Minimalforderung: Schluss mit Gorleben

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BI warnt vor Schnellschüssen und fordert umfassende Atommülldebatte

Der niedersächsische Ministerpräsident will Brücken bauen zwischen der Forderung "Gorleben raus aus dem Topf, jetzt!" und einem Suchverfahren, das allein auf Gorleben hinauslaufe. Das hat er bei einem Treffen mit dem CDU-Kreisverband Lüchow-Dannenberg betont. David McAllister (CDU) setzt sich auch für einen Neustart der Endlagersuche ein, doch was er für eine Maximalforderung hält, ist für die Gorleben-Gegner eine Minimalforderung. "Alle großen deutschen Umweltverbände fordern wie wir unabhängig von der Ausgestaltung eines Endlagersuchgesetzes, dass mindestens eines klar sein muss, Gorleben geht gar nicht mehr, der Standort gehört vom Tisch. Wir plädieren nämlich für ein wissenschaftsbasiertes und nicht für ein wissenschaftsorientiertes Verfahren", hält die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) McAllister vor.

 

Wenn seinem CDU-Parteifreund, Bundesumweltminister Norbert Röttgen, ein wissenschaftsorientiertes Verfahren, bei dem die geologischen Ausschlusskriterien nicht die entscheidende Rolle spielen, reiche, würden wieder sachfremde Überlegungen eine Rolle spielen.

 

"Beispielsweise, wie viel Geld in Gorleben bereits unnütz ausgegeben wurde", sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.  

Die BI bedauert, dass  McAllister bei seinem ersten Besuch im Wendland nicht das Gespräch mit Gegnern des Projekts gesucht hat. "Wir hätten auch gern erklärt, wie wichtig eine dem Suchverfahren vorgeschaltete umfassende Atommülldebatte ist, zumal nicht einmal geklärt ist, welche Arten von Atommüll in dieses neue Lager neben dem Schacht Konrad verbracht werden sollen. Wir können nur vor neuen Schnellschüssen warnen", heißt es seitens der BI.

 

Röttgen hat sich fest gelegt

 

Erneut hat Röttgen dafür plädiert, an Gorleben als Endlagerstandort festzuhalten. Im Gespräch mit dem Südwestrundfunk (SWR) verstieg er sich sogar zu der Behauptung, Bund und Länder hätten sich bereits darauf geeinigt, dass Gorleben nicht von der Liste möglicher Standorte gestrichen werde. Es gebe eine weiße Landkarte, und "Gorleben bleibt im Topf".

 

"Wir erwarten jetzt den deutlichen Widerspruch von Seiten der Verhandlungsführer aus den Ländern, denn wenn schon alles eingetütet ist, sind die Gespräche eine Farce", schrieb Ehmke.

 

Auch zur Finanzierung der Endlagersuche nahm Röttgen Stellung. Die Atomindustrie solle bei der Endlagersuche auch weiterhin zur Kasse gebeten werden. "Die Energieversorgungsunternehmen sind die Kostenträger der Entsorgung des Abfalls, der in ihrem Unternehmen angefallen ist", sagte er.  Sie hätten die Kosten für ein atomares Endlager zu tragen.

 

"Röttgen will mit Selbstverständlichkeiten punkten", kontert die BI, die Finanzierung der Endlagersuche sei schon seit langem mit der Endlagervorausleistungsverordnung geregelt.

 

Handlungsbedarf sieht die BI hingegen in zwei Punkten. "Einmal kann auch bei den Atomstromproduzenten E.on, RWE, Vattenfall und EnBW ein Konkurs niemals ausgeschlossen werden, deshalb müssen die Gelder, die für die nukleare Entsorgung zurückgestellt werden, in einen Fonds fließen".

 

Außerdem werde an Gorleben als Standort festgehalten, weil dort die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE) im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz mit Gewinngarantie das Bergwerk ausbaut. "Die DBE aber ist zu 75% in den Händen der Gesellschaft für Nuklearservice, die zugleich die Zwischenlager in Ahaus und Gorleben betreibt, Profit darf aber nicht länger vor Sicherheit gehen", so Ehmke, denn Gorleben scheide in erster Linie wegen der gravierenden geologischen Mängel aus.

 

30 Jahre Atommüll gegen "Infrastrukturhilfe"

 

Der 26. Januar ist für die Gorleben-Gegner einer der "schwarzen" Tage in der nahezu 35-jährigen Widerstandsgeschichte, denn am 26. Januar 1982 begann der Bau des Zwischenlagers in Gorleben rund zwei Kilometer vom Ortskern entfernt. "Die Atomwirtschaft stand mächtig unter Druck, denn der Betrieb der Atomkraftwerke wurde damals an einen Entsorgungsnachweis gekoppelt. Mit dem Baubeginn war dieser Nachweis erfüllt – zumindest auf dem Papier", erinnert die BI.

 

2000 Einwendungen hatte es im Verlauf des Genehmigungsverfahrens gegeben, doch der Kreistag mit seiner damaligen CDU-Mehrheit, die Samtgemeinde Gartow und die Gemeinde Gorleben hatten den Bau im Sommer 1981 genehmigt – schließlich brachte die Zustimmung zum atomaren Zwischenlager eine "Infrastrukturhilfe" in Millionenhöhe.

 

Aus Protest gegen den Baubeginn wurde vor 30 Jahren der Grenzstreifen der DDR besetzt. 11 Jahre lang konnte ein erster Castor-Transport nach Gorleben verhindert werden, doch im April 1995 begann der heiße Betrieb. "Heute setzen wir uns mit der Strahlenwirkung auseinander", sagt Ehmke, denn die 113 Behälter auf einer Stellfläche für 420 Castoren strahlen so sehr, dass eine heftige Debatte über die Grenzwertverletzungen voll im Gange ist.

 

Ab dem Jahr 2014 sollen – allen Beteuerungen der niedersächsischen Landesregierung zum Trotz - weitere Castorbehälter mit mittelradioaktiven Abfällen aus La Hague und hochaktive Abfälle aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield nach Gorleben rollen. "Doch das können wir verhindern", heißt es seitens der BI unter Verweis auf die Strahlung: "Das Castorkonzept ist gescheitert, und inhärent sicher ist die Lagerhalle ebenfalls nicht, alle Zwischenlager müssen auf Weisung des Bundesumweltministeriums gegen Eingriffe Dritter, sprich gegen Terrorgefahren nachgerüstet werden." 

 

Demonstriert wurde zwar nicht an diesem schwarzen 26. Januar der Gorleben-Geschichte, sondern ein Tag später (Bilder) am "Schwarzbau Gorleben", um zu verhindern dass "das Krebsgeschwür Atommüll auf den Salzstock übergreift". Die Verhinderung des Atommüllendlagers, da sind sich die Gorleben-Gegner sicher, wird auf der Erfolgsseite abzubuchen sein - übrigens heute mit Unterstützung der Kreistagsmehrheit und mit wachsenden Zweifeln selbst in der CDU.

 

 

 

Wolfgang Ehmke 0170 501 56 06

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