Stuttgarter Behörde belegt einen kurdischen Journalisten mit »politischem Betätigungsverbot«. Ihm wird unter anderem vorgeworfen auf Veranstaltungen über die Geschichte der PKK referiert zu haben
Das Stuttgarter Ordnungsamt hat ein »Politisches Betätigungsverbot« gegen den kurdischen Exilpolitiker Muzaffer Ayata erlassen. In der in dieser Woche zugestellten Verfügung wird Ayata nicht nur eine politische Betätigung zugunsten der seit 1993 verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) untersagt, sondern auch jedes Engagement für legale, aber vom Verfassungsschutz als PKK-dominiert eingeschätzte Organisationen wie die Föderation kurdischer Vereine Yek Kom.
»Verboten sind
hiernach insbesondere die Teilnahme an öffentlichen
politischen Versammlungen und Aufzügen, die Übernahme und
Ausübung von Ämtern sowie die Untersagung politischer Reden
(sic), Pressekonferenzen und schriftlichen
Veröffentlichungen«, heißt es in der Verfügung, die damit
einem Berufsverbot für den Schriftsteller und Journalisten
Ayata gleichkommt. Bei Zuwiderhandlung droht ein Zwangsgeld
von 1000 Euro. Die Verfügung stützt sich auf Paragraph 47
des Aufenthaltsgesetzes, wonach einem Ausländer die
politische Betätigung untersagt werden kann, wenn die
öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet oder
völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik
behindert werden. Als eine solche Verpflichtung nennt das
Ordnungsamt die von der EU-Terrorliste geforderte
»Verhinderung von Rückzugsräumen für Terroristen«.
Akribisch listet die Maulkorbverfügung die angeblich
sicherheitsgefährdenden Aktivitäten Ayatas auf. So habe er
in Stuttgart zur Geschichte der PKK referiert und bei einer
Zehnjahresfeier des Kurdischen Kulturvereins in Ludwigshafen
»das kurdische Volk zur Einheit« aufgerufen. In Köln habe er
an einem Symposium »Was wollen die unterdrückten Völker und
Minderheiten« teilgenommen und in Nürnberg über
»Friedensvorschläge für die kurdische Frage« referiert. In
einem Artikel für den Kurdistan Report habe Ayata zwar nur
an einer Stelle die PKK erwähnt und sonst von »Kurden«
geschrieben, doch dies »dürfte nach Einschätzung des
Landesamtes für Verfassungsschutz taktisch motiviert sein«.
Schließlich wird Ayata noch ein Interview mit der
Tageszeitung Yeni Özgür Politika vom vergangenen September
über »Deutschlands Kurdenpolitik« angelastet. »Sie werfen
Deutschland vor, Kurden als Terroristen und Straffällige zu
betrachten und fordern Deutschland auf, Initiative für eine
Lösung der Kurdenfrage zu ergreifen«, kritisiert das
Ordnungsamt, um anschließend selber den Beweis für diesen
Vorwurf zu liefern.
Ayata war Gründungsmitglied der PKK, der er bis zu seiner
Verhaftung nach 1980 angehörte. Nach 20 Jahren Haft und
schwerer Folter engagierte er sich nach seiner Freilassung
im Jahr 2000 für die legale kurdische Partei HADEP. Da ihm
eine erneute Inhaftierung drohte, floh Ayata 2002 nach
Deutschland, wo sein Asylantrag als »offensichtlich
unbegründet« abgelehnt wurde. Nach einer Verhaftung im Jahr
2006 wurde Ayata wegen angeblicher Rädelsführerschaft in der
PKK zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.
Seit seiner Haftentlassung Ende 2009 darf Ayata das
Stuttgarter Stadtgebiet nicht verlassen und muß sich täglich
bei der Polizei melden.