Am vergangenen Mittwoch, den 4.7. und Donnerstag, den 5.7. fanden im Freiburger Landgericht der 5. und 6. Prozesstag gegen den Neonazis Florian Stech statt. Dieser ist angeklagt wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Er war im Herbst letzten Jahres mit seinem Auto in eine Gruppe AntifaschistInnen gerast und hatte dabei eine Person schwer verletzt.
5.Prozesstag, Mittwoch 4.7.:
Die Beamten des Staatsschutzes Emmendingen Hochstein und Schnaiter mussten vor Gericht über die Ermittlungen in diesem Fall, über den Zusammenhang von Stech zur „Kameradschaft Südsturm Baden“ (KSB) und allgemein über diese Kameradschaft aussagen.
Herr Hochstein wurde hauptsächlich zu den Facebook-Einträgen Stechs im Vorfeld der Tat befragt. Auf Fragen bezüglich der strukturellen Zusammenhänge des „KSB“ verwies er auf seinen Kollegen Schnaiter. Hochstein gab an, dass die Abteilung Staatsschutz nicht versucht habe die anderen GesprächsteilnehmerInnen der Facebook-Kommunikation zu ermitteln, trotz teilweiser eindeutiger Identitäten, da der volle Name der Personen angegeben ist. Diese Personen seien nach Auffassung des Staatsschutzes keine vorzuladenden Zeugen in diesem Fall gewesen. Einzig der bekannte Neonazi Thorsten Ziethen aus Südbaden wurde zu einer polizeilichen Vernehmung geladen, welche er per Mail absagte und mit der wirren Abschiedsformel „Nationaler Sozialismus jetzt!“ beendete.
Der Beamte Schnaiter äußerte sich anfangs zu den Ereignissen rund um den 1. Oktober. Er gab an, dass der Staatsschutz einige Tage vorher von der Party der Nazis informiert wurde. Er und sein Kollege Hochstein fuhren den Parkplatz des Schleusungspunktes ab, Stech kam ihnen kurze Zeit später auf der Straße mit sehr hoher Geschwindigkeit (ca. 70-90km/h) entgegen. Stech erweckte den Eindruck flüchten zu wollen. Zurück auf dem Parkplatz kam es zur Auseinandersetzung der AntifaschistInnen mit den Neonazis. Die Neonazis seien dabei schwer unter Kontrolle zu halten gewesen. Daniel Adler und Philipp Mang seien sehr aggressiv gewesen, wäre die Polizei nicht vor Ort gewesen wären diese auch handgreiflich geworden. Auf die Frage hin warum Stech nicht sofort festgenommen wurde antwortete der Beamte, dass man als Polizist immer zwischen den Stühlen sitzen würde. Der Verdacht liegt hierbei nahe, dass sie mindestens zu einer Hälfte auf dem rechten Stuhl sitzen. Denn die Situation auf dem Parkplatz war eindeutig: Mehrere unbeteiligte ZeugInnen sprechen von Mord, eine schwerverletzte Person liegt am Boden und der Täter ist klar. Festgenommen wurde er dennoch nicht. Kurz darauf sind noch mindestens 8 Neonazis auf dem Parkplatz eingetroffen, deren Personalien - im Gegensatz zu denen der AntifaschistInnen - nicht aufgenommen wurden.
Über Stech selbst sagte Schnaiter, dass der Staatsschutz ihn nun schon seit längerer Zeit unter Beobachtung hatte. Das erste Mal aufgefallen sei er im Jahr 2010. Er nahm nachgewiesen an verschiedensten Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Kameradschaft teil, so an einem Skinheadkonzert, einem Zeltwochenende und mehrerer Saufgelage. Stech sei der Kopf der „Freien Kräfte Ortenau“ gewesen und fungierte als Verbindungsglied und Kontaktperson zwischen den verschiedenen faschistischen Gruppierungen im gesamten badischen Raum, zur Kameradschaft im Hegau und zu den freien Nationalisten Kraichgau. Außerdem hatte er zu Thorsten Ziethen in politischen Zusammenhängen regen Kontakt. Stech kandidierte zweimal für die NPD, allerdings war der Beamte nicht in der Lage dazu die Wahlkreise zu benennen.
Zur „Kameradschaft Südsturm Baden“ gab Schnaiter an, dass es eine geschlossene Gruppierung sei, die 2008 aus der Kameradschaft Bahlingen hervorging. Diese löste sich nach einer Schändung des jüdischen Friedhofs in Ihringen auf. Der Kern der Gruppe besteht heute, so Schnaiter aus 6-8 Personen. Hierbei nannte er vordergründig Alexander Franke als Vorsitzenden, seien Freundin Beatrice George, außerdem noch Stefan und Daniel Adler und Phillip Mang. Letztere treten auch überregional in Erscheinung. Zusätzlich zum inneren Kreis der Gruppe, gäbe es ein sehr großes, aber stark fluktuierendes Umfeld. Über Ralf Seizinger, der sich in seiner Vernehmung am 6. Verhandlungstag vehement dagegen wehrte mit Nazistrukturen in Verbindung gebracht zu werden, konnte Schnaiter sagen, dass dieser schon 2011 aufgefallen sei. Seizinger ist wohl eher jemand fürs Grobe und wir immer dazu geholt, wenn körperliche Auseinandersetzungen drohen.
6.Prozesstag, Donnerstag 5.7.:
Es wurde ein Bericht des Staatsschützers Meßmer aus Offenburg verlesen, der aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Vernehmung kommen konnte. Dem Bericht geht hervor, dass eine zunehmende Radikalisierung Stechs zu beobachten gewesen sei. Stech sei ein bekannter Akteur der Naziszene und habe bundesweite Kontakte. Neben einem „Gewa-Rechts“-Eintrag seien gegen ihn mehrere Verfahren geführt worden. So ein eingestelltes Verfahren wegen Körperverletzung, ein Verfahren wegen Körperverletzung mit einer Verurteilung von 10 Monaten auf Bewährung und Landfriedensbruch. Im Moment läuft noch ein Verfahren wegen Volksverhetzung.
Nach der Verlesung wurde der Neonazi Pascal Dronek aus Ötisheim vernommen, der am Mittwoch Nachmittag spontan als Zeuge geladen wurde, da Mang und Alder aussagten gemeinsam mit einem Pascal zum Tatort gefahren sei. Dronek war auf dem Park & Ride anwesend, ist aber nicht die Person, die Mang und Alder meinten. Er sei direkt Abends zu dem Parkplatz gefahren, ohne vorher in Bahlingen auf dem Gelände gewesen zu sein. Dronek aber kennt Stech auch schon seit ca. 2 Jahren, so fuhr er Stech am Abend des 1.10. noch nach Hause. Er zeigte viel Verständnis für Stechs verhalten und bezeichnete dieses als Notwehr. Droneks Freundin lebt in Freiburg und war an dem Abend auch anwesend. Dronek selbst hat Kontakt zum „heidnischen Sturm Pforzheim“, sei aber selbst kein Mitglied. Allerdings ist Dronek dem Staatsschutz als aktiver Neonazis bekannt, er nahm bereits an verschiedenen Demos und Veranstaltungen der Neonaziszene teil.
Am morgigen Montag, den 9.7. halten der Verteidiger Stechs und die VertreterInnen der Nebenklage sowie der Staatsanwalt ab 8:30 ihre Plädoyers. Die Urteilsverkündung findet dann am Donnerstag, den 12.7. statt.