veranstalter waren die Bürgerinitiative “Kohlefreies Mainz” (KoMa), die Klima-Allianz und das Bündnis für eine kohlekraftwerksfreie Region Mainz-Wiesbaden. In diesem Bündnis sind eigentlich alle dabei, genauso wie auf der UnterstützerInnenliste der Demo, von der CDU Mainz bis zur SPD Wiesbaden, wobei die Demonstration auch vom AKU Wiesbaden und dem AStA der Uni Mainz unterstützt wurde. In Zeiten bevorstehender Wahlen mutieren plötzlich alle zu überzeugten KohlegegnerInnen, was sich in lächerlich anmutenden SPD-Abwahlaufrufen und Antikohleplakaten der CDU niederschlägt. Doch es gab auch ein paar Menschen, die auf diesen Wahlzirkus hinweisen wollten und auf die Kurzsichtigkeit des vorherrschenden Diskurses, der z.B. die kapitalistische Wirtschaftsweise und die damit verbundene neokoloniale Weltordnung unterschlägt.
Zur Demo selbst gibt es nicht viel zu sagen. Am Startpunkt vor dem Hauptbahnhof waren anfänglich erschreckend wenig Leute, von denen viele vorgefertigte Transparente und Trillerpfeifen in die Hand gedrückt bekamen. Später allerdings machte der Zug dann doch noch einen recht großen Eindruck, was auch an der fast aggressiv vorgetragenen Aufforderung der Ordner lag, doch bitte schön recht große Abstände zu lassen, damit es nach mehr Leuten aussieht.
Bei den Forderungen war alles vertreten, von plumper Kritik an der SPD bis zu Kritik an der deutschen Bank und der Aufforderung, den Bürgerwillen zu beachten. Am Schluss des Demozugs hatten sich jedoch Menschen zusammengefunden, die ihre grundsätzlichere Kritik äußerten. Unterstützt von den Rhytmen einer Actionsambaband gab es Transparente zum Wahlzirkus, Kapitalismus und zu den globalen Auswirkungen unserer Energiepolitik. Leider waren es sehr wenige, die ihre radikalen Forderungen auf die Demo trugen.
Sein Ende fand der Zug auf dem Gutenbergplatz, wo sich Reden und Konzerte anschlossen. Während am Rande der Abschlusskundgebung wieder Sambarhythmen ertönten zog eine Gruppe von 40-50 Personen los und eine kleine Spontandemo entfernte sich vom Platz, um zum Rathaus zu ziehen, als Reaktion auf kleine Flyer, die vorher im Demonstrationszug aufgetaucht waren und zu einem “Die-In”, zum qualvollen Kohletod am Rathaus aufriefen. Leider war die Resonanz beim Aufbruch sehr gering, was wohl auch mit technischen Problemen der Durchsage und der unflexiblen Moderation auf der Bühne zusammenhing, die nicht in der Lage oder bereit war, kurz Raum für eine Durchsage zu geben.
Der kleine Zug erhielt dann aber doch eine ganz gute Rückmeldung auf dem Weg zum Rathaus. Zuerst ging es an einem Werbestand der SPD vorbei, der zum großen Unmut der Politiker mit Kohle verschönert wurde, dann über den Markt, nach einem kurzen Zwischenhalt auf der Rheinallee am Rheinufer entlang und dann vor das Rathaus, wo sich einige Menschen bereits zum “Die-In” eingefunden hatten und auch zuvor schon für kurze Zeit ins Rathaus gelangt waren. Aber auch schon auf dem Weg gab es die ersten Opfer zu beklagen, einige Stelzenläufer brachen tot zusammen, was zu anfänglicher Irritation bei der wohl ebenso spontan versammelten Bereitschaftspolizei führte. Diese meinte zwar, die heitere Gruppe abfotografieren zu müssen, hielt sich sonst aber zurück.
Nachdem nun unter den Augen der versammelten Touristen das Massensterben seinen Lauf genommen hatte, zog die Spontandemo lautstark zu der Kundgebung am Gutenbergplatz zurück, nicht ohne nocheinmal mitten im Einkaufsgewühl zusammenzubrechen.
Klein aber fein
Es war enorm wichtig, dass dem bürgerlichen Protest nicht das Feld überlassen wurde. Es wurden aber auch wieder die „Mainzer Verhältnisse“ deutlich: Es ist extrem schwer, Menschen zum selbst aktiv werden zu motivieren, abseits von Trillerpfeifen und Politkonsum. Insgesamt hat der Tag aber extrem viel Spaß gemacht.
Link zum Plakat
Klimacampgruppe Mainz-Wiesbaden
Bürgerinitiative Kohlefreies Mainz (KoMa)
Arbeitskreis Umwelt Wiesbaden (AKU)