[Burghausen] Rassismus, Sexismus und NS-Verherrlichung gehen im Pfeifkonzert unter

Roy Asmuß, Martin Wiese und Roland Wuttke, FNS
Erstveröffentlicht: 
12.08.2012

Am Samstag, den 11.08.2012, hielten Neonazis aus Ober- und Niederbayern eine Kundgebung in Burghausen, Landkreis Altötting nahe der österreichischen Grenze ab. Kernthema war das bei Rechtsextremisten beliebte „Volkstod“-Thema. Entsprechend radikal und rassistisch waren die Reden gehalten. Etwa 300 Bürgerinnen und Bürger Burghausens, darunter Stadtoberhaupt Hans Steindl (SPD), protestierten lautstark, so dass außerhalb der Wiese, die den Neonazis aus den Reihen des Freien Netz Süd (FNS) als Kundgebungsort zugewiesen wurde, wenig von den Reden zu vernehmen war. Rechtsterrorist Martin Wiese gefiel sich währenddessen in der Rolle des Provokateurs.

 

Angemeldet wurde die Veranstaltung vom FNS-Kader Karl-Heinz Statzberger (Markt Schwaben), als Versammlungsleiter fungierte der lokale Aktivist Roy Asmuß aus Teising. Zunächst war eine Kundgebung am Salzachzentrum vorgesehen, wegen des zeitlich nahen Fußballspiels des SV Wacker Burghausen wurden Kundgebung und Gegenkundgebung zum Bürgerplatz verlegt und den Rechtsextremisten eine nahe Wiese als Kundgebungsort zugewiesen.

 

Mit zeitlicher Verzögerung begann die Kundgebung der Rechtsextremisten. Zwei Aktivisten sollten in schwarzen Kutten gehüllt, den „Volkstod“ darstellen und mussten vorher noch geschminkt werden. Nach dem Verlesen der Auflagen setzte der lokale Aktivist Roy Asmuß zweimal zu einer Rede an. Sichtlich genervt von der Lautstärke der Gegenkundgebung, brach er zunächst die Kundgebung ab und versuchte eine spontane Demonstration anzumelden. Eine Taktik, mit der die Neonazis in den vergangen Wochen im Raum Passau häufiger spielten.

 

Roland Wuttke (Mering), der das Fahrzeug zur Verfügung stellt, auf dem die Lautsprecher angebracht waren, telefonierte eifrig. Die knapp unter 30 Kundgebungsteilnehmer nahmen Demoaufstellung ein. Nach längeren Diskussionen wurde die Kundgebung dann doch an Ort und Stelle durchgeführt, die Lautsprecher auf Seiten der Gegenkundgebung herunter geregelt, was die Gegendemonstranten nur noch lauter werden ließ.

 

Mehrfach zeigte sich die Redner auf Seiten der Neonazi an dem Tag noch bockig, unterbrachen ihre Reden und forderten die Polizei zum Einschreiten auf.

 

Bereits in der ersten Rede, gehalten von Roy Asmuß wurde die rassistische Grundstimmung der Kundgebung deutlich. Gemäß der Verknüpfung von Blut und Boden trennt er die hier lebenden Menschen in „passende“ und „nicht-passende“ Bevölkerungsgruppen.

 

Noch radikaler wurde es in der Rede von Karl-Heinz Statzberger. Obwohl die rechte Szene gerne mit dem Begriff „Freiheit“ agiert, wurde hier deutlich, welche „Freiheiten“ eben nicht in ihr Konzept passen.

 

Nicht frei ist etwa die Wahl des Partners oder der Partnerin. Ebenfalls nicht frei ist nach der Rede Statzbergers die Ausübung des Berufs, da jede Karriere dem Wunsch nach Kinder abträglich ist. So seine Vorstellung. Er sprach zudem vom „Fluch der Emanzipation“ und dem „Teufel aus dem Jahre 68“. Nach den völkischen Vorstellungen gehört die Kontrolle über die Gebärmutter nicht der Frau, sondern dem rassistischen verstandenen „Volk“. Und obwohl Statzberger das Wort „Rasse“ vermied und ganz im Sinne der „Neuen Rechten“ immer von „deutscher Kultur“ sprach, ging es in seiner Rede ausschließlich um biologische Vorgänge. Für Kenner der Szene nicht überraschend, zeigte sich auch hier wieder mal, wie stark das neonazistisch geprägte Freie Netz Süd weiterhin von den NS-Rassenvorstellungen geprägt ist.

 

Verherrlichung des NS-Regimes pur gab es dann in der Rede Roland Wuttkes. Dieser hatte diese Vorstellungen wohl schon so weit verinnerlicht, dass er für seine Ausführungen im Gegensatz zu Statzberger und Asmuß weder Manuskript noch Stichpunktzettel brauchte.

 

So verteidigte er Hetzjagden in Griechenland auf „Schwarze“ als „Rückkehr zur Identität der Völker“, die kommen wird.

im Folgenden dokumentieren wir weitere Aussagen seiner Rede, die die NS-Verherrlichung verdeutlichen. Wuttke ging dabei weit über die sonst oft hörbaren positiven Bezüge auf Autobahnen hinaus, sondern würdigte das Regime als ganzes und damit gerade auch die kennzeichnende Gewalt- und Willkürherrschaft.

 

Wuttke sprach:

Und es gab in Deutschland in jenen 12 Jahren diese Gegenmodell, das ihr nicht mehr aus der Geschichte auslöschen könnt. An diesem Gegenmodell muss sich die BRD fortwährend messen lassen. Und dieses Gegenmodell steht in der Geschichte einmalig und dieses Gegenmodell wird und wirkt, denn es hat ein besseres, ein sozialeres Deutschland gezeigt. […] in der großartigen sozialen Idee, die in Deutschland geboren wurde, in der großartigen sozialen Idee der Volksgemeinschaft.

 

Später sprach er davon, dass die BRD

 

Angst hat, vor dem Schatten, der über dieser BRD liegt. Und es ist dieser Schatten aus diesen 12 Jahren dieses großen Deutschen Reiches, in dem alles funktioniert hat, in der eine große Solidarisierung des Volkes mit der politischen Führung stattgefunden hat, ganz anders als heute. Und an diesem System wird sich die BRD messen lassen müssen und diesen Vergleich hält diese BRD nicht stand.[…] Und der Gegenentwurf ist bekannt, er steht in der Geschichte, er steht einmalig da und an diesem Gegenentwurf kommt ihr nicht vorbei. Und dieser Gegenentwurf ist so groß und so einmalig, dass diese BRD dagegen kläglich und jämmerlich erscheint.

 

Angereichert wurde die Rede durch eine Prise Geschichtsrevisionismus und Relativierung der NS-Gewalt- und Willkürherrschaft. So sprach er davon, dass „nach dem 8.Mai, der sogenannten Befreiung“ das „Morden nicht zu Ende war“ und es zu Aktionen der Alliierten gekommen wäre, die

 

weit über dem lagen, was es in den deutschen KLs [Konzentrationslager, „KL“ war die offizielle Abkürzung der Nazis, „KZ“ in der Sprache der NS-Gegner, TW] gegeben hat.

 

Zudem spielt Wuttke mit antisemitisch gemeinten Begriffen der „Internationalen Hochfinanz“ und der „Zinsknechtschaft“ und bezeichnet die Gegendemonstranten als 5.Kolonne der Internationalen Hochfinanz. Menschenverachtend sprach er dem Großteil der Menschen den freien Willen ab und bediente sich bei einer Wortwahl Begriffen aus der Tierwelt. So zogen sich die Worte wie „konditioniert“ oder „abgerichtet“ durch seine gesamte Rede, wenn er auf den politischen Gegner zu sprechen kam.

 

Martin Wiese griff an diesem Tag nicht selbst zu Mikro, sondern gefiel sich in der Rolle des Provokateurs. So war er bereits deutlich vor den restlichen Kundgebungsteilnehmern vor Ort, rief „Hey Zecke“ in Richtung der Gegenkundgebung, suchte immer wieder die Konfrontation mit Journalisten. Auf einen rannte er drohend zu, bei einem anderen versuchte er den Presseausweis zu greifen. In der Verhandlungspause betätigte er sich an einem Megaphon. Und sowohl vor als auch nach der Kundgebung ließ er sich provozierend langsam am Kundgebungsort der Gegenveranstaltung vorbeifahren.

 

Nach Wuttkes Rede beendete Asmuß die Versammlung. Er drohte dabei mit Blick auf die Gegendemonstranten mit Begegnungen im Nachtleben. Danach wurden die Kundgebungsteilnehmer unter Polizeischutz zum Bahnhof und den PKWs geleitet. Unterwegs räumten Angestellte schnell die Außenwaren eines Ladens in Sicherheit bevor die Neonazis dran vorbeizogen.

 

An der Kundgebung nahmen nach unseren Schätzungen weniger als 30 Personen teil, darunter 7 Frauen. Die Teilnehmer stammten größtenteils aus Niederbayern und Oberbayern. Sie führten schwarze Fahnen mit den Ortsbezeichnungen „München“, „Niederbayern“ und „Traunstein“ mit sich. Ebenso wurden Banner der Kameradschaft München und des Zusammenschlusses „Nationales Bündnis Niederbayern“ gezeigt, sowie zwei Themenbanner.

 

Zu Auseinandersetzungen kam es im Verlauf der Kundgebung nicht. Die Polizei musste kurz einschreiten, als zwei Kundgebungsteilnehmer auf Seiten der Neonazis die Versammlung Richtung Bahnhof verlassen wollten und dies zunächst nicht von der Polizei, wohl aber von Gegendemonstranten bemerkt wurde. Zudem entfernte die Polizei bei Kundgebungsbeginn ihre Fahrzeug, die den Kundgebungsort der Neonazis zunächst abschirmten, so dass auch ein Protest in Sichtweite möglich war und sicherte die Veranstaltung durch eine lockere Polizeikette ab, was der Situation angemessen war.


An der Gegenveranstaltung nahmen nach Polizeiangaben zunächst etwa 150 Personen teil, später vergrößerte sich die Menge auf etwa 300 Menschen. Unter den Teilnehmer befanden sich mehrere Bürgermeister, darunter das Burghauser Stadtoberhaupt Hans Steindl. Er versprach in seiner Rede seinem anwesenden Kollegen Georg Pfaffinger aus dem nahen Halsbach jede Unterstützung. In Halsbach sollte nach den Plänen oberbayerischen Neonazis ein Veranstaltungszentrum in einem Gasthof entstehen. Dieser Gasthof steht momentan unter Zwangsverwaltung und ist für die Neonazis somit nicht nutzbar.