Athen: 1. Bericht der gefangenen AntifaschistInnen der Motorraddemo 30.9.2012

motoporeia

Alle 19 Geiseln in den Polizeipräsidien melden sich am Mittwoch, 3. Oktober, mit ihrem ersten eigenen Bericht: Ein paar Worte aus den Arrestzellen der 7. Etage des Polizeihauptpräsidiums Athen
Obwohl es schon drei Tage her ist seit unserer Festnahme während der antifaschistischen Motorraddemo am 30. September, auf der wir auch Flugblätter verteilten, halten wir es für gut, auch jetzt noch ein paar Dinge klarzustellen.

 

Nach einem manifesten Aufruf fand am Sonntag, den 30. September eine Motorraddemo mit Flugblattverteilaktion statt, die von Exarchia aus startete. Diese Demonstration erfolgte als Antwort auf faschistische Pogrome und Angriffe auf Migranten in verschiedenen Stadtteilen Athens durch faschistische Banden, die sich als „Komitees der Anwohner und Ladeninhaber“ ausgeben und unterstützt durch offizielle staatliche Banden agieren. Wir haben hier kein Interesse an der Analyse oder Erklärung der gegebenen und banalen Beziehung zwischen Goldener Morgendämmerung/Chrisi Avgi und der griechischen Polizei. Direkt nachdem die Patrouille von Chrisi-Avgi-Faschisten (-Bürgern) attackiert worden war, folgte ein Angriff von Bullen der DELTA-Polizeieinheit auf Motorrädern, die dem Ende der Demo folgten, aber auch zugleich in Parallelstraßen nebenher fuhren. 15 der antifaschistischen Kämpferinnen und Kämpfer wurden gefangen und an Armen und Beinen und am Kopf verletzt. Bullen benutzten auch Taser-Elektroschockwaffen. Wir wurden auf die 6. Etage des Athener Polizeipräsidiums gebracht, vor der Verfassungsschutzbehörde, wo wir die Nacht weiterhin verprügelt, bedroht, an den Haaren gezogen und mit Zigaretten verbrannt wurden, von DELTA-Teams, die, während sie uns bewachten, Fotos von uns für ihr privates Fotoalbum machten. Drohungen wie „Jetzt wissen wir, wer du bist, wir werden dich verbrennen wie deine Großeltern im Bürgerkrieg“ sind bezeichnend für den Terrorismus, den uns die idiotischen Prätoren der DELTA-Teams zuzufügen versuchten. Zugleich durften wir während 19 Stunden am Stück weder mit Anwälten noch mit Ärzten Kontakt aufnehmen. Am nächsten Tag, nachdem sie diese Transfer-Show abzogen, um unsere verdächtigen Profile aufzunehmen, brachten sie uns schließlich zu den Gerichtsgebäuden auf dem Gelände der ehemaligen Evelpidon-Militärschule.

Während wir noch im Gericht waren, griffen Anti-Riot-Bulleneinheiten die solidarisch davor Versammelten an und verprügelten viele von ihnen übel. Insgesamt 25 Leute wurden festgenommen, 4 von ihnen bekamen Anklagen. Sie wurden zum 6. Stock des Polizeipräsidiums gebracht und von dem Moment ihrer Festnahme an wandten die Bullen dieselbe Taktik der Einschüchterung an, darunter auch demütigende körperlicher Durchsuchungen. Nach einer noch nie dagewesenen rachsüchtigen Entscheidung wurde die vorläufige Festnahme der vier Gefangenen um drei Tage (bis Freitag) und die vorläufige Festnahme der 15 zuerst Gefangenen bis Donnerstag verlängert.

Sie brachten uns in die Haftzellen des 7. Stocks des Polizeihauptquartiers, in eine überfüllte Abteilung, die für 30 Personen vorgesehen ist und wo gegenwärtig 80 Menschen in unvorstellbar elenden Umständen „leben“, als Versuch, unsere „Nerven zu zerrütten“. Jedoch begegneten wir dort einem wahrhaft außergewöhnlichen Gefühl von Solidarität von Leuten, die bis zu drei Monaten an diesem Ort „vergessen“ wurden.

Inmitten der „ökonomischen Krise“ werden mehr und mehr Menschen in Armut und Elend getrieben, sozialer Kannibalismus wird als Tugend belohnt, Faschismus erhebt seine Fratze in unseren Regionen und Bezirken, die staatliche Offensive wird auf allen Ebenen intensiviert. Inmitten dieser Zeit können Optionen der Selbstorganisation, Solidarität, Kameradschaft und direkter Aktion nicht nur der Angst wirkungsvoll begegnen, die sie versuchen über unser Leben zu verhängen, sondern sind eine Perspektive einer anderen sozialen Organisation.

Wir müssen tiefgehend begreifen, worum es bei Faschismus wirklich geht. Faschismus wird nicht einfach von selbst aussterben, wir müssen ihn zerstören.

Gefangenen des 30.9. und 1.10. (Einige von uns stolze Nachkommen anarcho-kommunistischer Brigaden/Bandistas)

http://contrainfo.espiv.net/