Umsonstfahrprozess am 1.12. in BS

justizmonster

Im Amtsgericht Braunschweig hat heute ein Prozess stattgefunden, bei dem der Angeklagten das Fahren mit einer Straßenbahn der Braunschweiger Verkehrs AG ohne gültigen Fahrschein vorgeworfen wurde. Grundlage für die Anklage war der §265a (Erschleichung von Leistungen), welcher 1935 unter Herrschaft der NSDAP verabschiedet wurde. Die Angeklagte entschied sich den Prozess offensiv zu führen. Das Urteil lautete 20 Tagessätze a 20 Euro.


„Vor Gesetzen der NSDAP werde ich mich nicht verteidigen, da geh ich lieber in die Offensive!“ so die Angeklagte dazu. „Aber auch wenn die Gesetze nicht aus dieser Zeit stammen würden finde ich es wichtig gegen diesen Unfug vorzugehen und die uns aufgedrängten Spielregeln nicht einfach zu befolgen.“

Für 8:45Uhr wurde der Prozess angesetzt. Bereits um 8 Uhr versammelten sich Aktivist_innen bei einer Mahnwache vor dem Gerichtsgebäude. Es wurden zwei Transpis mit den Aufschriften „Umsonst fahren für Alle“ und „Für eine Welt ohne Kontrolle und Knast“ aufgehängt und Flyer verteilt, in denen über den anstehenden Prozess, sowie die Vorteile eines Nulltarifs für den öffentlichen Nahverkehr und Kritik an der kapitalistischen Gesamtscheiße informiert wurde. Zudem wurden bunte „Umsonstfahrkarten“ verteilt und vor dem Gerichtsgebäude gebruncht.

„Es sollte allen Menschen möglich sein Mobil zu sein. Hierfür, wie auch für nichts anderes sollte Geld notwendig sein“ erklärt hierzu Theo.

Schon bei den Einlasskontrollen, bei denen alle Prozesszuschauer_innen und Angeklagte gleich zweimal kontrolliert , gründlich abgetastet und sämtliche Personalausweise kopiert wurden zeigte sich die rassistische Ausrichtung des Justizapperats. So wurde einer Zuschauer_in mit schottischem Ausweißpapier der Zugang zum Verhandlungssaal untersagt.

Eine Person, die sich über das rassistische Vorgehen beschwerte wurde direkt rausgeschmissen. Im Laufe des Prozesses folgten nach und nach fast alle der etwa 10 weiteren Zuschauer_innen.

Der Richter Steinberg war von Anfang an genervt davon das die Angeklagte sich offenbar gut auf den Prozess vorbereitet hat und sich Wissen über über ihre Rechte vor Gericht aneignete, was er auch in seinen Kommentaren wie „wie lang soll denn das noch dauern“ „die Herrschaften sind ja damit beschäftigt das Verfahren zu torpedieren“„Ihr solltet Dankbar sein das ich euch diese Rechte in den 68ern erkämpfte“, kurze Zeit später beantragte die Angeklagte eine Laienverteidigerin aus den Zuschauer_innen Reihen, diesem Antrag wurde stattgegeben. Doch auch zu zweit konnten sie den Richter nicht dazubringen von schwerwiegenden Verfahrensfehlern abzusehen Zunehmend überging der Richter die Forderungen auf Pausen und unterbrach bei dem Verlesen von Anträgen. So begann er mit der Zeugenbefragung, während die Angeklagte noch einen Befangenheitsantrag stellte, schloss die Beweisaugnahme obwohl von seiten der Angeklagten und Laienverteidigerin noch weitere Beweisanträge angekündigt wurden und fällte nach ca. 2 Stunden Prozess sein Urteil obwohl sich der einzige Zeuge (ein Kontroletti der Braunschweiger Verkehrs AG) an den konkreten Tathergang nur sehr bedingt erinnern konnte.

„Der Richter hat ständig Rechtsbrüche begangen und obwohl ich von Regierungen gemachte Gesetze ablehne hat mich das heute sehr wütend gemacht, weil ich mal live mitbekommen habe, dass diese zum Erhalt der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und nicht für unsere Bedürfnisse, sondern für unsere Verwertung gemacht werden.“ resumiert ein_e Zuschauer_in nach dem Prozess.

Obwohl es fast niemandem gelang über das Geschehen lachen zu können (ohne rausgeschmissen zu werden) konnte dies von zwei Lachsäcken übernommen werden, die es trotz harter Kontrollen und ohne Ausweiß in den Gerichtssaal geschafft hatten.

„Auch wenn ich nicht daran glaube das von seiten irgendwelcher Richter_innen oder anderen „Staatsdiener_innen“ sinnvolle Dinge ausgehen können, werde ich versuchen meinen Widerstand gegen die Normalität der Herrschenden weiterhin in den Gerichtssaal zu verlagern. Um weiteren Sand in die Getriebe der Justiz zu streuen, werde ich sogenannte Rechtsmittel gegen dieses Urteil einlegen“ so die Angeklagte.