Um verschiedene Formen von Überwachung, Kontrolle und Diskriminierung im öffentlichen Raum sichtbar zu machen, rufen wir vom 08-10.06.2012 zu internationalen NO CCTV!-Aktionstagen auf!
Der öffentliche Raum ist kein homogener Raum, sondern setzt sich aus vielen heterogenen Bereichen zusammen. Diese Räume haben alle individuelle Charakteristika, welche sich aus ihrer Nutzung bestimmen oder eben von dieser bestimmt werden. Hier finden stetige Prozesse statt, in denen die Art der Nutzung und des Zugangs zu einem Ort immer wieder neu ausgehandelt werden.
Ob repräsentativer Platz oder improvisierter Skatepark, ob privat betriebener Flughafen oder öffentlicher Raum mit dem Recht auf Demonstrationen, muss zumeist in komplexen Prozessen immer wieder neu definiert werden. Der Zugang – auch im Sinne von der Entwicklung neuer/eigener Nutzungsmöglichkeiten – zu ihnen ist abhängig von den handelnden Akteur*innen.
Viele Orte sind für Menschen nicht diskriminierungsfrei zugänglich, weil dort bestimmte Formen von Ausschlußmechanismen wirken. Es gibt für die meisten Orte juristische oder soziale Normen, die festlegen, was dort erlaubt sein soll und was nicht. Diese spiegeln die in einer Gesellschaft verankerten Ressentiments und Diskriminierungen wider. In der aktuellen Situation erzeugen sie nur zu oft ökonomisch und rassistisch motivierte Formen von Ausgrenzung. Dies widerspricht dem Gedanken, dass der öffentliche Raum für alle Menschen zugänglich und nutzbar sein sollte. Hinzu kommt der im Rahmen des Kampfes gegen den Terror verhängte Generalverdacht, der uns alle zu potenziellen Sicherheitsrisiken erklärt, welche im Auge behalten werden “müssen”.
Um die einmal definierten Normen durchzusetzen, werden verschiedene Mittel der Überwachung und Kontrolle sowohl von staatlichen Stellen als auch privaten Dienstleistern eingesetzt. Neben persönlichen Kontrollen ist die Videoüberwachung eine der am häufigsten eingesetzten Methoden. Als mehr oder weniger offen sichtbare Überwachung soll sie abschreckend wirken und somit das Übertreten der gesetzten Normen präventiv verhindern. Eine Verhaltensanpassung der beobachteten Menschen ist oftmals die Folge, da bei Abweichung vom “erwarteten” Verhalten Repressalien von der Personenkontrolle bis hin zu Strafen drohen.
Diese und andere Formen von Diskriminierung und Kontrolle sind im Alltag für viele Leute schwer sichtbar, weil sie diskret angewandt werden (zivile Polizeikräfte, ...), sich gegen Minderheiten richten (Verdrängung finanziell schwacher Menschen wie Obdachloser aus den Innenstädten, ...) oder von uns schlichtweg als Teil des Alltags ausgeblendet werden. Um diese und andere Formen von Überwachung, Kontrolle und Diskriminierung sichtbar zu machen, rufen wir vom 08-10.06.2012 zu internationalen NO CCTV!-Aktionstagen auf!
An diesem Wochenende sollen international verschiedene Aktionen stattfinden, welche die Problematik von (Video)Überwachung im öffentlichen Raum thematisieren. Auf der Website http://1984actionday.wordpress.com werden Hintergrundinfos, Termine und Aktionsideen vorgestellt. Die Idee ist es, dass möglichst viele Menschen/Gruppen lokal eigene Aktionen zum Thema durchführen. Dies können kreative Aktionen, Infostände, Kunstinstallationen, Demonstrationen und vieles mehr sein. Wenn möglich sollen die Aktionen im voraus angekündigt und dokumentiert werden, dazu reicht z.B. eine einfache Mail an nocctvactiondays[at]riseup.net.
Das Datum ist nicht zufällig gewählt: Am 08.06.1949 wurde George Orwell’s 1984 veröffentlicht. Mit den Aktionstagen soll darauf aufmerksam gemacht werden, wie weit seine Dystopie in unserer Gesellschaft bereits Realität geworden ist.