Am 09.07.2011 konnte der Neonaziaufmarsch in Neuruppin erfolgreich blockiert werden. Auf diese Schlappe kündigte die örtliche Kameradschaft „Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland“(FKNRP) an mit einem erneuten Aufmarsch innerhalb der folgenden zwei Monate. Die Kameradschaft drohte Neuruppin jeden Monat zu belästigen, sollte der Aufmarsch am 24.09.2011 erneut durch die „Zusammenarbeit aus Polizei und Antifa“ verhindert werden. Nach ihren Aufmarschversuch versuchten sie juristisch nachzulegen, wobei ihnen von der von der Staatsanwaltschaft Neuruppin eine Absage erteilt wurde.
Folglich mobilisierten sie für den 24.09.2011 um exakt die gleiche Route zu nutzen. Irritation entstand kurzzeitig als bekannt wurde, dass am selben Tag in Frankfurt/Oder ein europaweiter Neonaziaufmarsch, in Gedenken an den 1993 verunglückten Ian Stuart Donaldson, stattfinden sollte. Ian Stuart Donaldson war Gründer der neonazistischen Band Skrewdriver, sowie des internationalen und in Deutschland verbotenen Netzwerkes Blood&Honour. Aufgrund des Hintergrundes von Blood&Honour ging der örtliche Schutzbereich davon aus, dass es bei dieser Demonstration zu Straftagen wie §86a (Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen) und §130(Volksverhetzung)kommen könnte und Verbot die Demonstration. Teilweise ging man nun davon aus, dass die Neonazis aus Frankfurt/Oder in Neuruppin aufmarschieren werden und die Neuruppiner Versammlungsbehörde verlangte eine Distanzierung der FKNRP. Trotz der Erklärung, „Neuruppin ist keine Ersatzveranstaltung für irgendwas“ tauchten am Aufmarschtag einige Verwirrte mit Devotonalien von Donaldson und Skredriver auf. Diese wurden durch Orga-Kräfte des Aufmarsches mit Kreppband abgeklebt.
Am Aufmarsch beteiligten sich dieses Mal circa 180 Neonazis, welche hauptsächlich aus Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt stammten. 1-2 Autobesatzungen, sowie der Kundgebungsredner Tino Müller (Landtagsabgeorneter der NPD in MV) kamen aus Mecklenburg-Vorpommern und teilweise Sachsen. Mit Transparenten nahmen am Aufmarsch nur die FKNRP, die Freien Kräfte Ost(FKO) und der im August neugegründete Stadtverband, NPD-Neuruppin teil.
Als die Demonstration sich in Aufstellung brachte, stellte sich heraus, dass die FKOs dieses Mal mit knapp zehn Personen anwesend war. Die teilnehmenden Personen, die der FKO zugeordnete werden können, kamen hierbei aus Brandenburg/Havel, Neuruppin, Oranienburg und Wittstock. Ein FKO-Mitglied aus Brandenburg/Havel hatte die Ehre am Mikrophon während des Aufzuges für Stimmung zu sorgen, wurde aber recht schnell durch Dave Trick und Marvin Koch (beide FKNRP, letzter Anmelder des Aufmarsches) abgelöst. Neben den Oranienburger Patrick Schulz und Toni Gusek nahmen überraschenderweise zwei weitere Neonazis aus Oberhavel teil. Der Hennigsdorfer Marcel Fiedler, Ex-Mitglied der „Hilfsgemeinschaft nationaler Gefangener“ (HNG)(verboten am 21.08.2011), lief versteckt im hinteren Block. Bei vorherigen Aufmärschen in Berlin und Brandenburg/Havel, nahm er immer wieder mit einer „Hennigsdorf-Fahne“ teil und hat mutmaßlich Kontakte zum örtlichen JN-Klüngel.
Als der Neonaziaufmarsch am Bahnhof Rheinsberger Tor zum Ende kam, tauchte aus dem nichts auch der Vorsitzende der NPD Oberhavel, Thomas Salomon, auf. Er begrüßte einzelne Personen, darunter den neuen NPD-Neuruppin-Chef Dennis Franke. Salomons Anwesenheit lässt einige Schlüsse zur Gründung zu. So schrieb die NPD auf ihrer Webseite, dass die Gründung erfolgte, da sie mehr Mitglieder zusammenkratzte und der Kreisverband Oberhavel sich hier sehr engagierte. Bereits 2007 wurde ein Stützpunkt Neuruppin gegründet, was Salomon „das ist die Vorstufe zum Ortsbereich“ frohlocken ließ.
Natürlich gab es nicht nur den Aufmarsch, sondern auch den Versuch diesen zu verhindern. Aus zwei Bündnissen, dem überregionalen "Netzwerk Neuruppin Gegen Nazis" und den örtlichen "Neuruppin bleibt bunt", wurde eine Initiative und beide unterschrieben einen gemeinsamen Aufruf. Bei der gemeinsamen antifaschistischen Demonstration nahmen circa 200-250 Menschen unterschiedlichen Alters und Spektrenherkunfts teil. Aus dieser Demonstration heraus gab es auch eine Sitzblockade mit mehreren hundert Personen. Diese wurde durch verschiedenste Polizeikräfte gewaltsam geräumt und die Blockierer_innen wurden mehrere Stunden in einem Kessel festgehalten. Die knapp 800 Polizeibeamte setzten sich dabei zusammen aus Berliner Hundertschaften (24 + E1), Hundertschaften aus Nordrhein-Westfalen (Essen + Duisburg), sowie Hundertschaften aus Potsdam und dem Land Brandenburg, wobei besonders die gewalttätigen geschlossenen Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE) negativ auffielen.
Weitere Berichte bei:
Inforiot Part I
Inforiot Part II
Antifaschistisches Netzwerk
Bilder bei Sören Kohlhuber