Der Skan­dal – Pfle­ge­hel­fe­rin in Er­zwin­gungs­haft

An­ge­li­ka-​Ma­ria Ko­nietz­ko

Pres­se­er­klä­rung des Ko­mi­tees „So­li­da­ri­tät mit An­ge­li­ka-​Ma­ria Ko­nietz­ko“ v. 20.​2.​2012
Die Pfle­ge­hel­fe­rin An­ge­li­ka-​Ma­ria Ko­nietz­ko kri­ti­sier­te an ihrem Ar­beits­platz Be­din­gun­gen, die eine ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Pfle­ge un­mög­lich ma­chen und wehr­te sich da­ge­gen, wirt­schaft­lich und mo­ra­lisch aus­ge­nutzt zu wer­den. Sie han­del­te im In­ter­es­se aller, die im Alter als Pfle­ge­be­dürf­ti­ge men­schen­wür­dig be­han­delt werden wol­len. Doch nach einer Serie von Ar­beits­ge­richts­pro­zes­sen, die sich von 2007 bis heute er­stre­cken, droht ihr nun am 28.02. die Er­zwin­gungs­haft. Das ist empö­rend und muss ab­ge­wen­det wer­den.


Un­trag­ba­re Zu­stän­de bei der Haus­kran­ken­pfle­ge Ber­lin Mitte HS GmbH

Frau Ko­nietz­ko nahm im Jahr 2001 eine Ar­beit bei der heu­ti­gen Haus­kran­ken­pfle­ge Ber­lin Mitte HS GmbH als Pfleg­hel­fe­rin auf. Sie hatte Nacht­wa­chen­diens­te in einer De­menz-​WG. Ob­wohl der Ar­beit­ge­ber in sei­ner ei­ge­nen Wer­bung und auch ge­gen­über sei­nen Ver­trags­part­nern, den Be­treu­er/innen , den Pfle­ge­ver­bän­den und dem Be­zirk angab, er leis­te eine 24-​stün­di­ge Be­treu­ung der Se­ni­or/innen, ver­fass­te er Ar­beits­ver­trä­ge für seine Mit­ar­bei­ter/innen, die le­dig­lich einen Be­reitschafts­dienst vor­sa­hen, der na­tür­lich we­sent­lich schlech­ter be­zahlt war. Auch hat­ten die nächt­li­chen Diens­te immer wie­der Pfle­ge­auf­ga­ben zu über­neh­men, für die sie nicht aus­ge­bil­det waren und die ihnen auf­grund man­geln­der fach­li­cher Eig­nung auch ver­bo­ten waren. Hät­ten die Mit­ar­bei­ter/innen le­dig­lich den in ihren Arbeits­ver­trä­gen vor­ge­se­hen Be­reit­schafts­dienst getan, hätte dies zu ge­sund­heit­li­chen Schä­di­gun­gen der Be­woh­ner/innen und in der Folge auch zu straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen wegen Ver­let­zung der Auf­sichts­pflicht füh­ren kön­nen.
Frau Ko­nietz­ko hat sich zu­erst dar­über bei ihren Vor­ge­set­zen be­schwert. Als das kei­ner­lei Er­folg hatte, such­te sie Hilfe beim Ar­beits­ge­richt. Denn statt ihr ver­antwort­li­ches Auf­tre­ten zu ho­no­rie­ren be­ant­wor­te­te ihr Ar­beit­ge­ber ihre Be­schwer­den mit Mob­bing und Ab­mah­nun­gen.

All­sei­ti­ge Un­ter­stüt­zung

Auf In­itia­ti­ve von An­ge­li­ka Ko­nietz­ko hat die Se­nats­ver­wal­tung die Heim­per­so­nal­ver­ord­nung so ge­än­dert, dass in Zu­kunft zwin­gend vor­ge­schrie­ben wird, dass in jeder be­treu­ten Woh­nung zu jeder und Ta­ges-​ und Nacht­zeit Per­so­nal an­we­send ist. Der zu­stän­di­ge So­zi­al­stadt­rat und stell­ver­tre­ten­de Be­zirks­bür­ger­meis­ter Stefan von Das­sel stimmt der Kri­tik der Pfle­ge­hel­fe­rin an den Zu­stän­den in der HKP Ber­lin Mitte voll und ganz zu. Auch von den In­ter­es­sen­ver­bän­den der Pfle­ge wie „Pfle­ge in Not“ und dem „Pfle­ge-​Selbst­hil­fe-​Ver­bands“ (SHV) er­hält sie star­ken Rück­halt.

Des­in­ter­es­sier­te Rich­ter?

Seit fast fünf Jah­ren steht An­ge­li­ka Ko­nietz­ko nun mit ihrem Ar­beit­ge­ber vor Ge­richt. Sie strei­tet um die Auf­he­bung der nach wie vor nicht rechts­kräf­ti­gen Kündigung, um eine Ent­schä­di­gung und ihre Re­ha­bi­li­tie­rung. Und sie möch­te, dass die Haus­kran­ken­pfle­ge Ber­lin Mitte HS GmbH und ihr An­walt ge­richt­lich zur Verantwor­tung ge­zo­gen wer­den. Die in­zwi­schen auf­grund der ein­ge­tre­te­nen psy­chi­schen Dau­er­be­las­tun­gen auf Zeit früh ver­ren­te­te ge­lern­te Haus­wirt­schaf­te­rin ist auch em­pört dar­über, dass sich die Ber­li­ner Ar­beits­rich­ter in den Ver­fah­ren nicht wirk­lich für die kon­kre­te Si­tua­ti­on an ihrem Ar­beits­platz in­ter­es­siert haben. Sie entschie­den nach weit­ge­hend for­mel­len Kri­te­ri­en und saßen den Täu­schun­gen des Ar­beit­ge­bers auf.

Was jetzt zu tun ist?

Alles hat Gren­zen. Frau Ko­nietz­ko wurde ex­trem ab­ge­straft für Hand­lun­gen, die ei­gent­lich vor­bild­lich sein soll­ten. Jetzt soll sie dafür auch noch zah­len. Sie hat deshalb ent­schie­den, als Zei­chen des Pro­tests gegen den Um­gang mit ihr und den Pro­ble­men der Pfle­ge­be­dürf­ti­gen, die ei­des­statt­li­che Er­klä­rung über ihre so­zia­le Lage ab­zu­leh­nen und die ihr dann dro­hen­de Haft an­zu­tre­ten.
• Wir for­dern die ge­richt­li­che Auf­sichts­be­hör­de auf, die Ein­wei­sung in die Er­zwin­gungs­haft für Frau Ko­nietz­ko zu­rück­zu­zie­hen und die sach­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für eine Wie­der­auf­nah­me des Ver­fah­rens zu prü­fen.
• Der So­zi­al­stadt­rat des Be­zirks Mitte muss einen Mus­ter­pro­zess für die Rück­zah­lung un­recht­mä­ßig an­ge­eig­ne­ter Gel­der von der HSK Mitte ein­lei­ten.

Am Mon­tag 27.2. wer­den wir um 11 Uhr im at­tac-​Treff, Grün­ber­ger­str. 24 (Fried­richs­hain), eine Info­stun­de für Pres­se-​ und Me­dien­ver­ant­wort­li­che durch­füh­ren. Über Ihr Kom­men wür­den wir uns freu­en.

Mehr Infos er­hal­ten Sie von Frau Ko­nietz­ko, ihren An­wäl­ten, den Mit­glie­dern des Ko­mi­tees sowie über un­se­re Web­site http://​konietzko.​blogsport.​de/​

So­li­da­ri­täts­ko­mi­tee An­ge­li­ka-​Ma­ria Ko­nietz­ko
Ber­lin, 20.​2.​2012