Prozess um ein Sturmgewehr

Erstveröffentlicht: 
18.04.2012

Lörrach/Ulm.  Der Vorwurf des Bombenbaus hat sich nicht erhärtet - nun muss sich ein 24-jähriger Rechtsextremer morgen "nur" wegen illegalen Waffenbesitzes vor Gericht verantworten. Sein Anwalt beklagt Vorverurteilung.


Die Sicherheitsvorkehrungen sind erhöht, wenn morgen im Amtsgericht Lörrach der Prozess gegen den 24-jährigen Thomas B. beginnt. "Es wird Einlasskontrollen und einen Metalldetektor geben, damit niemand Waffen in den Gerichtssaal bringt", sagt Verwaltungsleiter Sönke Blunck. Zudem würden Platzkarten ausgegeben, um Überfüllung auszuschließen.

So viel Interesse an einem waffenrechtlichen Verstoß ist ungewöhnlich. Doch Thomas B. hat im August 2009 bundesweit als "Bombenbastler von Lörrach" Schlagzeilen gemacht. Bei seiner Festnahme war die Polizei überzeugt, einen rechtsextremen Anschlag verhindert zu haben: In seiner Wohnung fand sie Chemikalien, Handbücher zum Thema Sprengstoff, Fernzünder sowie ein Stahlrohr, wie es für Rohrbomben eingesetzt wird.

Strafrechtlich blieb von der angeblichen Bombenbastelei aber nichts übrig: Die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen "Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens" wurde nach einem langen juristischen Tauziehen erst gar nicht vor Gericht zugelassen.

"Wir haben in allen Instanzen gewonnen", sagt der Lörracher Anwalt Frank Berlanda, der Thomas B. vertritt. Tatsächlich war keine der gefundenen Chemikalien oder Einzelteile für sich genommen illegal. Vor allem fehlte dem Oberlandesgericht Karlsruhe auch jeglicher Hinweis auf "konkrete Anschlagspläne oder -Ziele", was laut Rechtsprechung aber dringend nötig ist. Trotz intensiver Ermittlungen war es Polizei und Staatsanwaltschaft nicht gelungen, den Verdacht zu erhärten.

Dass sein Mandant trotzdem in Medien und von linken Kreisen als mutmaßlicher Terrorist beschrieben worden sei, lässt Berlanda von "Vorverurteilung" sprechen. "So kann man mit Menschen nicht umgehen", sagt er. "Es gilt immer noch die Unschuldsvermutung."

Gänzlich ungeschoren wird der 24-Jährige, der als Stützpunktleiter der NPD-Nachwuchsorganisation JN aktiv war, wohl nicht davonkommen. Vorgeworfen wird ihm noch der illegale Besitz eines Schweizer Sturmgewehrs, dreier Patronen sowie mehrerer Messer. Da das Gewehr unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fällt, geht es juristisch um ein Verbrechen. Allerdings war die Waffe, das räumt auch die Staatsanwaltschaft ein, unbrauchbar. "Es fehlte der Verschluss, sie hätte nie abgefeuert werden können", sagt Berlanda. "Außerdem wurde daran herumgeschweißt", was weitere Beschädigungen verursacht habe.

Im Prozess wird deshalb der Aussage eines Gutachters besondere Bedeutung zukommen - er soll klären, ob die Waffe wieder hätte funktionstüchtig gemacht werden können. "Ich gehe ganz klar von einem minder schweren Fall aus", sagt Berlanda. Das Gesetz sieht hierfür eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor.

Ungemach droht Thomas B. aber nicht nur im Gerichtssaal: Er ist auch weiter Ziel von Antifa-Aktionen. So wird er auf einschlägigen Internet-Seiten detailliert als Neonazi "geoutet". Auch eine Flugblatt-Aktion an seinem aktuellen Wohnort im Alb-Donau-Kreis zeigte Wirkung. "Sein Arbeitgeber geriet unter Druck und hat ihm daraufhin fristlos gekündigt", sagt Berlanda.