Am
Abend des 5. Dezember 2012 versammelten sich gegen 19 Uhr zunächst etwa
30 Personen vor dem PAZ Rossauer Lände (Polizeianhaltezentrum,
Schub-Gefängnis), um eine geplante Abschiebung nach Nigeria zu
verhindern. Vermutlich wegen der vorangehenden Bildungsdemo waren
bereits viele Polizei-Einheiten "bereit", und so füllte sich die
Umgebung des PAZ Rossauer Lände rasch mit 10, 20 und schließlich 30 (!)
VW-Bussen der Wiener Polizei. Etwa 200 PolizistInnen - also ca. 3 pro
DemonstrantIn - "kümmerten" sich in der Folge um eine möglichst
verzögerungsfreie Abschiebung. Lieber zigtausende Euro für das
Durchboxen einer jeden Abschiebung mit Polizeigroßeinsätzen und Charterflügen
investieren als den Leuten Asyl und eine Arbeitsbewilligung zur
Selbsterhaltung zu geben. Eine interessante Umsetzung des
"Leistungs"-Gedanken der österreichischen Arbeitsmarkt- und
Integrationspolitik! Sadismus muss einem schon was wert sein!
Polizei im Gewaltrausch
Auch
die Zahl der Protestierenden wuchs auf etwa 70 Personen an, bis der
erste Gefangenen-Transport Richtung Flughafen aus der Garagen-Ausfahrt
fahren wollte. Die Menge versuchte am Gehsteig, die Ausfahrt zu
blockieren, und als dies nicht gelang, versuchte man, die Transporter
auf der Straße zu blockieren. Die Polizei ging dabei immer ruppiger vor.
Wie sich die Ereignisse im Detail zuspitzten, kann ich zur Zeit nicht
genau rekonstruieren*, aber Fakt ist - das zeigen zum Teil Fotos und
Videos, vor allem aber verschiedene Augenzeugenberichte bzw. Berichte
von Beteiligten - dass die Polizei mit ungewohnter Gewalt gegen die
unbewaffneten Protestierenden vorging. Es wurden Personen gewürgt bzw.
im Würgegriff über die Straße gezerrt, von Blutergüssen, Schürf- und
Kratzwunden erzählen andere. Laut einer
Presseaussendung der SJ wurden auch Pfefferspray und Schlagstöcke gegen zum Teil noch SchülerInnen eingesetzt! Auch das
Refugee Camp Vienna berichtet in einer Aussendung von Polizeigewalt.
Die Kommentare der PolizistInnen vervollständigen das Gesamtbild eines
menschenverachtenden, zynischen Abschiebe-Apparats, der keine Skrupel
hat,
Menschen direkt ins Gefängnis des Herkunftslandes abzuschieben
oder ihr Leben anderweitig aufs Spiel zu setzen, der lebensgefährlichen
und oft traumatischen Flucht nach Europa Hohn spottend:
"auf die frage "was soll das? warum so brutal?", die antwort: "weil ihr es verdient habt" ... auf die frage nach der dienstnummer, die antwort: "0664" (3mal!) und ein blödes grinsen", schildert eine Anwesende auf Facebook.
Wenn die Medien wegschauen
"Herkömmliche"
Medien waren wieder mal keine vor Ort. Wenns die APA nicht weiß, macht
sich auch sonst kein/e Journalist/in die Mühe, zu einer Spontandemo
(über die Stunden im Voraus auch auf Facebook und Twitter
durchaus öffentlich mobilisiert wurde) aufzubrechen. Klar, es gibt kaum
noch "Reporter/innen" im klassischen Sinn - die auf der Straße
Ereignisse beobachten, dokumentieren und zusammenfassend berichten. Das
liegt an der Sparpolitik zwecks Gewinn-Maximierung bei Mediaprint,
Raiffeisen- und anderen Konzern-Zeitungen (und leider nicht nur bei
diesen), aber irgendwo müssen sich auch die JournalistInnen selber an
die Nase greifen, denn das kann ja nicht sein, dass im Jahr 2012
PolizistInnen "unbeobachtet" SchülerInnen verprügeln - und niemand nimmt
davon Notiz, auch wenn es noch so viele ZeugInnen gibt, denn wo kein
"offizieller" Journalist, da keine glaubhafte Meldung (so offenbar das
Credo) - meistens bleibt die Kronen Zeitung übrig, die ja ihre
Informationen häufig direkt von der Polizei "zugesteckt" bekommt - bloß
dann halt so, wie die Polizei gerne berichtet zu haben wünscht - die
Krone liefert. Ein Armutszeugnis für den sich gern selbst
beweihräuchernden "Watchdog der Demokratie".
Umso stärker
empfehle ich daher jene JournalistInnen und Medien, die zwar nicht bei
einem Medienkonzern arbeiten, dafür aber unabhängig agieren und keine
Mühen scheuen, auch bei Schneeregen zu später Abendstunde und bei
riskieren der eigenen Unversehrtheit jene Vorgänge zu dokumentieren, bei
denen das offizielle Österreich, inklusive seine (Massen-)Medien,
offenbar nur allzugerne wegschaut --> siehe Video: "Abschiebung nach Nigeria"
Weitere Foto-/Video-/Textberichte:
- Daniel Hrncir: Abschiebung nach Nigeria (flickr)
- Daniel Weber: #NOBORDER Demo gegen eine Abschiebeaktion vor dem PAZ in #WIEN #stopdep (Fotos)
- neuwal.com / Daniel Weber: #NOBORDER Demonstration gegen eine Abschiebeaktion in #Wien (Artikel)
- vienna.at / Daniela Herger: Anti-Abschiebungs-Demo auf Rossauer Lände: Angeblich Polizeigewalt (Artikel)
- akin: PAZ Wien: Wieder Abschiebung durchgeprügelt
[ von: http://fm5ottensheim.blogspot.co.at/2012/12/wien-heftige-konfrontationen... (mit Fotos) ]