"Die Polizei kann nicht alle Probleme lösen" [HD - Simon Bromma]

Erstveröffentlicht: 
04.01.2011

Von Holger Buchwald

2011 war für die Heidelberger Polizei ein turbulentes Jahr. Umso mehr freut sich der Leitende Kriminaldirektor Bernd Fuchs, dass die Heidelberger Polizei bei der kürzlich veröffentlichten Bürgerbefragung gute Schulnoten erhielt. Die RNZ sprach mit dem Polizeichef zum Jahreswechsel über die "Spitzelaffäre" und längst überfällige Fahrradkontrollen.

 

Lassen Sie uns mit einer Frage der aktuellen Bürgerbefragung starten: Sind Sie mit der sichtbaren Präsenz der Polizei zufrieden?

Ja. Wir setzen unsere Personalressourcen bestmöglich ein. Ich könnte mir zwar noch mehr Präsenz vorstellen, dafür bräuchten wir aber mehr Personal. Uns würde es auch schon beträchtlich weiterhelfen, wenn wir die vielen Sonderbelastungen und -einsätze reduzieren könnten.

 

Eine weitere Frage der Bürgerbefragung war: Gibt es in Ihrem Wohnumfeld Probleme, um die sich die Polizei mehr kümmern sollte?

 

Eines will ich klarstellen: Die Polizei kann nicht alle Probleme lösen. Ein Ergebnis der Bürgerbefragung war ja, dass sich viele von "herumlungernden" Jugendlichen gestört fühlen, obwohl diese in den allermeisten Fällen überhaupt nicht strafrechtlich auffallen. Häufig wollen sie nur die Zeit zusammen verbringen. Daher würde ich mir noch mehr Investitionen in die Jugendarbeit wünschen.

 

Worüber haben Sie sich denn in 2011 am meisten geärgert?

 

Ich ärgere mich immer noch, dass es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, die demokratische Entscheidungen nicht akzeptieren wollen und sogar Gewalt zu legitimieren versuchen, um ihre Minderheitsinteressen durchzusetzen.

 

Stichwort Demonstration gegen "Stuttgart 21"?

 

Zum Beispiel. Auch als Bürger meine ich, dass Polizeieinsätze, die 25 Millionen Euro kosten, unnötig sein müssten, wenn sich alle an die Ergebnisse demokratischer Entscheidungsprozesse halten würden. Allein die Polizei Heidelberg hat 4500 Einsatzstunden im Zusammenhang mit "Stuttgart 21" absolviert.

 

Anfang letzten Jahres ging die "Spitzelaffäre" durch alle Medien. Die Polizeidirektion Heidelberg hat den verdeckten Ermittler "Simon Brenner" auf die linke Szene in der Region angesetzt.

 

Dazu werde ich mich auch jetzt nicht im Detail öffentlich äußern, weil beim Verwaltungsgericht einzelne Klagen anhängig sind. Ich verweise aber auf den jüngst erschienenen Bericht des Landesbeauftragten für Datenschutz, der den Einsatz rechtlich geprüft und nicht beanstandet hat. Im Gegenteil: Er wies darauf hin, dass der rechtmäßig eingesetzte Beamte selbst in seinen Rechten massiv verletzt wurde. Dieser Fakt spielt für die Medien allerdings keine Rolle.

 

Tatsache ist doch aber, dass dieser "Simon Brenner" gar keine Straftaten aufgedeckt hat.

 

Das war auch nicht sein Auftrag. Er hatte Informationen über geplante schwerwiegende Straftaten zu beschaffen, die bereits durch das Herstellen von Brandsätzen unmittelbar vorbereitet worden waren. Diese Fakten sind hinreichend öffentlich auf Landtagsanfragen dargelegt worden. Von der Polizei zu erwarten, dass sie bei einem solchen Gewaltpotenzial nicht alle rechtlichen Mittel ausschöpft, lässt sich für mich nur vor dem Hintergrund ideologischer Ignoranz erklären.

 

Letztes Jahr gab es in Heidelberg eine Schwerpunktaktion zum Thema Fahrradkontrollen. Sind sie damit zufrieden?

 

Voll und ganz, deshalb wird sie auch fortgeführt. Die Aktion war dringend erforderlich, denn wir hatten eine deutliche Zunahme von Unfällen mit Radlern. Und für jeden, der sich in Heidelberg bewegt, ist es offensichtlich, dass die Verkehrsmoral der Fahrradfahrer zu wünschen übrig lässt.

 

Über welche Verstöße von Fahrradfahrern ärgern Sie sich besonders?

Wenn Rotlicht missachtet oder rücksichtslos in Fußgängerzonen Fahrrad gefahren wird und dabei andere Verkehrsteilnehmer besonders gefährdet werden.

 

Dieses Jahr steht die Polizeistrukturreform an. Was erwarten Sie davon?

Die Reform soll mehr Polizei auf die Straße bringen. Die Projektgruppe hat ihre Arbeit inzwischen beendet. Ich erwarte, dass die Ergebnisse Mitte Januar präsentiert werden. Wie das Ganze aussehen soll, wissen wir nicht. Lassen wir uns überraschen.

 

Besteht die Gefahr, dass ganze Polizeireviere zusammengelegt werden?

 

Ich gehe davon aus, dass es auf den Ebenen der Polizeireviere und der Polizeiposten keine Veränderungen geben wird.

 

Jüngst nannten Sie als einen ihrer größten Wünsche für 2012, dass die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telefondaten endlich umgesetzt wird. Warum?

 

Wir brauchen diese Möglichkeit, um schwerwiegende Straftaten aufzuklären. Natürlich nur innerhalb strenger rechtsstaatlicher Schranken, zum Beispiel bei richterlichen Anordnungen. Diese gesetzliche Norm bleibt Einzelfällen vorbehalten und hat nichts mit pauschal unterstellter Datensammelwut zu tun. Die Vorratsdatenspeicherung kann in vielen Fällen unmittelbar dazu beitragen, Menschenleben retten: Das würde ich unserer Bundesjustizministerin gerne einmal an konkreten Beispielen verdeutlichen.